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«Wir sind verpflichtet mehr zu tun»

Susanne Hochuli streikt mit der Klimajugend

Susanne Hochuli geht heute Freitag an den Klimastreik. In ihrem Essay erklärt die Präsidentin von Greenpeace Schweiz, weshalb sie die Zukunft der Klimajugend mitvermasselt hat.

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Hillary Clinton Voting Schweizer Politikerinnen mit Natalie Rickli Sommaruga

Susanne Hochuli, 53, war acht Jahre Aargauer Regierungsrätin. Jetzt ist sie Präsidentin von Greenpeace Schweiz und oberste Patientenschützerin.

Herbert Zimmermann / 13 Photo

Im Vergleich mit unserer Klimajugend bin ich eine Klimaoma, wenn auch noch ohne Enkelkinder. Und als solche habe ich nicht mehr die Unschuld einer Greta Thunberg oder all der Gretas in der Schweiz, all unserer Kinder und Enkelkinder, die europaweit bei Schulstreiks mitmachen. Es ist arrogant, wenn wir Erwachsenen nun behaupten, der Streik sei ein willkommenes Argument, um die Schule zu schwänzen. Nein, da bin ich sicher: Den Schülerinnen und Schülern geht es nicht ums Schwänzen, sondern um ihre Zukunft. 

Um ehrlich zu sein, habe ich ihnen diese mitvermasselt. Mein ökologischer Fussabdruck ist im Vergleich mit anderen nicht der grösste. Aber ich sass schon in Flugzeugen, ich fahre ab und zu Auto, ich esse hin und wieder Fleisch. Ich trage im Kleinen zur Klimaerwärmung bei. Ich könnte nun alles aufzählen, was ich tue, um Gegensteuer zu geben: die Fotovoltaik auf dem Dach, das Bioethanol im Tank, das Generalabonnement im Portemonnaie, das E-Bike unter dem Hintern, die Versuche mit Permakultur auf dem Feld – alles gut und recht. Aber es reicht nicht.

Kinder demonstrieren für Klimaschutz

«Jugendliche haben eine Stimme! Auch Ihre?», fragt Susanne Hochuli.

KEYSTONE/Pascal Mora
Senioren leiden besonders stark unter der Klimaerwärmung

Deshalb marschiere ich heute mit der Klimajugend mit. Und ich bin sicher, es werden viele ältere Menschen auf der Strasse dabei sein. Die Klima Seniorinnen Schweiz, ein Verein von über tausend Frauen im Pensionsalter, 
die gegen den Staat und seine lasche Klimapolitik eine Klage eingereicht haben, schreiben auf ihrer Homepage:

«Die Klimaerwärmung macht heute schon Menschen krank. Wir älteren Menschen gehören dazu: Wegen der häufigeren und intensiveren Hitzewellen steigen die Risiken, frühzeitig krank zu werden oder zu sterben, für uns übermässig an. Ausserdem müssen wir heute handeln, um unsere Nachkommen vor noch viel schlimmeren Auswirkungen zu schützen. Wir klagen, weil alles, was uns lieb ist, auf dem Spiel steht.»

Logisch, wir über Fünfzigjährigen könnten sagen: «Nach uns die Sintflut!» Die meisten von uns haben jedoch Kinder ungefragt auf die Welt gestellt, viele «bipäpele» mit ihren Grosskindern und freuen sich an ihnen. 
Deshalb sind wir verpflichtet, mehr zu tun: Sagen Sie, so oft es geht, wie stolz Sie auf unsere neue Umweltministerin Simonetta Sommaruga sind, die uns den Spiegel vorhält: Wir fahren zu viele schwere und grosse Autos. Und unsere Neuwagenflotte hat europaweit den höchsten CO2-Ausstoss pro Kilometer. 

Taten statt Worte

Nehmen Sie das nächste Mal den Nachtzug nach Berlin, und lassen Sie sich in den Schlaf wiegen. Gönnen Sie sich dazu ein Fläschchen Prosecco. Fahren Sie mit der alten SBB-Verbindung ins Tessin, und zeigen Sie Ihren Enkelkindern «s Chileli vo Wasse». Dreimal bei der Hin-, dreimal bei der Rückfahrt; Sie können gleich noch vergnügte Mathe-Nachhilfe geben. 

Verlangen Sie von der FDP nach Worten nun Taten. Und vor allem: Legen Sie jetzt die Schweizer Illustrierte beiseite, machen Sie sich auf, und marschieren Sie bei der Demo mit: als Klimatante, Klimaonkel, Klimaoma, Klimaopa. Lesen Sie die SI heute Abend, müde und zufrieden, weil Sie für all unsere Gretas mit auf der Strasse waren.

Von Susanne Hochuli am 15. März 2019 - 07:26 Uhr