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Eine Gynäkologin klärt auf

An diesen Fruchtbarkeits-Mythen ist nichts dran

In Sachen Kinderwunsch mutieren Normalos gerne zu «Expert:innen», die alles am besten wissen. Ein Fakt, der bei Paaren mit Kinderwunsch zu Verunsicherungen führen kann. Zeit also, mal mit hartnäckigen Gerüchten aufzuräumen.

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Baby you support your feet while walking on your mother lying in bed

Auf dem Weg vom Paar zur Familie begegnen wir vielen Mythen.

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Wer sich Kinder wünscht, hofft Monat für Monat auf das Ausbleiben der Menstruation. Klappt das nicht sofort, googeln wir uns gerne durch verschiedene Foren und stossen sowohl on- als auch offline auf Mythen rund um die Fruchtbarkeit, die uns zusätzlich verunsichern.

Oft ist das völlig unnötig, weiss Heidi Gösslinghoff, Frauenärztin und Reproduktionsmedizinerin. Für «eltern» hat die Medizinerin, die selber im Alter von 38, 39 und 49 Jahren, völlig komplikationslos Mutter geworden ist, die hartnäckigsten Mythen einem Faktencheck unterzogen.

Mythos 1: Du wirst nur mit Orgasmus schwanger

«Eine Zeit lang wurde angenommen, dass die Kontraktionen der Gebärmutter beim Orgasmus die Spermien auf ihrem Weg in den Eileiter unterstützen», erklärt Gösslinghoff. «Das führte zu der Vermutung, dass mit einem Orgasmus eine Schwangerschaft leichter eintreten könnte. Zwar gelangen Spermien durch die ausgelösten Kontraktionen wirklich schneller zum Eileiter, allerdings führt das nicht zu einer höheren Schwangerschaftsrate.» Also cool bleiben, wenn ihr nicht kommt: Die Chancen schwanger zu werden sind gleich hoch, egal, ob mit oder ohne weiblichen Orgasmus.

Mythos 2: Deine Eizellen kannst du nicht beeinflussen

Oh, doch! Frau kann sehr wohl Einfluss nehmen auf die Qualität ihrer Eizellen. Wie, weiss Gösslinghoff: Zum Beispiel Zigaretten und Alkohol meiden. «Rauchen lässt dich früher in die Wechseljahre rutschen», weiss die Fruchtbarkeitsexpertin. «Und zwar ganze drei bis fünf Jahre!» Der Grund: Rauchen reduziert die Durchblutung des Eierstocks, was zu einem verfrühten Absterben der Eizellen führen kann. Bei Alkohol ist es so, dass der wie ein Zellgift wirkt. Um das genetische Material der Eizellen zu schützen, ist Folsäure hilfreich. Enthalten ist es in grünem Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten.

Mythos 3: Das Gewicht spielt keine Rolle

Leider falsch. Fakt ist: Je schwerer die Frau ist, desto schwerer könnte es werden, schwanger zu werden. «Bei einem BMI von 24 bis 25,9 steigt die Wahrscheinlichkeit, unfruchtbar zu bleiben um 30 Prozent an», sagt Gösslinghoff. «Bei einem BMI von 26 bis 27,9 steigt diese Zahl auf 70 Prozent.» Ein zu niedriger BMI wiederum kann dazu führen, dass zu wenige Hormone ausgeschüttet werden und der Eisprung ausbleibt.

Mythos 4: Frau kann die erfolgreiche Befruchtung spüren

Viele Mütter behaupten, dass sie sofort nach dem Sex wussten, dass es eingeschlagen hat. Was romantisch klingt, ist medizinisch aber völlig unmöglich, weiss Gösslinghoff: «Es dauert schließlich ein bis drei Stunden, bis eine Samenzelle ihren Weg bis zur Eizelle gefunden hat.» Danach benötige die befruchtete Eizelle fünf Tage, bis sie in der Gebärmutter angelangt ist. «Ehe sie sich dort nicht an der Gebärmutterwand festgesetzt hat, was wiederum mehrere Tage dauert, sendet der Körper keine spürbaren Schwangerschaftsanzeichen.»

Mythos 5: Man kann das Babygeschlecht beeinflussen

Wer sich dieser Thematik annimmt und googelt, wird ganz viele Tipps erfahren, von denen behauptet wird, dass man dies und das tun muss, um einen Jungen oder ein Mädchen zu zeugen. Gösslinghoff entkräftet sie alle: «Egal, welchen Zeitpunkt und welche Stellung Paare wählen oder welche Umgebungstemperatur herrscht: Die Chance auf Junge oder Mädchen bleibt bei 50:50. Das Geschlecht lässt sich nicht beeinflussen. Verantwortlich für das Baby-Geschlecht sind übrigens Männer, genauer gesagt ihre Spermien. Frauen besitzen nur X-Chromosomen. Trifft ein Spermium mit einem X-Chromosom auf die Eizelle und befruchtet sie, wird es ein Mädchen. Bei einem Spermium mit Y-Chromosom wird es ein Junge.

Mythos 6: Es ist egal, wie viel Kaffee du trinkst

Dem ist leider nicht so, weiss Gösslinghoff: «Tatsächlich ist es für die Fruchtbarkeit nicht unwichtig, wie viele Tassen Kaffee Frauen trinken.» Ein bis zwei Tassen am Tag gehören zur unbedenklichen Menge. «Alles, was darüber hinausgeht, verringert die Schwangerschaftsrate jedoch um 50 Prozent. Auch die Fehlgeburtsrate steigt bei einem erhöhten Kaffeekonsum.»

Mythos 7: Männer können in jedem Alter Kinder zeugen

Tatsächlich gibt es Männer, die mit 60 oder sogar noch mit 70 Väter werden können. Dennoch ist es ein Fakt, dass auch Männer eine biologische Uhr haben, erklärt Gösslinghoff: «Ab dem 35. Lebensjahr nimmt die Qualität der Spermien ab, wodurch für die Partnerin das Risiko einer Fehlgeburt steigt. Und: «Die die Wahrscheinlichkeit für Gendefekte beim Embryo ist dann deutlich erhöht.» Die Abnahme der Fruchtbarkeit läuft bei Männern allerdings viel schleichender ab als bei Frauen.

Mythos 8: Die Pille macht es schwieriger, schwanger zu werden

Hier kann Gösslinghoff Entwarnung geben: «Über diese Aussage müssen sich Frauen keine Sorgen machen, sagt sie. Frauen brauchen nicht vorsorglich die Pille abzusetzen und damit eine Schwangerschaft zu einem Zeitpunkt riskieren, der dafür in der individuellen Lebensplanung gar nicht vorgesehen war. Nach dem Absetzen der Pille werden Frauen ebenso schwanger wie Frauen, die dieses Verhütungsmittel nicht verwendet haben.»

Von mzi am 1. August 2023 - 07:00 Uhr