Früher waren es die Aprilkinder. Seit Kurzem sind es in vielen Kantonen die Julikinder, die als Jüngste ins Schulsystem eintreten. Das bedeutet mit vier Jahren in den Kindergarten und mit sechs in die erste Klasse. «Hat jemand sein Kind, das um den neuen Stichtag Geburtstag hat, rückstellen lassen oder sich bewusst entschieden, es in den Kindergarten zu schicken?», fragt eine Mutter in der Mamalicious Community.
Das Echo auf die Frage ist riesig. Und viel Zeit zum Überlegen bleibt den Eltern nicht. Jeweils spätestens bis Ende Januar muss in den meisten Kantonen ein Rückstellungs-Gesuch beantragt werden. Das betroffene Kind ist dann gerade mal dreieinhalb Jahre alt. Entsprechend gross sind die Bedenken der Mütter und Väter. Die meisten tendieren dazu, den Schuleintritt zu verschieben. Das hat verschiedene Gründe.
Ist das Kind selbständig genug? Trägt es keine Windeln mehr? Kann es die Schuhe selber binden? Ist der Kindergartenweg auch im Dunkeln zu bewältigen? Ist die emotionale und kognitive Reife da? Das sind nur einige Fragen, die Eltern beschäftigen.
«Noch vor wenigen Monaten hätte ich total für früher schicken plädiert. Einfach, weil meine Vierjährige so weit und so reif schien. Nun sehe ich, wie viel für sie eineinhalb Tage Kita plus zwei Halbtage Spielgruppe sind! Sie hofft immer auf freie Tage und geniesst die Zeit zuhause sehr», so die Erfahrung einer Mutter. Viele sind der Meinung, dass es sich lohnt zu warten: «Sie dürfen ein Jahr länger Kind sein und stecken nicht schon in der Mühle des Schulsystems.»
Der Leistungsdruck nimmt spätestens in der fünften Primarklasse stark zu. Sekundarschule A oder B oder Gymnasium? Ab jetzt sind die Noten wegweisend für den weiteren Schulverlauf. So schreibt eine Frau: «Ich sehe, welch enormen Druck unser Grosser in der fünften Klasse hat. Die Stundenpläne sind aber schon ab der ersten Klasse so voll. Ich würde auf jeden Fall länger warten.»
Eine andere bestätigt: «Unbedingt warten! Mein Sohn ist jetzt dreizehn und kam früh in den Kindergarten. Das habe ich bereut. Jungs brauchen oft etwas länger, bis sie reifer sind.»
Jedes Kind ist anders. Und solche, die ältere Geschwister haben, sind von der Entwicklung her oft etwas weiter. So schreibt eine Frau: «Unser Sohn war schon immer sehr selbständig und eiferte dem grossen Bruder nach. Wir haben ihn bewusst geschickt und ich würde es wieder so machen.»
Einige Eltern denken bereits weiter und werfen einen Blick in die Zukunft, auf die Teenager-Jahre: «In der Pubertät sind die Unterschiede grundsätzlich schon gross. Wenn man dann noch ein Jahr jünger ist, hinkt man von der Entwicklung her je nach dem stark hinterher. Das kann sich negativ auf die soziale Integration auswirken», geben einige zu bedenken.
Auch in der Berufswahlphase sind diese Kinder anstatt 14 Jahre, erst 13 Jahre alt. «Gerade bei Lehrbeginn merkt man das fehlende Jahr extrem», schreibt eine Mutter.
Eine andere Frau sieht genau in diesem Punkt einen Vorteil: «Dank der frühen Einschulung kann unsere Tochter ein Zwischenjahr machen ohne Alterseinbusse.» Das sieht auch die Mutter eines Gymischülers so: «Unser Sohn ist bei den Jüngsten - aber immer eher unterfordert. Zum Glück haben wir ihn nicht rückstellen lassen. Er möchte jetzt ins Gymi. Da wird er mal froh sein, zum Beispiel ein Zwischenjahr machen zu können.»
Durch und durch pragmatisch und mit einem Augenzwinkern hält eine Mutter fest: «Wieso immer zurückstellen? Ich finds doof. Der Stress kommt früher oder später so oder so.»