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  4. Beat Hefti wird zum Olympiasieg von Töchtern goldig angemalt

Endlich mit Goldmedaille

Beat Heftis Töchter machen aus Papi ein Goldmännchen

Bobfahrer Beat Hefti ist Olympiasieger! Mit fünfeinhalb Jahren Verspätung. Weil Putins Russen vor dem Sieg gedopt hatten. Vom IOC gibts die Medaille, von seinen Girls eine goldige Überraschung. 

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mit den Toechtern v.l.n.r. Mara, Jill, Amy

In der Wiese vor ihrem Haus in Schwellbrunn AR bemalen Mara, Jill und Amy (v. l.) Papi Beat Hefti in der Farbe der Sieger.

Fabienne Bühler

Die silbernen Löffelchen, welche mit den goldenen Espressotassen aufgetischt werden, schiebt Beat Hefti, 41, lachend, aber entschlossen über den Tisch zurück: «Könnt ihr gleich wieder mitnehmen. Mit Silber will ich nichts mehr zu tun haben.» Seit dem heutigen 28. Juni 2019 ist die Karriere des Appenzeller Bobfahrers eine goldene. Zusammen mit Anschieber Alex Baumann, 34, auch er ursprünglich aus Herisau AR, ist Pilot Hefti nun offiziell Zweier-Olympiasieger! 

Gold mit Schönheitsfehler

Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl wird den beiden diesen Freitagabend an der Feier in Heftis Wohnort Schwellbrunn AR die originale Goldmedaille der Spiele 2014 von Sotschi (Russland) um den Hals hängen. So weit, so gut. Nur mit einem kleinen Schönheitsfehler: Es passiert mit fünf Jahren und vier Monaten Verspätung. Und den Jubel über die 531 Gramm Edelmetall muss sich Hefti erst noch mit Zusatzaufwand verdienen: «Die Silbermedaille habe ich vor zwei Wochen per Post ans IOC nach Lausanne geschickt. Sonst hätten sie Gold nicht herausgerückt.»

Die Feier in seiner Heimat hat Hefti selbst organisiert, Sponsoren für das Fest gesucht, mit einer Eventagentur das Programm zusammengestellt. Wenn Appenzeller «Südwöörscht» aufgetischt werden und drei Chörli aus dem Dorf das Loblied auf den berühmtesten Sohn Schwellbrunns anstimmen, schlägt Heftis Herz noch einmal in olympischen Höhen. Nur ein Wunsch wird unerfüllt bleiben: «Am liebsten wäre mir, wenn Putin persönlich mir die Medaille umhängen müsste.»

«Um diesen Moment bin ich 2014 betrogen worden. Eigentlich würde mir ein Teil der Millionen-Busse zustehen, die Russland ans IOC bezahlen musste.»

Beat Hefti
Festsäli statt Weltbühne

Was der zurückgetretene, aber nach wie vor muskulöse Sportler nicht sagt, lässt sich leicht vermuten: Der mächtige russische Präsident ist wohl zu einem guten Teil daran beteiligt, dass sich Heftis Goldtraum nicht so erfüllte, wie es hätte sein sollen. Nämlich mit Glanz und Gloria vor den Augen der Weltöffentlichkeit statt im Appenzeller Festsäli mit Ländler und Bier. «Um diesen Moment bin ich 2014 betrogen worden. Eigentlich würde mir ein Teil der Millionen-Busse zustehen, die Russland ans IOC bezahlen musste.» Umso mehr, als Hefti damit möglicherweise um zusätzliche, lukrative Sponsoringdeals für einen Olympiasieger gebracht wurde.  

v.l.n.r. Mara, Amy, Jill

Glänzende Perspektiven: Mara, Beat, Amy und Jill (v. l.) sehen die Welt nun definitiv durch die goldene Brille.

Fabienne Bühler

Der russische Bobfahrer Alexander Subkow ist es im Februar 2014, der Hefti die Goldmedaille wegschnappt. Schon damals munkelt die Welt über systematisches Staatsdoping der Russen beim olympischen Heimspiel – mit Billigung von höchster Stelle. Doch erst 2017 traut sich das Putin-freundliche IOC, die Schlinge um den Hals verdächtiger Russensportler so eng zuzuziehen, dass alles Lügen nichts mehr hilft.

Definitiv des Dopings überführt wird neben vielen anderen auch Bobsieger Subkow. Jetzt ist klar, dass Beat Hefti und Alex Baumann die verdienten Gold-Erben sind. Womit nicht alle leben können. Beim Weltcuprennen vom 24. November 2017 im kanadischen Whistler Mountain wird Hefti offiziell ins Bild gesetzt über die Disqualifikation Subkows. «Der war als Coach vor Ort. Und als ich im Rennen losfuhr, stand die ganze russische Delegation an der Strecke, pfiff und rief mir Schmähparolen hinterher. Dabei konnte ich ja wirklich nichts dafür, dass sie Subkow des Betrugs überführt hatten.» 

«Beat liess durchblicken, welch grossen Respekt er vor der Macht der Russen hat.»

Ehefrau Sheena Hefti
«Keiner, der mit seinen Gefühlen ausflippt»

Überrascht ist Hefti aber nicht. «Schon bei den Spielen in Sotschi hatten wir ein mulmiges Gefühl; die Russen taten alles dafür, die anderen Nationen beim Training zu behindern.» Und der späte Beweis für die russischen Dopingpraktiken weckt bei Beat Hefti noch anderweitig Missmut: «Wenn ich daran denke, dass ich bei der Heim-WM 2013 in St. Moritz im Vierer hinter Subkow Vierter wurde, dann ärgert mich das alles noch viel mehr.» 

Als Hefti im November 2017 zu Hause anruft, um seiner Familie aus Kanada die frohe Botschaft über den nachträglichen Olympiasieg durchzugeben, ist er nicht euphorisch, wie sich Ehefrau Sheena, 33, erinnert: «Er ist sowieso keiner, der mit seinen Gefühlen ausflippt. Zwar habe ich seine riesige Genugtuung über die späte Gerechtigkeit schon gespürt. Doch er hat auch durchblicken lassen, welch grossen Respekt er vor der Macht der Russen hat.»

mit Ehefrau Sheena

Olympiaheld Hefti und seine Sheena geniessen den Espresso in der heimischen Lounge aus Goldgeschirr.

Fabienne Bühler
Auch in Geduld ein Goldmedaillengewinner

Für die Innerschweizerin und ihre drei Töchter Amy, 8, Mara, 6, und Jill, 4, hat die Goldmedaille so oder so viel mehr als nur dekorativen Wert. «Wir mussten so oft auf den Ehemann und Papi verzichten», blickt sie zurück. «Jetzt wissen wir noch viel besser, wofür sich das gelohnt hat.»

Ein zweites Gold hätte Hefti auch für seine Geduld verdient. Vom Bekanntwerden der Disqualifikation Subkows bis zum Jubelfest in Schwellbrunn vergehen nochmals rund eineinhalb Jahre. «Ich musste sogar vor etwa einem Jahr nochmals in Lausanne anfragen, was nun eigentlich geschieht. Da sagte man mir, dass es wohl noch etwa ein Jahr gehen wird, bis ich ausgezeichnet werde. Das Warten war schon mühsam.»

mit Toechterli Mara

Hefti und Tochter Mara nach der Goldfärbung. Mara zögert erst – und malt sich dann gleich selber voll.

Fabienne Bühler

Der Rücktritt von Beat Hefti Ende 2017 hängt im Übrigen auch damit zusammen, dass sich die sportlichen Wege von ihm und Anschieber Baumann getrennt haben. Hefti muss akzeptieren, dass sein jetziger Goldpartner in einem anderen Team die besseren sportlichen Perspektiven sieht. «Wir haben aber heute ein entspanntes Verhältnis zueinander, arbeiten ja beide im sankt-gallischen Bazenheid beim Fleischverarbeiter Micarna.» Hefti mit einem 50-Prozent-Pensum im Marketing. «Und beim Goldfest in Schwellbrunn sitzen wir quasi noch einmal im gleichen Schlitten.» Ansonsten rast der Zweierbob-Olympiasieger 2014 heute vor allem für Taxifahrten und zugunsten von Nachwuchsprojekten den Eiskanal hinunter.

Ehe es dann Gold in Medaillenform gibt, verpassen die drei herzigen Töchter der Heftis ihrem Däddy schon mal einen Gold-Anstrich. Wofür? «Jo, denk, well er wieder mol gwunne het», sagt Mara keck. So ganz haben die Girls die Bedeutung der Vorgänge rund um Sotschi 2014 nicht erfasst. Das kommt noch. Bis sie alt genug sind, um Espresso zu trinken, werden sie auch wissen, wieso es im Haushalt keine silbernen Löffelchen mehr gibt.

Von Iso Niedermann am 27. Juni 2019 - 18:02 Uhr