1. Home
  2. Family
  3. Familien-Geschichten
  4. Ist das Rätsel um den plötzlichen Kindstod gelöst?

Australischer Forscherin gelingt Durchbruch

Ist das Rätsel um den plötzlichen Kindstod gelöst?

Warum es im ersten Lebensjahr zum plötzlichen Kindstod kommt, ist noch nicht final erforscht. Jetzt aber ist Carmel Harrington ein Durchbruch gelungen. Die australische Schlafforscherin hat rausgefunden, dass ein spezielles Enzym, das in manchen Gehirnen von Neugeborenen zu wenig vorkommt, zur Tragödie führen kann. Wir haben mit dem Schweizer Spezialisten Georg Staubli über seine Einschätzung der Studie gesprochen.

Artikel teilen

Ploetzlicher Kindstod

In der Schweiz starben im Jahr 2017 sieben Kinder am plötzlichen Kindstod.

Getty Images

Es ist der absolute Albtraum aller Eltern: Das Baby wacht plötzlich nicht mehr auf. Im ersten Lebensjahr ist das Risiko, dass Neugeborene am plötzlichen Kindstod sterben, am grössten. Warum gesunde Babys im Schlaf aufhören zu atmen, ist bis jetzt noch nicht erforscht.

Das könnte sich jüngst geändert haben. Die australische Schlafforscherin Carmel Harrington und ihr Team wollen rausgefunden haben, was zum Sudden Infant Death Syndrome (SIDS), führt. Harrington, die selber ein Kind am plötzlichen Kindstod verloren hat, führen könnte.

Bisher war lediglich klar, dass der plötzliche Kindstod am häufigsten im zweiten bis vierten Lebensmonat vorkommt. Zu den Risikofaktoren gehören unter anderem Bauchlage, zu viel Bettzeug wie Kissen und Plüschtiere im Babybett, Rauchen und Drogenkonsum im Haushalt, Mehrlingsgeburten und Untergewicht.

Blutproben als Schlüssel

Harrington jedenfalls hat getrocknete Blutproben von 67 Babys, die im Alter von einer Woche bis zu zwei Jahren am plötzlichen Kindstod verstarben, untersucht. Das Team verglich die Proben mit denen anderer Kinder. Das Ergebnis zeigt, dass bei den verstorbenen Babys die Aktivität eines bestimmten Enzyms signifikant niedriger als bei gesunden Kindern oder solchen, die an anderen Ursachen gestorben sind, war.

Das Enzym namend Butyrylcholinesterase (BChE) ist primär für die Kommunikation im Hirn verantwortlich. Eine zu geringe Aktivität könnte dazu führen, dass das Kind nicht aufwacht, wenn die Atmung aussetzt. Das würde auch erklären, warum der plötzliche Kindstod im Schlaf auftritt.

 

Ein Schweizer Arzt ordnet ein

Ist das Rätsel um den tragischen Tod bei Neugeborenen nun also gelöst? Harrington will sich nun der Entwicklung eines Screening-Tests widmen, der Neugeborene vor dem plötzlichen Kindstod bewahren kann. Dürfen zukünftige Eltern also aufatmen? Wir haben mit Dr. med. Georg Staubli, Chefarzt und Leiter der Notfallstation vom Kinderspital Zürich, über das Resultat von Harrintons Studie gesprochen. 

«Erniedrigte BChE-Werte sind ein neuer spannender Ansatzpunkt»

Was sagen Sie zu der Theorie von der australischen Forscherin Theresa Harrington, die besagt, ein spezielles Enzym mit dem Namen Butyrylcholinesterase (BChE), das in manchen Gehirnen von Neugeborenen zu wenig vorkommt, zur Tragödie führen kann?
Dr. med. Georg Staubli: BChE war bei einigen Kindern, die an SIDS verstorben sind erniedrigt. Ob das nun aber relevant ist oder nicht ist völlig unklar und muss weiter untersucht werden.

Wie weit ist man in der Schweiz mit der Forschung rund um den Plötzlichen Kindstod?
Erniedrigte BChE-Werte sind ein neuer, spannender Ansatzpunkt, dem sicher auch in der Schweiz nachgegangen wird. Insbesondere im Bereiche des Stoffwechsel wird auch in der Schweiz geforscht.

Falls Harrington Recht hat: Reicht ein Screening-Test in Zukunft, um dem Plötzlichen Kindstod vorzubeugen?
Solange wir die genaue Ursache des SIDS nicht verstehen, ist leider auch ein Screeningtest nicht möglich.

 Was raten Sie Eltern, die Angst vor dem Plötzlichen Kindstod haben?
- Regelmässige Kontrollen in der Schwangerschaft
- Nicht Rauchen/Alkohol/Drogen während derSchwangerschaft, sowie im ersten Lebensjahr

Was sind Ihre Tipps gegen den Plötzlichen Kindstod?
- Nicht auf dem Bauchschlafen lassen
- Keine Plüschtiere/Gegenstände oder Decken im Bett
- Keine weiche Unterlage
- Insbesondere Säuglinge ab 6 Monaten nicht in Tücher einwickeln (swaddling)
- Nicht mit den Säuglingen im gleichen Bett schlafen
- Ein schützender Faktor ist das Stillen

Kann man sagen, ob mehr Jungen oder Mädchen betroffen sind?
Es sind etwas mehr Knaben als Mädchen betroffen.

Maja Zivadinovic
Maja ZivadinovicMehr erfahren
Von Maja Zivadinovic am 23. Mai 2022 - 17:25 Uhr