Erklärt Fabrizio Raffa, 47, seinem Sohn, dass er am Wochenende weg sein wird, fängt der Einjährige an zu singen. Denn Giulio weiss, wo sein Papa ist, wenn er samstags keine Zeit hat, um mit ihm zu spielen. Dann steht Fabrizio mit dem berühmtesten Männerchor der Schweiz auf der Bühne.
Über 100'000 verkaufte Alben, total 41 Wochen in den Top Ten der Schweizer Hitparade, mehrfache Platin-Auszeichnungen, einen Prix Walo, zwei Swiss Music Awards. Dies die beeindruckende bisherige Bilanz von Heimweh. Auch das neue Album «Ärdeschön» ist bereits auf bestem Weg in die Charts. Auf ihm singen die schönsten Männerstimmen der Schweiz mit Gaststars wie Hackbrettler Nicolas Senn oder Alphornistin Lisa Stoll. Auf der ersten Single ist Schlagerstar Francine Jordi zu hören. Sie heisst «Heicho» und hat für Fabrizio Raffa eine besondere Bedeutung. «Weil das Thema bei mir sehr aktuell ist», sagt er.
Als Giulio vor eineinhalb Jahren zur Welt kam, wohnte die Familie im eigenen Haus in Fabrizios Heimat Sachseln OW. Für Partnerin Nina Steinemann, 39, nicht nur traumhaft. «Ich kannte dort fast niemanden, war nach Fabrizios halbjähriger Babypause oft allein zu Hause mit dem Kleinen. Ich sehnte mich nach Leuten, wäre am liebsten zurück nach Luzern gezogen», erzählt sie.
«Giulio hat mich mal am Fernsehen gesehen. Das hat ihn verwirrt.»
Fabrizio Raffa
Eine furchtbare Vorstellung für Fabrizio. «Ich bin kein Stadtmensch», sagt er. Der Kompromiss: Sie bauten Ninas Elternhaus in der Nähe des Sempachersees um und zogen in den oberen Stock. Unter ihnen leben ihre Eltern. So kann die gelernte Textildesignerin Nina wieder ihrem Job als Ausstatterin für verschiedene freie Theater nachgehen und die angefangene Töpferlehre in der Werkstatt ihrer Mutter beenden.
Fabrizio ist vier Tage pro Woche als regionaler Verkaufsleiter eines Hausgeräte-Herstellers tätig. Die restliche Zeit gehört dem Chor und der Familie. Vermischt wird das (noch) nicht. Auf der Bühne erlebt hat Giulio seinen Vater noch nie. «Dafür ist er noch viel zu klein», meint der. «Er sah mich mal am Fernsehen, das hat ihn mehr verwirrt als etwas anderes.»
Wenn Fabrizio allerdings zu Hause die Heimweh-Lieder übt, singt Giulio gern mit. Inspiriert von seinem Sohn, hat Fabrizio Raffa kürzlich ein Herzensprojekt realisiert. Gemeinsam mit anderen Zentralschweizer Musikschaffenden veröffentlichte er die Kinderlieder-CD «Dä Ärdbeerschorsch und d’Znüniband», auf der verschiedene musikalische Stilrichtungen und unterschiedliche Schweizer Dialekte zu hören sind.
Langweilig dürfte es dem umtriebigen Sänger nicht werden. Gut so, denn hin und wieder beschleicht ihn doch ein bisschen das Heimweh nach den Obwaldner Bergen. Aber am Ende des Tages, sagt Fabrizio, sei Heimat ja doch eher ein Gefühl als ein Ort. Und «heicho» tut er immer dahin, wo seine Familie ist.