Fotos machen? Davon will Oceania im «Tibits» im Zürcher Seefeld, wo das Interview beginnt, nichts wissen. Es sei denn, sie darf selbst auf den Auslöser drücken. Die Fünfjährige bekommt Mamas Kamera mit dem Auftrag, ein Bild von ihren Eltern zu schiessen. Oceania strahlt, macht ein Foto nach dem anderen. Die Eltern, das sind Eishockey-Nationaltrainer Patrick Fischer (49) und seine Verlobte, die Fotografin Madeleine «Mädy» Georgusis (38). «Ich habe mir lange noch ein Mädchen gewünscht», erzählt Fischer. Mitte zwanzig wurde er Vater eines Sohnes. Kimi ist heute 24 und absolviert gerade einen Sprachaufenthalt in Südamerika. Vor fünf Jahren geht Patrick Fischers Wunsch in Erfüllung. In Madeleine hat er das passende Mami gefunden. Seit sechs Jahren sind sie ein Paar, die Hochzeit ist in Planung. Sie findet in Griechenland statt, von wo Mädys Mutter stammt.
Patrick Fischer mit seiner Verlobten Madeleine Georgusis und Töchterchen Oceania zu Hause in Sulz LU.
Maedy Georgusis PhotographyEs war keine Liebe auf den ersten Blick, sagen beide. «Ich habe mich in unsere Kommunikation verliebt», erinnert sich Mädy Georgusis. «Wir kannten uns seit einigen Jahren durch gemeinsame Freunde, hatten jedoch keinen Kontakt.» – «Irgendwann begegneten wir uns auf Instagram wieder», erzählt Fischer. «Und beschlossen, uns zu treffen.» So fanden sie als Paar zueinander. Vor zwei Jahren machte Patrick seiner Traumfrau einen Heiratsantrag. In den Ferien, ebenfalls in Griechenland. «Während Oceanias Mittagsschlaf», sagt Mädy lachend.
Helden mit hängenden Köpfen
Die Familie, die Liebe, sie stärken den Eishockey-Coach, der in den letzten Jahren viel einstecken musste. Vor der WM vergangenes Jahr wurde er harsch kritisiert, vor allem von den Medien. Elf Spiele hintereinander verloren die Eisgenossen. Doch dann, an der WM in Tschechien, trumpfte die Nati gross auf, holte die Silbermedaille. «From Zero to Hero» – für den Coach kein einfacher Weg. Obwohl Fischer allen beweisen konnte, dass er noch immer der richtige Trainer war – «nur» Silber war für ihn und die Spieler eine bittere Niederlage. «Ich war extrem enttäuscht, dass wir den Kübel nicht nach Hause bringen konnten.» Die Eisgenossen kehrten als Helden heim, wenn auch mit hängenden Köpfen. Fischer wurde bei den Sports Awards zum Trainer des Jahres gewählt. «Ein Jahr zuvor hätte ich die Auszeichnung zum schlechtesten Coach bekommen», witzelt er in seiner Dankesrede.
«Es ist mir wichtig, dass wir zu Hause eine positive Energie haben»: Fischer legt Wert auf Ordnung in seiner grünen Oase.
Maedy Georgusis PhotographySeit Dezember 2015 ist Fischer Cheftrainer der Schweizer Eishockey-Nati. Zwei Vize-WM-Titel sind in dieser Zeit das Highlight. Doch auch als Spieler sorgte er einst für Furore: Mit Davos und Lugano wurde er Schweizer Meister, ein Abstecher zu den Phoenix Coyotes in der NHL stoppte eine Verletzung. Die Herzensmannschaft des gebürtigen Zugers ist jedoch der EVZ, wo er seine Karriere als Spieler im Frühling 2009 beendete – eine Legende trat ab, Fischers Rückennummer, die 21, wurde seither beim EVZ nie wieder vergeben. Fischer ist keiner, der einfach losplaudert, er überlegt, bevor er redet. Die Zeit in der öffentlichen Kritik sei nicht leicht gewesen, denn im Eishockey brauche es immer auch Glück. «Ich kenne den Sport von vielen Playoff- und WM-Spielen. Der Puck kann immer in diese oder in die andere Richtung spicken.»
Hungrig nach dem Erfolg
Wichtig sei für ihn in dieser Zeit das Vertrauen gewesen – von Swiss Ice Hockey, aber auch von den Spielern. «Alle wollten, dass ich bleibe.» Dies sei für ihn der Schlüssel gewesen. «Ich wusste, wir können uns auf unser Spiel konzentrieren und müssen nicht nach jeder Niederlage fürchten, es sei vorbei.»Nun also die WM in Schweden und Dänemark. «Wir haben einige Spieler, die verletzt sind. Neue, junge kommen dazu, darauf freue ich mich. Alle sind hungrig nach dem Erfolg», sagt der Coach. Das Ziel sei unverändert. «Ich würde es ihm sehr gönnen, wenn er diesen Kübel gewinnt», meint Mädy Georgusis und lacht. «Damit Ruhe ist.»
«Wenn ich Fleisch esse, gelingt es mir besser, mich in stressigen Phasen zu erden.»
Patrick Fischer
Sie necken sich gern. Man spürt ihre tiefe Verbundenheit. Daheim, bei seinen Liebsten, lädt der Nati-Coach seine Batterien. «Es ist mir wichtig, dass wir zu Hause eine positive Energie haben. Nicht nur in unserer Beziehung oder in der zu unserem Kind, sondern auch durch die Einrichtung, viel Licht oder Ordnung. Ich ernähre mich auch gesund und trainiere viel.» Fischer war längere Zeit erst Veganer, dann Vegetarier. Inzwischen isst er wieder Fleisch und Fisch. «Bewusst», sagt er. «Wenn ich Fleisch esse, gelingt es mir besser, mich in stressigen Phasen zu erden. Das habe ich für mich so wahrgenommen.»
Beim Joggen im Wald fühlt sich Patrick Fischer frei und geerdet.
Maedy Georgusis PhotographyIntensive Auseinandersetzung mit sich selbst
Auch den Sinn für Spiritualität teilen Patrick Fischer und seine Partnerin. Die Liebe zur Natur. «Wenn wir in die Ferien gehen, dann oft ans Meer oder in den Regenwald. Dort können wir auftanken, uns energetisch erholen.» – «Wir tragen selbst die Verantwortung für unser Wachstum, für jeden Gedanken, jede Entscheidung», ergänzt Mädy Georgusis. Er sei ein sehr neugieriger Mensch, sagt Fischer. «Ich habe mich eines Tages gefragt, warum mich gewisse Erfahrungen so geprägt haben, warum ich in gewissen Situationen reagiere, wie ich es tue.» Setze man sich intensiv damit auseinander, gehe irgendwann ein Fenster auf: Fragen zur eigenen Existenz auf dieser Erde, zum Stress. «Man kann an sich arbeiten, sich ändern», ist er überzeugt. «Ich bin nicht Hockey-Coach, damit mich die Leute auf der Strasse erkennen. Vielmehr möchte ich dem Sport etwas zurückgeben. Er hat mir selbst so viel gegeben. Was wir aussenden, kommt zurück. Passiert etwas, was nicht gut für uns ist, müssen wir uns fragen, warum. Dann können wir optimieren. Und mit ruhigem Herzen einschlafen.»
Seit sechs Jahren ein Paar, seit zwei Jahren verlobt. Nun folgt für Patrick Fischer und Madeleine Georgusis die Hochzeit.
Maedy Georgusis PhotographySanft in der Spiritualität, hart an der Bande? Für Fischer kein Gegensatz: «Die Spiritualität ist ein wichtiger Ausgleich zum intensiven und harten Leben im Eishockey. Sie hilft mir, bei mir zu bleiben, auch wenn es auf dem Eis laut, schnell und fordernd wird. Gleichzeitig schenkt mir das Urvertrauen die Freiheit, mutige Entscheidungen zu treffen – auf dem Eis und im Leben.» Diese innere Ruhe hat Fischer nicht immer gespürt. «Wenn ich übersäuert bin, merke ich das sofort im Rücken. Ich war ein extremer Mensch früher, in alle Richtungen.» Mädy ergänzt: «Das hat sich sehr gebessert.» Sie schätzt an ihm vor allem seine Grosszügigkeit. «Nicht auf materieller Ebene, sondern das, was er aus dem Herzen heraus gibt.»
Umgekehrt liebt Patrick Fischer an seiner Verlobten die inneren Werte. «Ihre Feinheit, sie ist ein sehr sensibler Mensch, einfühlsam und gefühlsbetont, sehr herzlich. Dazu ist sie eine so liebevolle Mutter.» Oceania hat genug – vom Interview und von der Fotografiererei. Mama Madeleine darf die Kamera wieder haben, swipt durch die Aufnahmen. Und lacht: «Ich muss ziemlich viele Bilder löschen.» – «Meine sportlichen Ziele sind ziemlich klar», erklärt Fischer. «Ich freue mich riesig auf die bevorstehende WM und natürlich auf die Heim-WM 2026. Und auf Olympia. Die Goldmedaille ist mein Traum – aber ich weiss, wie viel dazugehört.»