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Stee Gfeller und Sabrina Kern teilen ihr Zuhause mit Geflüchteten

«Uns war völlig klar, dass wir das durchziehen»

Seit drei Wochen lebt eine ukrainische Familie bei Sabrina Kern und Stee Gfeller. Dass ihnen so rasch Geflüchtete zugewiesen wurden, hat die beiden überrascht. An ihrem Entscheid gezweifelt haben sie aber nie. Im Interview erzählt das Paar, welche Herausforderungen auf sie zukamen, was sie gefreut und überrascht hat und wie ihre Tochter Juno mit den Gästen umgeht.

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Sabrina Kern, Stee Gfeller

Stee Gfeller und Sabrina Kern leben seit drei Wochen mit einer Familie zusammen, die aus der Ukraine geflüchtet ist.

Instagram / Sabrina Kern

Sabrina Kern und Stee Gfeller, ihr habt vor drei Wochen eine Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine aufgenommen. Wie funktioniert das Zusammenleben?
Stee: Sie haben sich gut eingelebt und sind sehr hilfsbereit, aber es ist schon noch alles etwas neu – für sie und für uns. 
Sabrina: Die 2-Jährige Tochter des Paares kommt manchmal zu uns ins Wohnzimmer, um mit unserer Tochter Juno zu spielen. Das ist sehr herzig und manchmal sogar hilfreich, weil sie Juno gut ablenken kann, wenn sie schlechte Laune hat. Aber man lebt natürlich von einem Tag auf den anderen mit fremden Menschen zusammen. Es ist schon eine spezielle Situation.

Wie habt ihr euch organisiert?
Stee: Wir haben das Glück, dass wir im unteren Stock einen Gästebereich mit Schlaf- und Badezimmer haben. Zusätzlich haben wir der Familie unser Büro und Sabrinas Studio überlassen, damit sie ein eigenes Esszimmer und Platz für einen Kühlschrank haben. Zum Kochen kommen sie zu uns nach oben.

Warum habt ihr euch dazu entschieden, eine geflüchtete Familie aufzunehmen?
Stee: Weil wir helfen wollten. 
Sabrina: Im Grunde habe ich uns einfach bei der Organisation Campax registriert, ohne Stee zu informieren. Aber ich war mir sicher, dass er die Idee auch gut findet. Dass uns dann so schnell eine Familie zugeteilt wird, hätte ich jedoch nicht erwartet.

Wie lange dauerte es, bis der Anruf von Campax kam?
Sabrina: Knapp eine Woche. Im ersten Moment dachte ich, sie wollen mit mir bloss alles besprechen. Doch da hiess es schon, dass sie eine Familie haben und die noch am selben Tag zu uns kommen könnte.

Was ging euch in dem Moment durch den Kopf?
Sabrina: Uns war völlig klar, dass wir das nun durchziehen. Ich war nur etwas erstaunt, dass es sich um eine ganze Familie handelt. Ich hätte bloss Mutter und Kind erwartet, weil die meisten Männer die Ukraine nicht verlassen dürfen. Darum habe ich mir kurz überlegt, ob ich einen weiteren Mann im Haus möchte – warum mir dieser Gedanke kam, kann ich gar nicht erklären. Heute bin ich jedenfalls froh, dass er auch dabei ist. Er ist sehr umgänglich und kommunikativ, obwohl er kein Wort Englisch spricht.

Wie verständigt ihr euch?
Stee: Mit Google Translate. 
Sabrina: Eine Mitarbeiterin vom Restaurant meiner Eltern ist zudem Ukrainerin. Sie kommt manchmal vorbei und übersetzt die wichtigsten Dinge. 

Mit welchen Herausforderungen müssen Menschen, die ebenfalls Geflüchtete aufnehmen möchten, ansonsten rechnen?
Stee: Man muss schon einiges an Zeit investieren, um alles zu organisieren. Bereits als ich die uns zugewiesene Familie abholen wollte, wurde ich zuerst nicht zu ihnen gelassen und musste lange warten. Die Helplines, die einen bei Fragen Auskunft geben könnten, waren zudem ständig überlastet. Aber das sind First World Problems. Schön ist, wie unser Umfeld mithilft.

Inwiefern?
Sabrina: Die Familie hatte bloss eine Tasche dabei, als sie in die Schweiz kam. Unsere Freunde haben ihnen mit Kleidern ausgeholfen, der Nachbar hat für sie gekocht und dank unseren Familien konnten wir ihnen auch ein Kinderbett und einen Kinderwagen organisieren.
Stee: Dass wir uns entschlossen haben, Geflüchtete aufzunehmen, inspirierte unser Umfeld zum Mithelfen. Das freut mich sehr und ist auch der Grund, warum wir das Ganze auf Social Media geteilt haben. Vielleicht kommen dadurch weitere Menschen auf die Idee, aktiv zu werden.

Welche Dinge sind euch beim Zusammenleben besonders aufgefallen?
Stee: Wie tough die Kleine ist. Während Juno manchmal schon reklamiert, weil der Rüebli-Salat nicht genauso schmeckt, wie sie es sich gewohnt ist, lässt sich die Tochter der Ukrainer nicht mal aus der Ruhe bringen, wenn unser Hund sie mal etwas unsanft in die Ecke drängt. 
Sabrina: Überhaupt: Man hört sie fast nie weinen oder schreien.

Haben die Mädchen geholfen, das Eis zwischen euch Erwachsenen zu brechen?
Sabrina: Das kann man so sagen. Juno geht neugierig auf die Zweijährige zu und wir beiden Mamis können gut eine Stunde schweigend nebeneinander sitzen und den Kindern beim Spielen zusehen. Manchmal braucht es keine Worte.

Gibt es Erlebnisse aus den vergangenen Wochen, die euch besonders in Erinnerung blieben?
Stee: Wir haben einen gemeinsamen Ausflug in den Zoo gemacht. Das war cool. Es ist generell schön zu sehen, wie die Schweiz mit der momentanen Situation umgeht. Unsere Gäste konnten gratis in den Zoo, ihnen wurde eine SIM-Card zur Verfügung gestellt und sie müssen nicht für den ÖV bezahlen. Und als wir einmal zusammen am See spazieren gingen, haben wir die vielen aufgehängten Ukraine-Flaggen entdeckt. Das war für alle ein berührender Moment und ich denke, die Ukrainerinnen und Ukrainer fühlen sich durch solche Gesten willkommen.

Was nehmt ihr aus der letzten Zeit mit?
Stee: Ich erlebe zum ersten Mal so nahe, was ein Krieg und eine Flucht bedeuten. Trotzdem ist es für uns noch immer surreal, was die Menschen aus der Ukraine durchmachen. Ich mache mir viele Gedanken über den Krieg und bin froh, dass wir in unserem Rahmen helfen können.
Sabrina: Manchmal frage ich mich, warum man Geflüchteten aus anderen Ländern nicht genauso hilft, wie aktuell den Menschen aus der Ukraine. Warum es da Unterschiede gibt. Gleichzeitig ist es kein Grund, ihnen gegenüber nicht hilfsbereit zu sein, nur weil man es bislang bei anderen versäumt hat. 

Von Fabienne Eichelberger am 1. April 2022 - 17:19 Uhr