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  4. Oberschenkellücke: Magertrend bei jungen Mädchen im Internet

Magerwahn

Absurd! Immer mehr Frauen wollen eine Oberschenkellücke

Flacher Bauch, kleiner Hintern und dünne Beine - das sind Schönheitsideale, denen viele Mädchen nacheifern. Ob gesund oder nicht, interessiert sie oftmals weniger. Seit einiger Zeit kursiert im Netz ein neuer Trend: die Oberschenkellücke. Junge Frauen zelebrieren das, was physiologisch fast nicht möglich ist. SI online hat mit einer Fitnessinstruktorin und Ärzten über das gefährliche Phänomen gesprochen. 

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Oberschenkellücke Trend Tumblr

Frauen posten Bilder von ihren mageren Körpern, um sich beim bizarren Abnehmen anzuspornen. 

via Tumblr.com

Es ist völlig normal: Wer sich gerade hinstellt und die Füsse zusammenpresst, spürt, wie sich die Oberschenkel berühren. Viele Frauen wünschen sich jedoch eine Lücke dazwischen. Sie nehmen sich dünne Models als Vorbild und specken ab - nur damit zwischen den Oberschenkeln ein Hohlraum entsteht. Am häufigsten sind es junge Mädchen, die bei Pinterest, Tumblr und Co. Bilder von ihrem Schönheitsideal posten. Dabei reicht die Palette von schlanken bis hin zu total abgemagerten Körpern, bei denen nicht nur die Beine, sondern auch der ganze Rest zusammenzubrechen droht. 

In zahlreichen Foren stellen Teeanger Fragen, wie sie eine sogenannte Oberschenkellücke bekommen können: «Hey, ich bin 1 Meter 55 gross und wiege knapp über 47 Kilogramm. Ich habe dünne Unterbeine mit einer Lücke, aber nicht bei meinen Oberschenkeln. Was muss ich tun, damit ich da auch eine Lücke habe?» Die einen regen sich über solche Wünsche auf und geben Antworten wie: «Dich auf 30 Kilogramm runterhungern und dich dann zwangsernähren lassen! Wer ausser dürren Leuten und Magermodels hat da ne Lücke? Sei froh, dass du schöne Kurven hast... Kerle mögen keine Klappergestelle.» Andere hingegen geben Zuspruch: «Ich dachte schon diese Frage muss ich jetzt selber mal stellen... Möchte nämlich auch gerne eine Lücke haben. In meiner Schule haben alle schönen Mädchen eine Lücke zwischen den Beinen. Ich bin 1 Meter 60 gross und wiege auch 47 Kilogramm, aber ich denke, wenn ich 45 Kilogramm wiege, habe ich eine Lücke. Kannst du ja auch ausprobieren (...) Einfach am Abend nichts essen und auf süsse Sachen verzichten und viel Sport treiben», schreibt eine Userin. 

Doch es sind nicht nur Diäten, die eine Lücke begünstigen. Der Abstand der Oberschenkel hängt mitunter von der Beckenbreite und der Form des Oberschenkelknochens ab, wie Andreas Körner, leitender Arzt des Sanatoriums Kilchberg, im Gespräch mit SI online sagt. Die Propagierung eines solchen Schlankheitsideals sei bedenklich, denn sie kann bei «entsprechend gefährdeten Mädchen und Frauen die Entwicklung einer Essstörung begünstigen».

Auch Fitnessinstruktorin Saveta Milosevic versteht den Trend nicht. Ihrer Meinung nach sollte ein durchtrainierter, muskulöser Körper Idealbild sein. «Ich hatte bisher noch nie eine Kundin, die sich so etwas gewünscht hat. Und wenn das der Fall wäre, würde ich klar davon abraten. Auch sonst kenne ich in der Schweiz kaum solche Fälle.»

Eine Erklärung für das Lücken-Phänomen lieferte eine israelische Studie aus dem Jahr 2011, wie «Dailymail» berichtet. Soziale Netzwerke seien für das Problem mitverantwortlich, heisst es darin. Mädchen, die häufig auf Facebook und Co. sind, würden eher dazu neigen, ein negatives Bild vom eigenen Körper zu bekommen. Und tatsächlich verherrlichen viele Internetseiten diesen Magerwahn. Die Oberschenkellücke von Model Cara Delevingne, 21, hat sogar einen eigenen Twitter-Account mit fast 3500 Followern.

Was die Frauen allerdings nicht bedenken, ist, dass ein solcher Leerraum bei einem ausgewachsenen Körper physiologisch meist gar nicht möglich sei, wie Katja Meier-Müller, leitende Ärztin der Privatklinik Aadorf erklärt. «Zu einer gesunden, erwachsenen Frau gehören Rundungen einfach dazu.» Dieses Ziel sollte deshalb dringend überdacht werden. Aus irgendeinem Grund hat Mutter Natur schliesslich den menschlichen Körper ohne eine Lücke vorgesehen. 

Von Anastasia Mamonova am 16. Oktober 2013 - 02:00 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:15 Uhr