Es ist mitten in der Nacht und das Kind tigert rastlos durch die Wohnung, erzählt wilde Geschichten oder bedient sich am Kühlschrank. Da es kaum auf Fragen reagiert, wird schnell klar: Das Kind ist nicht wach. Schlafen tut es aber ganz offensichtlich auch nicht – es ist gerade am Schlafwandeln.
Selten ist dieses Phänomen nicht. Rund ein Fünftel aller Kinder durchleben eine solche Episode. Meist beginnt sie zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr und verschwindet mit dem Einsetzen der Pubertät wieder. Bei Stress und Fieber tritt Schlafwandeln gehäuft auf. Die genaue Ursache dafür ist bislang aber nicht bekannt. Vermutlich besteht eine genetische Komponente. Waren die Eltern als Kind nämlich selbst Schlafwandler, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder es ihnen gleichtun, um über 50 Prozent.
Schlafwandeln ist keine Krankheit
Meist schlafwandeln Kinder während der Tiefschlafphase in der ersten Nachthälfte – oft zwei bis drei Stunden nach dem Einschlafen. Dann kann es vorkommen, dass gewisse Teile des Gehirns wach sind, während andere noch schlafen. Die Qualität des Schlafs ist aber während des Schlafwandelns nicht schlechter.
In der Fachsprache wird das Schlafwandeln als «Somnabulismus» bezeichnet. Davon spricht man nicht nur, wenn die Kinder mit scheinbar wachem Körper aber schlafenden Geist herumwandeln, sondern auch, wenn sie sich im Bett wälzen, sich aufsetzen, eine Weile ins Leere starren oder vor sich hin reden. Eine Krankheit ist dies nicht.
Gefahren aus dem Weg räumen
Eltern müssen sich also keine grossen Sorgen machen, jedoch ist es sinnvoll, gewisse Vorsichtsmassnahmen zu treffen. Da schlafwandelnde Kinder meist einfach geradeaus laufen und allfällige Hindernisse nicht erkennen, ist es wichtig, Stolperfallen aus dem Weg zu räumen. Ausserdem sollten Treppen gesichert, Türen und Fenster geschlossen und der Wohnungsschlüssel nicht stecken gelassen werden. Damit ihr sofort darauf aufmerksam werdet, wenn das Kind sein Schlafzimmer verlässt, könnt ihr an der Türe ein Glöckchen anbringen, das euch aufs Schlafwandeln aufmerksam macht. Zu laut sollte die Glocke jedoch nicht sein, damit sie das Kind nicht erschreckt.
«Erwischen» Eltern ihr Kind dann beim Schlafwandeln, sollten sie versuchen, es möglichst behutsam wieder ins Bett zu bringen. Wehrt es sich dagegen, sollte man keinen Druck aufbauen, abwarten und darauf schauen, dass sich das Kind nicht in Gefahr begibt. Wecken sollte man das Kind besser nicht. Es würde zwar nichts Schlimmes passieren, aber das Kind könnte verwirrt und desorientiert sein und grössere Mühe haben, wieder einzuschlafen. Weiter ist es nicht zu empfehlen, dem Kind am nächsten Tag von seinem nächtlichen Ausflug zu erzählen. Das könnte den Nachwuchs unnötig verängstigen.
Gründe für ärztlichen Rat
Eine Fachperson sollte man dann aufsuchen, wenn Kinder über einen längeren Zeitraum fast jede Nacht schlafwandeln. Ausserdem, wenn es tagsüber nicht aufnahmefähig ist, sich das Kind in der Nacht aggressiv verhält und man eine erhöhte Verletzungsgefahr feststellt und wenn sich andere Familienmitglieder durch das Schlafwandeln beeinträchtigt fühlen.