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Dreifach-Mama Anja im offenen Gespräch

Von der Unbeschwertheit, jung Mami zu werden

Anja Bolliger ist mit 23 zum ersten Mal Mutter geworden. Vor sechs Monaten hat die heute 33-Jährige ihr drittes Kind geboren und erzählt, warum sie das Mamisein heute viel mehr fordert als bei den ersten zwei Kindern.

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Anja Bolliger mit Familie

Anja Bolliger mit ihrem Mann Pascal und den Kindern Noé, Gianna und dem kleinen Till.

ZVG

Als Anja Bolliger 23 Jahre alt ist, schliesst sie gerade ihr Studium ab. Statt, wie die meisten Freunde in ihrem Umfeld, noch den Master anzuhängen, wählt die Lehrerin aus dem Aargau zusammen mit ihrem Freund einen anderen Weg: Im Alter von 23 Jahren wird Anja Mami vom kleinen Noé.

Drei Jahre später folgt Gianna, 7. Als das kleine Mädchen zwei Jahre alt ist, zerbricht die Beziehung von Anja und dem Kindsvater. Eine schwierige Zeit! Heute ist die Lehrerin glücklich verheiratet. Während Corona hat sie ihrem Partner Pascal Bolliger das Ja-Wort gegeben. Das Paar hat zusammen Söhnchen Till, 6 Monate.

Liebe Anja, du hattest vor zehn Jahren ein Baby und jetzt aktuell hast du wieder eines daheim. Ist es nach zwei Kindern einfacher geworden?
Absolut nicht. Ganz im Gegenteil. Beim ersten Kind war ich süsse 23 Jahre alt. Ich war unbeschwert, relaxt, habe nach 'Gutdünken' gehandelt. Ich war frei, mutig, entspannt. Noé durfte schon mit 5 Monaten ein Wienerli essen. Ich habe ihm ohne schlechtes Gewissen Fertigbrei gegeben und habe so gut wie nie Fieber gemessen. Hatte er eine heisse Stirn, wusste ich ja, dass er Fieber hat. Auch beim Zahnen oder bei Bauchkrämpfen war ich relaxt. Ich war da, hab ihn umsorgt und hatte das Urvertrauen, dass alles schnell wieder gut kommt.

Wie ist das heute?
Leider ganz anders. Till ist jetzt sechs Monate alt. Ich gebe ihm nur selber gemachten Brei, habe ständig Angst und mache mir Sorgen um ihn. Das hat schon in der Schwangerschaft angefangen und geht jetzt so weiter. Wegen des Internets und der sozialen Medien weiss man heute enorm gut, was alles passieren kann. Plötzlich bin ich sogar mit Ängsten wie dem plötzlichen Kindstod konfrontiert.

Was, abgesehen von den sozialen Medien, verunsichert dich heute zusätzlich viel mehr als früher?
Mit 23 haben wir Noé und später auch Gianna einfach überall hin mitgenommen. Wir waren auch mal auswärts essen und sind dann um 23 Uhr mit schlafenden Kindern im Kinderwagen nach Hause gefahren, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Heute würde ich mich das nicht mehr trauen. Ich mache mir viel mehr Gedanken darüber, was andere von mir als Mutter denken. Dabei hatte ich als junge Mama viel mehr Problemchen, ich war immer die sehr junge Mutter und wenn mal mit den Kindern etwas nicht ganz so gelaufen ist, wie es sollte, oder sie mal etwas wilder waren, dann spürte ich das Vorurteil, als junge Mutter versagt zu haben. 

Inwiefern hat dich das damals und wie sehr heute beeinflusst?
Damals so gut wie gar nicht. Wir haben einfach gemacht. Wenn das Kind mal im Supermarkt verloren gegangen ist, haben wir es halt gesucht. Ich kann sagen, dass Noë und Gianna eine extrem unbeschwerte Kleinkinder-Zeit hatten. Und auch mein damaliger Partner und ich konnten diese Phase, bis es dann bei uns in der Beziehung zum Bruch kam, sehr locker und unbeschwert geniessen. Natürlich aber haben die Vorurteile irgendwie Spuren hinterlassen, wie gesagt, heute würde ich mich spätabends nicht mehr raus trauen mit dem Kinderwagen.

Was ist heute auch noch anders als früher?
Ich habe das Glück, dass ich drei relaxte Babys hatte und immer noch habe. Bei Till ist es nun einfach so, dass ich viel mehr daheim bin. Viel mehr darauf achte, wann er genau was isst. Wann und wie er schläft. Mir ist es unglaublich wichtig, einen Rhythmus zu haben und ich setze mich damit auch selber unter Druck. Mit den Grossen war ich oft alleine einen ganzen Tag weg, in einer anderen Stadt, war mit Freundinnen Kaffee trinken und war, wie gesagt, locker. Ebenfalls ein grosser Unterschied: Bei den zwei Grossen hatte ich nie Medikamente dabei, wenn wir unterwegs waren. Wenn ich mit Till unterwegs bin, habe ich immer einen Fiebermesser und Zäpfchen dabei.

Würdest du dennoch ein viertes Kind wagen?
Hmm. Wir sind sehr glücklich mit drei Kindern. Und mit den zwei Grossen und dem Kleinen, der schon bald auch mobiler und flexibler wird, sind wir sehr beweglich und zufrieden. Auch schätzen wir es sehr, dass wir drei gesunde Kinder haben. Mehr müssen es wahrscheinlich nicht sein. 

So als Dreifach-Mama, was ist abschliessend dein Tipp für Neu-Mamis?
Soziale Netzwerke, das Internet und Fachbücher sind schön und gut. Aber man sollte sich nicht darauf verbohren und alles immer zu Tode recherchieren. Das habe ich selbst bei Till so beibehalten. Ich bin zwar ängstlicher und informierter. Ich weiss aber immer noch nicht, ab welchem Zeitpunkt Zähne kommen oder Kinder krabbeln 'müssen'. Da jedes Kind individuell ist, sollte man sich als Mutter ganz auf sein Bauchgefühl verlassen und einfach machen statt stundenlang Literatur zu wälzen.

 

Maja Zivadinovic
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Von Maja Zivadinovic am 14. Juni 2021 - 07:09 Uhr