Ihr geht ins Bett, legt euch hin, wacht acht Stunden später frisch auf. Vielleicht pennt ihr auch «nur» sieben Stunden. Weil ihr mega tollen Sex hattet. Da ist kein kleines Wesen, das nachts um drei Uhr Hunger hat. Oder spielen will. Oder einfach über eurem Gesicht weiterschlafen will. Plötzliche Schreckmomente à la «Mama, da ist ein rieeesiges Monster unter meinen Bett. Es ist unsichtbar für dich. Aber ich sehe es und KANN NICHT MEHR SCHLAFEN!» kennt ihr maximal vom Hörensagen. Oder anders gesagt: Schlaf ist Luxus. Ihr seid Multimillionäre, merkt es aber nicht mal.
Ganz spontan mit den Nachtzug nach Paris fahren oder einfach mal ins Blaue kündigen und ein paar Monate verreisen? Für euch ist nichts eine Mission Impossible. Habt ihr Bock, euer Leben zu ändern, oder am Abend einfach ins Kino zu gehen, könnt ihr das machen. Bei uns Eltern steht Spontaneität für: ein Kind entscheidet sich um 18:07 Uhr, dass es jetzt sofort in die Badewanne MUSS, obwohl wir gerade Znacht essen. Aber hey, ich will hier nicht rummotzen: Spontane Kinobesuche gibts auch bei uns – allerdings mit Paw Patrol oder Minions, Popcorn auf dem Boden und einem Kind, das irgendwann halb nackt im Saal rumläuft, weil es «zu heiss» hat.
Niemand hängt den ganzen Tag an euch. Ausser ihr seid frisch verknallt. Und dann ist es ja das Beste, wenn dieser jemand ständig auf oder unter euch ist. Ich rede hier von was anderem: Euren Bauch benutzt niemand als Trampolin. Niemand wühlt mit Schoggifingern in euren frisch gewaschenen Haaren oder steckt euch halb zerkauten Apfel in die Hand, weil dieser jetzt «Bäääääääh» ist.
Ihr sitzt, wann immer ihr wollt, an einem schön gedeckten Tisch. Oder von mir aus vor der Glotze. Ihr habt einen hübschen Teller, eine warme Mahlzeit und vielleicht sogar noch Besteck vor euch liegen. Ich esse zu 99,9 Prozent kalt, schnell und stehend. Oft übrigens auch nur das, was mein Kind übrig gelassen hat. Ich hoffe still, dass ich es irgendwann aus der Wienerli-Pommes-Chicken-Nuggets-Hölle rausschaffe. Und jetzt kommt mir nicht mit Gemüse kochen: Ich habs versucht. Und eine Million Mal «Bääääh, das esse ich sicher nicht» gehört.
Verliebt und in aller Ruhe durch die Sommernacht spazieren? Ihr könnt! Ihr Glücklichen!
Getty ImagesIhr redet wie zivilisierte Menschen über Filme, Bücher, Politik. Ihr streitet über Feminismus oder Kapitalismus. Bei mir dreht sich alles um Furz- und Gaggi-Jokes. Mein intellektuelles Highlight des Tages ist, wenn ich im Kiosk kurz mit der Kassiererin über das Wetter rede, ohne dass ein Kind neben mir schreit: «Mamiiii, lueg, min riese Bööööög!»
Ihr besitzt Kerzen, die angezündet werden, weils hübsch aussieht oder die Abendstimmung in Romantik taucht, nicht weil ihr hofft, damit Windelgeruch zu übertünchen. Ihr habt, wenn ihr wollt, beige Sofas, auf die niemand mit dreckigen Füssen rumhüpft. Bei uns ist jedes Möbelstück ein Klettergerüst, jeder Tisch ein Maluntergrund.
Wenn irgendwo ein Fleck auftaucht, der aussieht wie Tomatensosse, aber nach Erdbeere oder Sirup riecht, dann atmen wir nur einmal tief. Oder wie mein Freund jeweils sagt: Resignation ist ein Prozess! Aber hey, Minimalismus können wir auch: Haben wir am Abend nur zwei Wäscheberge rumliegen, highfiven wir uns.
Wenn ihr shoppen geht, tut ihr euch Gutes. Da ein Wein, dort ein paar geile Heels und warum nicht mal wieder in einen Spabesuch investieren. Und oh, am Wochenende ist ein geiles Konzert: Yolo! Ich hingegen kaufe Kindersnacks en masse, zu teure Kinderschuhe, aus denen das Kind im null Komma nix rauswächst und gebe eine Stange Kohle für Kita und Kurse aus. Wenn ich mir einen Lippenstift gönne, fühle ich mich wie krasseste Göttin der Welt.
Samstagmorgen um elf aufstehen? Ausgedehnt brunchen? Hand in Hand durch den Herbst spazieren? Den ganzen Sonntag Netflix bingen? You Dreamer! Für mich klingt all das wie Science Fiction. Ich bin um 6:14 Uhr wach, weil mein Sohn «nümmmmmäääää müed» ist. Mein «Brunch» ist ein verschluckter Toastrest zwischen Spielplatz, Kinderturnen und einem spontanen Wutanfall, weil das arme Kind tatsächlich «dumme» Schuhe anziehen muss, bevor wir in den Regen gehen.
Und doch, ihr lieben Kinderfreien, ist mir natürlich total bewusst, dass auch ihr es nicht immer nur lässig und easy und schön habt. Lasst euch deswegen von einer Mutter gesagt sein: Hört nicht auf die Stimmen, die euch einreden wollen, ihr seid «unvollständig» ohne Kinder. Kinder sind keine Eintrittskarte ins Paradies, sondern ein Achterbahn-Ticket. Ihr seid keinesfalls weniger wert ohne Nachwuchs. Ihr seid einfach Menschen mit mehr Schlaf, mehr Geld und weniger Glitzer im Teppich.
Ganz ehrlich: an manchen Tagen beneiden wir euch. Nur ein kleines bisschen. Okay, ziemlich oft. Und mol, wirklich, wir wollen uns echt etwas mehr Mühe geben und Verständnis haben, wenn ihr euch mal wieder darüber beklagt, dass ihr so müde seid. Oder Stress habt. Oder einfach nicht wisst, wann ihr ins Gym sollt.