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Pro und Contra

Soll man das Geschlecht seines Babys mit einer Party feiern?

Gender Reveal Partys sind in. Mit Champagner, Kuchen und viel Gedöns verraten schwangere Paare Freunden und Familie, ob sie ein Mädchen oder einen Buben erwarten. Warum auch nicht, findet Redaktorin Sandra. Party ist Party. Ihre Kollegin Maja kann dem Wahninn in Rosa oder Hellblau hingegen nicht viel abgewinnen.

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Instagram/linda_faeh_official
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Zuerst folgendes: Ich bin immer pro Party! Es gibt doch nichts Schöneres, als mit Freunden und Familie zu feiern. Der Grund ist doch Wurscht. Aber irgendwie brauchts halt einen. Und weil «20 Kilo Gewichtszunahme» oder «Neun Monate ohne Alkohol und Sex nur in doofen Positionen» blöde Partygründe sind, macht man halt dieses Gender Reveal Ding. Wenn wir einmal davon ausgehen, dass sich an einer solchen Party halbwegs gescheite Menschen mit halbwegs gesundem Menschenverstand tummeln, ist jeder und jedem von denen egal, ob da schliesslich ein kleines Wesen mit oder ohne Penis aus der Mama rausploppt. Es geht einzig und allein darum, die Freude über das neue Leben zum Ausdruck zu bringen.

Die Schwangerschaft ist eine seltsame Zeit. Nicht nur für die werdende Mutter, die so eine Art Alien im Bauch hat, sondern auch für ihr Umfeld. Das, was da in diesem Bauch passiert, ist ultraultra wichtig und doch lebt man irgendwie daneben her, als wäre nichts. Da ist ein Wesen, das alle irgendwie berührt, aber, obwohl so nah, total weit weg ist. Weil total unfassbar. Alles, was dieses Wesen greifbarer, konkreter macht, hilft, die (Vor-)freude der Eltern zu teilen. Sobald in meinen Schwangerschaften aus «es» «sie» respektive «er» wurde, nahm dieses Wesen für mich und mein Umfeld konkretere Züge an. Das fand ich schön. Und es bedeutet überhaupt nicht, dass man das Geschlecht in irgend einer Art und Weise relevanter findet als angebracht. Wobei man halt sagen muss, dass es in unserer Gesellschaft immer noch wichtig ist, in welche dieser beiden Gender-Schubladen man gesteckt wird. Dass man eine Party kritisiert, die dort den Fokus setzt und suggeriert, es wäre in irgend einer Art und Weise wichtig, verstehe ich. Aber ist Kritik ein Grund, keine Party zu machen? Trotzdem: Das erste Paar, das mich zu einer «Hurra, wir werden fett!»-Party statt zu einem Gender Reveal Dings einlädt, kriegt ein extra fettes Geschenk. Versprochen.

Maja Zivadinovic: «Darf man bei Enttäuschung eigentlich in Tränen ausbrechen?»

Falls Sie denken, dass ich eine Spassbremse bin, weil ich mich hier gegen eine Party ausspreche, haben Sie vielleicht ja recht. Aber mal Hand aufs Herz: Für wen, abgesehen für die werdenden Eltern, ist das Geschlecht eines Ungeborenen von elementarer Bedeutung? Ok, Geschwister, Grosseltern und Gottis und Göttis lasse ich gerade mal noch gelten. Mehr noch: Ich verstehe, wenn man in dieser kleinen Runde einen Event machen will, bei dem man das Babygeschlecht verrät.

Ich habe das nicht gemacht. Als mir meine Frauenärztin sagte, dass ich einen Buben bekomme, habe ich meinen Freund, meine Eltern und meine Schwester angerufen. Die Gottis und unsere engsten Freunde haben ein Info-Whatsapp bekommen, ohne dass ich die Erwartungshaltung hatte, dass sie gross reagieren. Voilà! Mir ist bewusst, dass viele Promis, jüngst gerade Aurora Ramazzotti und Linda Fäh, eine riesige Sause steigen liessen, in der sie vor versammelter und grosser Mannschaft das Babygeschlecht mit viel Tohuwabohu, Konfetti, Luftballonen und pinken oder hellblauen Cupcakes verlauten liessen. Warum macht man das? Und dann immer diese riesige Freude. Da frage ich mich, hätten sie sich genau so gefreut, wenn es das andere Geschlecht wäre? Oder «darf» man bei Enttäuschung in Tränen ausbrechen? Warum ist das Geschlecht eigentlich wichtig? Und muss ich als Gast an so einer Party genau so abgehen wie die werdenden Eltern? Obwohl es mir herzlichst egal ist, ob da ein Mädel oder ein Bub kommt? Weil Hauptsache gesund!

Manchmal denke ich sogar, dass diese ganze Inszenierung vor allem für Instagram gemacht wird. Kommt ja gut an auf Social Media. Hallo, schaut alle unser XXXXXXXXXL-Glück. Anstrengend. Vielleicht aber liegt es auch einfach an mir. Und wenn wir schon dabei sind, gehe ich noch einen Schritt weiter: Geburtskärtchen. Die ganz kleine Schwester von Gender Reveal Partys. Wirklich herzig und super, dass die Babys alle gut gelandet sind. Aber was mache ich mit der Info nach Grösse, Gewicht, Uhrzeit? Und muss ich all die Karten überhaupt behalten? Ich behalte sie wegen des Gewissens. Ich vermute, dass es asozial ist, sie wegzuschmeissen. Spätestens wenn all die herzigen Babys dann mal in den Kindergarten kommen, müssen aber die Geburtskarten und Einladungen zu den Gender Reveal Partys weg. Das wird ein Berg Altpapier, den man sich sparen könnte. Genau so wie die Berge Abfall, die so eine Gender Reveal Party mit sich bringt. Ich bin sicher, die Klimajugend fände das vorbildlicher.

Von SC und MZ am 18. Oktober 2022 - 07:09 Uhr