Es scheint an diesem grauen, rauen Wintertag, als hätten sich alle Farben dieser Welt versteckt. Doch Familie Künzi aus Belp hat sie gefunden: in einem Gewölbekeller in Biel BE. Mitten in der Altstadt versteckt sich hier eine bunte Oase des kreativen Schaffens. Silvia und Jürg Künzi haben ihre Töchter Joëlle, 6, und Aline, 8, angemeldet, um einen freien Vormittag zu zweit zu geniessen. Anouk Lehner, Vizepräsidentin, Kassiererin und Animatorin des Malhauses nimmt die Mädchen in Empfang. «Hier gibt es nur eine Regel: Bitte die Farben sauber halten, sonst sind plötzlich alle schwarz.» Dann erklärt sie, was alles erlaubt ist: Pinsel, Hände, Stäckli, Zahnbürstli. Farbe stempeln, schmeissen oder kleckern. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Die beiden Mädchen nicken noch etwas scheu. Sie stehen vor zwei riesigen weissen Blättern, welche Anouk an die Wand gepinnt hat. Aline beginnt schliesslich mit ihrer Lieblingsfarbe Grün. Joëlle tut sich schwerer mit der Entscheidung, in welche Gouache sie ihren Pinsel zuerst tunken soll. «Für mich sind alle Farben Lieblingsfarben.» Die Mädchen sind zum ersten Mal im Malhaus zu Besuch. Die vom Bieler Künstler Benedikt Salvisberg gegründete Einrichtung existiert seit 42 Jahren – und ist seit ihrer Gründung ein Geheimtipp geblieben. An Werktagen können sich hier Kinder ab drei Jahren kreativ austoben. «Jedes kann seine eigenen Ideen umsetzen, wir machen nichts vor. Aber wir assistieren den Kindern, falls sie unsere Hilfe brauchen.»
Das Angebot ist weit grösser, als der farbbekleckste Raum vermuten lässt, in dem Aline und Joëlle ihre weissen Blätter langsam mit Farbe auffüllen. Weiter hinten, versteckt um die Ecke, findet sich ein grosser Basteltisch mit Scheren und Leim, auf einem Regal liegt Lehmverarbeitungswerkzeug, und mitten im Raum steht eine Holzwerkbank. Auch einen Znüni-Eggä gibt es, sowie Fächli, in denen verschiedene Zeichnungen und Basteleien trocknen oder aufbewahrt werden. Viele Kinder besuchen das Malhaus regelmässig – etwa in der hauseigenen Spielgruppe. Aber auch spontane Besuche sind beliebt. 15 Franken kostet ein Halbtag pro Kind. Bei regelmässigen Besuchen kommt eine Einschreibgebühr von 30 Franken dazu. So günstig gehts nur, weil das Malhaus von der Stadt Biel subventioniert ist. Und weil es auf Bastelmaterial zurückgreift, das gratis zur Verfügung gestellt wurde. «Eierkartons und WC-Rollen bringen uns die Anwohner vorbei. Kartonschachteln liefern die lokalen Geschäfte.» Und gemalt wird auf Restbeständen, welche Anouk sich aus verschiedenen Druckereien erfragt.
Nach einer halben Stunde des braven Häuschen- und Prinzessinnenmalens werden Joëlle und Aline mutiger. Sie fragen nach einer zweiten Leinwand: Nun stempelt Aline mit blossen Händen, und ihre jüngere Schwester spickt die Farbe von einem Zahnbürstli quer durch den Raum aufs Papier. Ihre Eltern haben derweil den Vormittag frei und erkunden den Wochenmarkt und die Läden im mittelalterlichen Städtchen. Am Stand des lokalen Falbringen-Hofs kaufen sie ein Pfund Demeter-Äpfel und als Souvenir die hausgemachten Apéro-Stängeli. Dann suchen sie die Gassen nach einem Lokal ab, in dem sie mit den Mädchen nach dem Malhausbesuch einkehren können. Die Wahl fällt auf «Edu’s Coffee and Clothes», ein einzigartiges Café, das gleichzeitig Coiffeursalon, Brockenstube, Geschenkshop und Kleiderladen ist. Aber – zu Recht – kein Geheimtipp mehr!
Mehr Infos finden Sie hier www.malhaus.ch