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  4. «Der letzte Sander von Oberried» Freilichttheater Riederalp Wallis

Freilichttheater auf der Riederalp

Ein Hoch auf die Sander!

Sie pflegten im Wallis die Suonen. Jetzt kommen die Wasserwärter im Freilichttheater auf der Riederalp zu Ehren. Der Urgrossvater von Schauspielerin Katja Walser war einer dieser Sander. 

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Katja Walser

«Chämet cho lüegu!» Katja Walser in Oberwalliser Sonntags-Bauerntracht. Im Hintergrund die Riederalp VS. 

Kurt Reichenbach

«Wasser ischt Läbu, keis lat stärbu.» Oft hat Katja Walser, 26, diese Oberwalliser Lebensweisheit aus dem Mund ihres Grossvaters gehört – Wasser ist Leben, keines lässt sterben. Denn oft hat dieser der Enkelin bei Wanderungen entlang der Massaschlucht von der waghalsigen Arbeit seines Vaters erzählt.

Als Sander hatte Katjas Urgrossvater über die Suonen gewacht: die Wasserleitungen, die das lebensnotwendige Wasser vom Grossen Aletschgletscher zu Mensch und Tier im Gebiet der Riederalp VS brachten. Die Suonen sind ein jahrhundertealtes Kulturgut im Bergkanton. Er gehört zu den trockensten Gegenden der Schweiz – ohne Bewässerung würde dort an vielen Orten kaum etwas wachsen.

Freilichtspiel über die Sander

Katja Walser steht auf einem Felsen und schaut runter aufs Bödeli beim nahen Alpmuseum, Kuhglocken bimmeln. Dort unten wird die Juristin aus Ernen VS mit 40 weiteren Schauspielern – die meisten von ihnen Laien aus der Region – am 11. Juli ihren Auftritt haben. Dann geht die Premiere des Freilichtspiels «Der letzte Sander von Oberried» über die Bühne, vor der Naturkulisse der Aletsch Arena. 21 Aufführungen sind bis Ende August angesetzt.

Michaela Gurten Patrick Walker

Hauptdarsteller: Michaela Gurten und Patrick Walker (mit Wasserbeil). Er spielt Sander Jenno.

Kurt Reichenbach

Vorlage für das Stück ist der gleichnamige Roman von Catherine Bürcher-Cathrein (1875– 1962). Er erzählt vom steten Kampf der damaligen Bergbevölkerung ums Wasser, von deren Sorgen und Nöten, vom Wunsch nach Freiheit und Gerechtigkeit.

Daraus hat der Walliser Arnold Steiner das Drehbuch für das packende Freilichtspiel geschrieben, Regie führt Willy-Franz Kurth. «Wir spielen kein romantisch-verklärendes Heimattheater», so der Regisseur, «wir behandeln noch heute aktuelle Themen.» Patrizia Kummer, Snowboard-Olympiasiegerin und Patin des Freilichtspiels, ergänzt: «Es darf keine Selbstverständlichkeit sein zu meinen, jederzeit Zugang zu sauberem Trinkwasser direkt aus der Leitung haben zu können. Vielerorts ist dies noch nicht der Fall.»

Darsteller Sander

Ambitioniert: Schauspieler und Laiendarsteller. Auch die Geissen haben ihren Auftritt.  

Kurt Reichenbach

Das Ende der Sander

Das Freilichtspiel handelt von der Suone «Oberriederi»: Diese Wasserleitung führt nach Oberried bei Riederalp. Der zuständige Sander ist Jenno, gespielt von Patrick Walker, 22. Es geht um die Frage, ob er überlebt. Viele Wasserhüter kamen bei ihrer Tätigkeit ums Leben.

Denn die Büez eines Sanders war gefährlich: Oft wurden die Kännel – ausgehöhlte Holzstämme – mit einfachsten Mitteln in steilen Felswänden verankert, Klettergurte kannten die Wasserwärter nicht. Zur Überwachung installierten die Sander Wasserräder. Diese trieben einen Hammer an, der auf Holz schlug. Das Hämmern war von weither zu hören. Kam dieses ins Stocken, rückte der Sander aus! Meist galt es, den Kanal von Sand freizuschaufeln oder die durch Unwetter zerstörten «Chännla» zu reparieren.

Sander Suonen

Walliser Meisterwerke: Ein Sander (Wasserwärter) kontrolliert anno dazumal eine Suone.  

ZVG

Ab den 40er-Jahren fand die Tätigkeit der Sander ein Ende – seither wird das Wasser durch Stollen im Felsen geleitet. Noch heute erstreckt sich das Netz der Suonen über 2000 Kilometer – an vielen führt ein Wanderweg entlang.

Die Einheimischen nennen die alten Kanäle «heilige Wasser». Katja Walser fiebert der Premiere des Freilichtspiels entgegen. «Die Suonen durchziehen unseren Kanton wie Blutbahnen den menschlichen Körper. Schön, wird ihnen mit unserem Theater endlich ein Denkmal gesetzt.»

Thomas Kutschera
Thomas KutscheraMehr erfahren
Von Thomas Kutschera am 9. Juli 2018 - 15:18 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 12:16 Uhr