Meine Tochter isst ziemlich viel und hat auch ein Bäuchlein. Für mich ist das kein Problem, allerdings bekomme ich ständig die Rückmeldung von Drittpersonen, dass unser Kind verhältnismässig viel verschlinge. Ich sage das so, weil sie tatsächlich oft fast ohne zu kauen alles herunterschluckt. Der Kinderarzt findet das nicht so tragisch. Trotzdem bin ich total verunsichert. – Samira
Liebe Samira
Was heisst, deine Tochter isst viel? Wie viel schöpfst du ihr? Wie gross sind eure Teller? Gibst du ihr einen Kinderteller oder benutzt sie das Geschirr für Erwachsene? Was bekommt sie zum Frühstück? Was trinkt sie dazu? Wie viel Znüni braucht sie und gibts vor dem Essen noch einen Snack?
Habt ihr auch ein Thema, das euch beschäftigt? Dann schreibt ein Mail an romina@schweizer-illustrierte.ch
Du siehst, liebe Samira, ich kann deine Frage unmöglich beantworten. Der Kontext fehlt, also ist keine Beurteilung der Situation möglich.
Du schreibst, dass du selbst das Essverhalten deiner Tochter für natürlich hältst, was dir ja auch der Kinderarzt bestätigt. Ich glaube, es hilft, wenn du dir vor Augen hältst, dass es auch in dieser Frage sehr unterschiedliche Wahrnehmungen gibt. Kinder, vor allem Kleinkinder haben oft ein Bäuchlein, das ist völlig normal, das haben unsere Mädchen auch. Mit Übergewicht hat das nichts zu tun. Bevor du deine Tochter nun auf Diät setzt, rate ich dir, eine Ernährungsberaterin zu kontaktieren.
«Bei Schnellessern hilft es, das Gespräch auf das Essen zu konzentrieren.»
Katja Sciarmella, Ernährungspsychologin
Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass Kinder sehr unterschiedlich sind. Unsere beiden Mädchen zum Beispiel haben ein komplett anderes Essverhalten. Während die Kleine eine Geniesserin ist und sehr langsam isst, schlingt die Grosse ihre Essen genauso schnell herunter wie mein Mann und ich. Da müssen wir Eltern uns immer wieder an der Nase nehmen. Wir haben eine Vorbildfunktion und Kinder ahmen bekanntlich ihre Eltern nach.
Auch wenn es schwerfällt, langsam essen kann man lernen. Als das Thema bei uns aktuell war, habe ich unsere Tochter gefragt: «Bist du sicher, dass du noch hungrig bist? Was sagt dein Bauch dazu?» Die ersten Tage kam dann immer ein «Ja, ich bin noch nicht satt» zurück, worauf ich ihr nochmals geschöpft habe. Aber mittlerweile kann sie tatsächlich auf ihren Bauch hören. Sie isst immer noch viel und schnell, doch manchmal hat sie bei der zweiten Portion plötzlich genug, isst langsamer und sagt dann: «Mami, mein Bauch hat nun genug.»
Liebe Samira, unsere Kinder essen noch immer viel und deutlich mehr als ihre Freundinnen, doch was solls. Mir war es wichtig, dass sie lernen, auf ihren Körper zu hören – was eine grosse Kunst ist, wenn man bedenkt, dass das Sättigungsgefühl erst nach zwanzig Minuten einsetzt.
«Bei Schnellessern kann es hilfreich sein, das Gespräch auf das Essen zu konzentrieren, da das Kind vielleicht gedanklich abgelenkt ist und daher sehr viel in sich reinstopft», sagt Ernährungspsychologin Katja Sciarmella. Allerdings sollten Eltern nur über positive Themen sprechen, da Negatives auf den Magen schlage. Meiden sollte man auch Sätze wie «iss endlich» oder «iss fertig, sonst…». Auch sollten wir die Kinder nicht zwingen, aufzuessen, wenn sie die Speise nicht mögen. Stattdessen sollte man ihnen eine Alternative vorschlagen.
Sciarmella betont aber auch die Wichtigkeit vom gemeinsamen Essen. «Dadurch können die Eltern ihren Kindern zeigen, dass sie die Nahrung geniessen können, selbst wenn sie grossen Hunger haben», sagt sie.
«Man kann die Mahlzeit mit einem Eiweissprodukt starten, denn das hilft, den Magen zu füllen und den Heisshunger zu stoppen.»
Katja Sciarmella, Ernährungspsychologin
«Es gibt jedoch einige nützliche Tricks damit Kinder das Sättigungsgefühl schneller erlangen», so die Ernährungsexpertin. Man könne die Mahlzeit mit einem Eiweissprodukt starten, denn das helfe, den Magen zu füllen und den Heisshunger zu stoppen, der für das Herunterschlingen verantwortlich sei. Möglich sei etwa ein kleines Joghurt, ein Stück Käse oder Ei. Ideal seien auch faserreiche Mahlzeiten bestehend aus Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten oder Obst. Diese halten länger satt und mindern das Verlangen nach Naschereien.
Gesunde «Magenfüller» sind auch Rohkostprodukte wie Rüebli, Gurken oder Äpfel. Den Kindern vor der Mahlzeit ein Glas Wasser zu geben hält Sicarmella allerdings für keine so gute Idee. «Wasser verdünnt den Magensaft, dieser aber ist dazu da, um die Nahrung zu verdauen. Verdünnt funktioniert das nur bedingt».
Generell sollte man mit dem Trinken während dem Essen zurückhaltend sein. «Es ist aber wichtig, den Kindern den ganzen Tag Wasser anzubieten. Ein gefülltes Glas sollte immer in der Nähe stehen», so Sciarmella. Ein Trick, der immer geht, ist, kleine Portionen anzubieten oder kleine Teller mit der gleichen Menge zu füllen.
Generell soll man die Kinder am Tisch gut und viel essen lassen, dafür aber die Zwischenmahlzeiten auf ein Minimum herunterfahren.
Weiter Tipps und Tricks findest du auf der Website der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung.
Herzlich,
Romina
Unsere Expertin für Familienfragen
Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.