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Hautverletzungen

Wunden: Wenn ein Pflaster nicht mehr reicht!

Heilen Wunden nicht von alleine, braucht es medizinische Hilfe. Es ist wichtig, dass man gleich zu Beginn die richtige Therapie wählt. Die Wundexpertin Michaela Kaiser kennt die verschiedenen Methoden und weiss, worauf man besonders achten muss.

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Wunden

Kleine Wunden am besten gleich reinigen, desinfizieren und zum Schutz mit einem Pflaster abdecken.

HO

Wunden können an jeder Körperstelle unseres grössten Organs, der Haut, auftreten. Sie entstehen durch oberflächliche Verletzungen, Schnitte oder Kratzer. Die oberste Hautschicht ist zerstört, häufig sind das darunterliegende Gewebe und tiefer liegende Strukturen beschädigt.

Normalerweise heilen diese Verletzungen ohne Probleme ab. «Diese traumatischen Wunden sollten jedoch sofort nach dem Unfall gereinigt, im besten Fall desinfiziert und zum Schutz vor eindringenden Keimen wie Bakterien mit einem Pflaster abgedeckt werden», sagt Michaela Kaiser, diplomierte Wundexpertin. «Sofern Sie weder ein Spital noch Ihren Hausarzt für eine Naht aufsuchen müssen, sind Sie bei der Wundkontrolle für die nächsten zehn Tage Ihr eigener Wunddoktor. Danach sollte alles abgeschlossen sein.» Bei einer Wundversorgung mit Klammern oder Fäden wird der Haus- oder Spitalarzt den Zeitpunkt zur Fadenentfernung festlegen, meistens nach zehn bis vierzehn Tagen.

Komplizierter wird die ganze Sache, wenn eine solche Wunde nach einigen Tagen zu sezernieren beginnt, nach zehn Tagen nicht heilen will oder wenn es nach der Fadenentfernung plötzlich zu einer klaffenden Stelle kommt. Michaela Kaiser: «Dann ist es wichtig, den Arzt aufzusuchen und nicht zu warten, vor allem nicht selbst mit Dökterlen zu beginnen oder einfach die Heilung abzuwarten.»

«Viel zu oft habe ich in unserem Ambulatorium diese Art Wundheilungsstörung. Es ist der Zeitfaktor, der uns, je länger man wartet, weitere Komplikationen, Gefahren eines Infektes, einer Abszedierung beschert. In unserer Sprechstunde behandeln wir Wunden, die anfänglich unkompliziert waren und sich trotz bester Pflege nach einiger Zeit verschlechtern und an Grösse wieder zunehmen. Eine saubere Wunde mit ihrer Umgebung ist die Voraussetzung für einen befriedigenden Wundschluss», sagt Michaela Kaiser.

Nun gibt es aber noch eine Reihe anderer Wunden, Läsionen, Ulzerationen, also offene Stellen an den Unterschenkeln und Füssen, die von Haus aus bereits über mehrere Wochen offen sind und keine Heilung zeigen. Sie werden als chronische Wunden bezeichnet und haben ihre Ursachen hauptsächlich in venösen Leiden oder arteriell bedingten Durchblutungsstörungen, aufgrund von Zuckerkrankheit oder anderen Erkrankungen. «Sofern Sie als Patient über Ihre Beschwerden oder Ihre Erkrankung gut informiert sind, wissen Sie, dass Sie neu aufgetretene Wunden möglichst rasch Ihrem Hausarzt zeigen müssen. Er wird Sie beraten oder Sie, wenn nötig, einem Wundambulatorium zuweisen. Die Zuweisung kann aber auch durch Ihre Podologin oder eine betreuende Spitex-Organisation in Absprache mit dem Hausarzt erfolgen. Die Erfahrung zeigt, dass die richtige Therapie von Anfang an ganz entscheidend ist.»

Wie merkt man, dass eine Wunde nicht nach Plan heilt? Normalerweise bildet eine Wunde eine Kruste, die nach kurzer Zeit wieder abfällt, wenn das Gewebe darunter gut verheilt ist. Anders ist die Situation, wenn es zu einer Gelbverfärbung – gelber Deckel (Fibrinbelag) –, einer dicken, harten schwarzen Kruste kommt oder wenn Wundflüssigkeit austritt. Das Wundbett ist belastet, sodass die neuen Hautzellen die Wundfläche nicht decken können. Es kommt zur Stagnation. In diesem Moment setzen Mechanismen unseres Körpers ein und halten eine Entzündungsreaktion aufrecht. Michaela Kaiser: «Bemerken Sie als Patient diesen Prozess, ist dringend professionelle Hilfe nötig.»

Wunden, die sich in dieser Phase befinden, benötigen weitere Massnahmen, um die Heilung wieder zu aktivieren beziehungsweise das Wundbett zu konditionieren. Vorausgesetzt, dass die Wunde durch den Arzt untersucht wurde und eine Diagnose vorliegt, kann dann ein Débridement, das heisst Abtragen des Belags, erfolgen.

Ein Débridement kann auf verschiedene Weise vorgenommen werden. Bei stark belegten, zähen und übel riechenden Belägen können Maden aufgelegt werden. Diese ambulante Methode, auch Biochirurgie genannt, ist effizient und eignet sich für muldenförmige, tiefere Wunden.

Die häufigste Art des Débridements ist die Arbeit mit einer Dermal-Ringkürette. Mit dem scharfen Ring am vorderen Ende eines Plastikstiels schneidet oder rasiert man lebloses Gewebe oder Fibrinbeläge sehr gründlich vom Wundbett, das vorausgehend schmerzunempfindlich gemacht wurde. Das Débridement erfordert eine ausgezeichnete Gewebekenntnis und darf nur von einem Arzt oder erfahrenem Fachpersonal wie einer Wundexpertin durchgeführt werden.

Nach mehrmaligem Débridement in wiederholten Sitzungen verändert sich die Wunde. Es sind erste sogenannte Granulationsknospen zu erkennen und damit erste Heilungsfortschritte erzielt. Sie zeigen sich durch Abnahme der Wundflüssigkeit, der Beläge und zunehmend schönem rot-rosigem Granulationsrasen. Man spricht von Epithelsaum, wenn es im gesamten Wundrand zu einer zarten neuen Gewebsbildung kommt. Von einer Behandlung zur anderen wird die Wunde mit einer modernen Wundauflage abgedeckt, wichtig ist, dass eine Wunde nicht austrocknet. Dem Leitsatz folgend, dass «eine trockene Wunde eine tote Wunde ist», wird in der modernen Wundbehandlung versucht, ein optimales feuchtes Milieu herzustellen. Michaela Kaiser: «Je nach Zustand sind die gebräuchlichsten Auflagen Schaumstoffe, eine Nasskissen-Therapie oder Hydrofasern. Um antibakteriell wirksamer zu sein, gibt es ausserdem Auflagen mit Silberionen. Hier erweist sich eine alte Technik als vorteilhaft – in frühen Zeiten legten die Seefahrer Silbermünzen ins Wasser, um die Qualität des Wassers auf langen Seereisen möglichst lange zu erhalten.»

Begleitende Massnahmen sind je nach Wundsituation die Ruhigstellung durch Schienen, Entlastungsschuhe, Schutzverbände, Kompressionsverbände und die Verbesserung der Schmerzsituation. Zudem spielt die Optimierung der Ernährung eine wichtige Rolle. Eine fortlaufende, konstante Therapie ohne unnötige Veränderungen, das heisst die Betreuung des Patienten und seiner Wunde durch immer wieder die gleiche zuständige Person ist dabei wünschenswert und von grossem Vorteil.

«Wunden fordern mich als Therapeutin täglich neu heraus. Sie benötigen Einfühlungsvermögen in die belastende Situation des Patienten», sagt die Wundexpertin.
 

Check: Das müssen Sie wissen
So behandeln Sie Ihre Wunden richtig:

  • Kleine Wunden am besten gleich reinigen, desinfizieren und zum Schutz mit einem Pflaster abdecken.
  • Nach zehn Tagen sollte die Wunde verheilt sein. Wenn nicht, muss man einen Arzt aufsuchen.
  • Normalerweise bildet eine Wunde eine Kruste, die nach kurzer Zeit wieder abfällt, wenn das Gewebe darunter gut verheilt ist.
  • Wenn eine Wunde nicht heilt, auf keinen Fall selber herumexperimentieren!
Von Dr. Samuel Stutz am 26. Oktober 2013 - 11:40 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:12 Uhr