«Was, du arbeitest 80 Prozent? Das muss für deine Kinder sicher schwierig sein!» Liebe Mitmenschen, nein, für meine Kinder ist es nicht schwierig, dass ihre Mutter nach Jahren Daheim wieder einen tollen Job hat. Dass sie nach Jahren der journalistischen Pause wieder schreiben kann. Ganz und gar nicht schwierig ist das. Es ist das Beste, was ihnen passieren konnte!
Warum? Weil Mama es liebt! Weil Mama deshalb glücklich, ausgeglichen und voller Energie ist. Weil sie sich nach einem Arbeitstag richtig freut, abends nach Hause zu kommen und die gefühlt stressigste Zeit des Tages (Abendessen machen, Zähne putzen, Kinder zum Schlafen bringen) neu auch mal mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu meistern.
Die ersten fünf Jahre mit Kindern war ich tagsüber zu Hause und abends arbeitete ich Teilzeit auf einer Redaktion. Es war die ideale Lösung, wir konnten die Kitakosten sparen und ich habe von der Entwicklung meiner beiden Kids nichts verpasst. Es war toll – bis es eben nicht mehr toll war. Und mir die Decke auf den Kopf fiel. Und ich unglücklich wurde.
Natürlich, den Kindern fällt auf, dass ich weniger zu Hause bin. Würde es nach ihnen gehen, sie würden sich mit ihren süss-klebrigen Händen wie Klettverschlüsse am mir festhalten, sodass ich nichts anderes mehr machen könnte, als abwechslungsweise Früchte klein zu schneiden und Bücher vorzulesen. Sie kämen natürlich auch mit aufs Klo. Jöh, so herzig, nicht? Ehrlich gesagt: Nein.
Ich liebe meine Kinder mehr als alles andere und geniesse die Zeit, die wir zusammen verbringen, sehr. Und doch hatte ich nie dieses Gefühl, dass mich das Mutter-Sein komplett erfüllt. Da ist ja noch ein Mensch hinter den müden Augen, den zerzausten Haaren und der schrumpeligen Haut am Bauch. Und dieser Mensch braucht viel mehr, als Kinder zum Glücklichsein. Lange fühlte ich mich schlecht deswegen.
Meine Kinder gehen gerne ihre zwei Tage in die Kita, für meinen Sohn fängt schon bald der Kindergarten an. Die Welt dreht sich, wir alle haben unsere Hochs und Tiefs. So läuft das. Mal sind die Kinder übermüdet, dann wieder wir Grossen. In solchen Momenten hinterfrage ich meine Entscheidung, Karriere – hahaha! – zu machen, schon. Und dann wird es wieder Morgen – und alle versuchen erneut ihr Bestes.
Dazu frage ich mich: Was sollen denn meine Eltern sagen? Sie hatten keine Zeit, sich über Dinge wie Work-Life-Balace Gedanken zu machen. Sie mussten beide 100 Prozent arbeiten, damit es nicht nur für sie und ihre drei Kinder reichte, sondern auch für die Verwandtschaft im zerbombten Bosnien der 90-er Jahre. Ich ziehe bis an mein Lebensende den Hut vor dieser Leistung. Ich hingegen habe den Luxus, zu tun, was mich glücklich macht.
Das soll nicht heissen, dass ich immer nur lächle und meine Aura in Regenbogenfarben leuchtet. Kinder und einen Job zu haben ist einzeln schon schwierig genug. Und dann noch die Sache mit dem Leben, der Beziehung, der psychischen Gesundheit. Auch Mütter, die freiwillig viel arbeiten, dürfen manchmal überfordert sein.
Wenn ich dann höre: «Das hättest du dir überlegen müssen, bevor du Kinder bekommst», werde ich innerlich ein bisschen unruhig, womöglich sogar aggressiv. Deshalb, bitte: Wer herausfindet, wie etwas wird, noch bevor es passiert ist, möge mir bitte Bescheid geben, ich mache mir Notizen.