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Alternatives Schulsystem

Claudia Lässer, warum setzen Sie auf Montessori?

Sie ist CPO von blue Sport & blue News und TV-Moderatorin. Ursprünglich ist Claudia Lässer aber gelernte Lehrerin. Warum sie als solche ihre Tochter Linn in die Montessori-Schule schickte und das jetzt nicht mehr tut, verrät sie im Gespräch mit SI Online.

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Claudia Lässer mit Tochter Lynn

Claudia Lässer mit Tochter Lynn.

instagram.com/laesser

Um die Montessori-Pädagogik zu verstehen, muss man ihre Grundwerte kennen. Wikipedia erklärt diese mit folgenden Worten: Montessoripädagogik ist ein von Maria Montessori ab 1907 entwickeltes pädagogisches Bildungskonzept, das die Zeitspanne vom Kleinkind bis zum jungen Erwachsenen abdeckt.

Die Lernform setzt auf das Kind als «Baumeister seines Selbst» und verwendet deshalb die Form des offenen Unterrichts und der Freiarbeit in einer vorbereiteten Lernumgebung.

Der Grundgedanke der Montessoripädagogik basiert auf dem Satz «Hilf mir, es selbst zu tun».

Eine, die das Konzept bestens kennt, ist Claudia Lässer. Die Chefin von blue Sport und blue News ist selber gelernte Lehrerin. Wir haben bei der 46-Jährigen nachgefragt.

Warum haben Sie Ihre Tochter Linn in den Montessori-Kindergarten geschickt, liebe Frau Lässer?
Ich bin ausgebildete Pädagogin, sprich Lehrerin. Als solche habe ich mich schon früh intensiv mit verschiedenen Bildungskonzepten auseinandergesetzt. Und auch als Führungsperson ist positives Leadership ein grosses Thema für mich. Das Führen und Begleiten von Menschen und Kindern ist per se eine meiner Leidenschaften. Schon während meiner Ausbildung hat mich das Montessori-Konzept am meisten angesprochen. Als Linn zwei, drei Jahre alt war, verinnerlichte auch ich mir den Leitsatz ‹Hilf mir, es selbst zu tun› von Frau Montessori. Als Linn dann ins Kindergarten-Alter kam, war für uns klar, dass wir sie zu Montessori schicken. Da hatte sie die wunderbare Möglichkeit, selbstbestimmt und individuell nach ihren Interessen und Bedürfnissen in ihrem Tempo zu lernen. Im Gegensatz zum regulären Schulsystem sind die Lehrpersonen hier eher Begleiter und Coaches, die Impulse geben, primär aber entscheiden die Kinder aufgrund ihres Interesses, was sie wann und in welchem Tempo lernen wollen.

Sehen Sie noch andere Vorteile bei Montessori gegenüber des regulären Schulsystems?
Ja. Der Übergang vom Kindergarten in die Schule ist fliessend. Ausserdem sind die Kinder hier von der ersten bis zur sechsten Klasse gemischt. Das hat den Vorteil, dass sie im sozialen Bereich viel voneinander lernen können. Linn hat schon sehr früh gelernt sich für ihre Bedürfnisse und Anliegen einzusetzen. Auch im Umgang mit älteren Kindern.

In Dübendorf, wo Ihre Tochter in den Kindergarten und zur Schule geht, bietet Montessori einen zusätzlichen Service. Der Kindergarten und die Schule sind zweisprachig
Ja, genau. Das ist ein unglaublicher Vorteil. Die Kinder werden automatisch über Alltagssituationen an die englische Sprache ran geführt. Den Kindern wird somit schon sehr früh quasi nebenbei das Verständnis für eine Zweitsprache mitgegeben.

Viele Eltern schwärmen auch davon, dass Montessori eine Tagesschule ist.
Absolut. Ich als berufstätige Mutter konnte Linn jeweils morgens um acht Uhr zur Schule bringen und wusste, dass sie den ganzen Tag von den gleichen ausgebildeten Lehrkräften betreut und begleitet wird. Die Kinder haben so keine Betreuungswechsel, was ihnen viel Sicherheit und Vertrauen gibt.

Wie haben Sie selber Montessori erlebt?
Mich hat beeindruckt, dass es ihnen gelingt, jedes Kind individuell zu sehen und sie dementsprechend in ihrem Lerntempo lernen lassen. Sie fördern aktiv die Selbständigkeit des Kindes durch selbstregulierendes Lernen. Auch die Lernumgebung hat mich überzeugt. In Dübendorf zum Beispiel gibt es vier Räume, die sich auf verschiedene Themenbereiche konzentrieren. Diese ermöglichen es Kindern zum Beispiel, spielerisch rechnen, lesen oder schreiben zu lernen. Nach einer Einführung durch die Lehrperson ermöglicht es das Lernmaterial den Kindern, sich selbständig Wissen und Fähigkeiten anzueignen. So lernen Kinder früh, selber Ziele zu setzen und sich das Lernen einzuteilen. Linn hat anfänglich sehr profitiert von diesem System, da es ihre Selbstkompetenz und Selbstwirksamkeit sehr gefördert hat.

Nichts desto trotz äusserte Linn nach den ersten zwei Schuljahren bei Montessori, dass sie in die reguläre Schule wechseln will.
Ja, genau. Auch das hat sie sehr selbstbestimmt initiiert. Was ich super finde und was sowohl die Montessori-Schule als auch wir als Eltern unterstützt haben. Eines Tages, nachdem sie bei einer Freundin in der regulären Schule schnuppern durfte, sagte sie, dass sie gerne dahin wechseln möchte. Ihr gefalle, dass die Tage strukturiert sind, ihre Freundinnen aus unserem Dorf da zur Schule gehen und sie deshalb gerne wechseln möchte.

Wie ging es dann weiter?
Wir besuchten zusammen die reguläre Schule. Am gleichen Abend sagte Linn, dass sie definitiv wechseln will.

Konnte sie die Gründe verbalisieren?
Absolut! So toll und schön es ist, dass Montessori Kinder alles selber entscheiden und im eigenen Tempo lernen dürfen, so sehr können sie sich auch in dieser ständigen Selbstbestimmung verlieren. Genau deswegen hat sich Linn für ihre schulische Zukunft mehr Struktur gewünscht. Und natürlich haben ihre Gspänli aus dem Dorf auch einen Einfluss auf den Entscheid gehabt. Nach den Sommerferien kommt sie bereits in die vierte Klasse und hat erfolgreich ein erstes Jahr in der regulären Schule absolviert.

Würden Sie dennoch wieder von Anfang an auf Montessori setzen?
Ja, absolut. Ich bin sicher, dass Linn ganz viel von ihrem Selbstbewusstsein, ihrer Selbstbestimmung und ihren Kommunikationsfähigkeiten den Montessori-Jahren zu verdanken kann. Ausserdem spricht sie jetzt schon gut englisch für ihr Alter. Ich freue mich, dass wir ihr einen so wertvollen Start in die Schulzeit ermöglichen konnten. Ich freue mich jetzt aber genau so, dass sie sich auch in der regulären Schule gut eingelebt hat.

Maja Zivadinovic
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Von Maja Zivadinovic am 4. August 2023 - 18:25 Uhr