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Konflikte bei der Betreuung

Was darf man von Grosseltern erwarten?

Viele Grosseltern sind für Eltern eine grosse Stütze. Sie entlasten ihre eigenen Kinder, indem sie einen Teil der Betreuung ihrer Enkel übernehmen. Doch was, wenn die Grosseltern dies nicht möchten?

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Konflikte in der Kinderbetreuung: Was dürfen Eltern von den Grosseltern erwarten?

In der Schweiz übernehmen viele Grosseltern einen Teil der Betreuung ihrer Enkel.

Getty Images

Grosseltern sind für viele Familien Gold wert. Den Enkelkindern dienen sie als wichtige und liebevolle Bezugspersonen, den Eltern als Ratgeber und Stütze. Sehr oft sind sie sogar zu einem grossen Teil für die Kinderbetreuung zuständig: 72 Prozent der Grosseltern in der Schweiz übernehmen regelmässig oder gelegentlich die Betreuung ihrer Enkelkinder. 40 Prozent sind mindestens einmal pro Woche im Einsatz. Das ist für die Eltern nicht nur eine emotionale, sondern auch eine finanzielle Entlastung. Insgesamt leisten Grosseltern rund 160 Millionen Betreuungsstunden. Das entspricht zirka 8,2 Milliarden Franken, die durch die unentgeltliche Hilfe eingespart werden.

Was aber, wenn die Grosseltern keine Zeit oder Lust haben, auf ihre Enkelkinder aufzupassen? Dies soll anscheinend bei den Reality-Stars Jenny Frankhauser (32) und ihrer Mutter Iris Klein (57) der Fall sein. Frankhauser prangerte Klein öffentlich an, sich zu wenig um ihre Enkel Damian (2) und Milan (1) zu kümmern. Auf Instagram schrieb Jenny Frankhauser, nachdem Freunde auf ihre Jungs aufgepasst hatten: «Sind so dankbar dafür, weil wir ja nie Unterstützung von der Familie oder sonst wem haben. Ich finde das immer so beneidenswert, wenn die Kids mal zum Beispiel bei den Grosseltern übernachten.»

Iris Klein konterte prompt: «Ja, ich bin gerne Mama und gerne Oma. Ich bin auch gerne für alle und jeden da, aber ich habe auch noch ein eigenes Leben und jedes Recht der Welt, auch mal nur an mich zu denken und hingehen zu dürfen, wo immer und wann immer ich das will.»

Rolle der Grosseltern hat sich verändert

Nun, wer ist jetzt im Recht? Dürfen Kinder von ihren Eltern erwarten, dass sie einen Teil der Betreuung der Enkelkinder übernehmen? Und sind Grosseltern egoistisch, die lieber ihr eigenes Leben geniessen, als erneut kleine Kinder zu erziehen?

Im Wissenspodcast «Durchblick» von Blick werden diese Fragen mit dem Familientherapeuten Felix Hof diskutiert. Aus seinem Praxis-Alltag kennt er viele Familien, in denen sich die Grosseltern enorm engagieren. Er sagt dann auch: «Die Rolle von Grosseltern hat sich verändert. Es ist heute wichtiger denn je, dass sie einspringen können und wollen.» Viele würden das auf löbliche Weise tun. Ist das allerdings nicht der Fall, liege oft ein Konflikt innerhalb der Familie vor. «Das ist traurig und tragisch für die Kinder, die zu betreuen wären», sagt Hof. 

Grosseltern hätten zwar weder Pflichten noch Rechte, was die Betreuung der Enkelkinder angeht, aber es gibt gemäss dem Familientherapeuten einen moralischen Hintergrund:  «Wenn sie schon das Glück haben, Enkelkinder zu haben, darf man auch erwarten, dass sie sich für sie engagieren – in welcher Form auch immer.» Am schönsten sei es natürlich, wenn sie eine gewisse Betreuungsfunktion übernehmen. 

Konflikte durch andere Werte in der Erziehung

Doch auch wenn sie dazu bereit sind, könne es zu Konflikten kommen. Zum Beispiel dann, wenn sich das Wertesystem der Eltern nicht mit jenem der Grosseltern deckt. Das heisst, wenn sie etwa andere Vorstellungen davon haben, ob Kinder ein Smartphone nutzen dürfen, wie lange die Bildschirmzeit sein soll oder wie viele Spielwaren man ihnen kaufen soll.  «Dadurch kann eine Konfliktstelle entstehen, die heftig ist», sagt Felix Hof. Zum Glück erlebe er das bei seinen Klientinnen und Klienten selten.

Entstehen Konflikte zwischen Eltern und Grosseltern, dann oft, weil die Eltern mehr von den Grosseltern erwartet hätten – und weil sie finden, ihre eigenen Eltern hätten Nachholbedarf in Sachen Kinderbetreuung. Felix Hof sagt: «Je schlechter sich jemand an die eigene Kindheit oder die Betreuung in der Kindheit erinnert, desto mehr hat er oder sie das Gefühl, dass die Eltern bei den Enkelkindern in der Pflicht sind.» Die Kinder würden von ihren Eltern erwarten, dass sie jetzt anhand der Nachkommen doch noch zeigen, wie viel ihnen ihre Kinder bedeuten.

Erwartungen früh kommunizieren

Um Streitigkeiten zu vermeiden rät der Therapeut Felix Hof, die neue familiäre Situation möglichst früh mit den Eltern zu besprechen und nachzufragen, ob sie bereit wären, ihre Enkelkinder teilweise zu betreuen. «Dann wissen werdende Eltern, was sie erwarten dürfen und Grosseltern, was gefragt ist.» Einigt man sich darauf, dass sich die Grosseltern an der Betreuung der Kinder beteiligen, sei es wichtig, dass gewisse Strukturen eingehalten werden. Die Eltern sollen sich beispielsweise darauf verlassen können, dass die Grosseltern wirklich jeden Dienstag aufs Kind aufpassen und sie nicht plötzlich spontan neue Lösungen finden müssen. 

Führt die Betreuung der Enkelkinder zwischen Eltern und Grosseltern zu Diskussionen, muss das nicht unbedingt schlimm sein. Felix Hof sagt sogar: «Ich freue mich immer, wenn Familienkonflikte aufbrechen. Das gibt reinigende Gewitter.» Diese bieten die Chance, kreative Lösungen und einen neuen Umgang miteinander zu finden, von dem alle profitieren.

Von fei vor 1 Stunde