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Im Doppelinterview

Fahri Yardim und Rocko Schamoni über «intime» Szenen in «Der Upir»

Im Interview erzählen Fahri Yardim und Rocko Schamoni über verrückte Szenen als Blutsauger in ihrer neuen Vampir–Comedy–Serie «Der Upir» und verraten, was sie aneinander schätzen. Zudem erklärt Yardim, was ihm an seiner Rolle schwerfiel und warum die neue Serie auch «jerks.»–Fans gefallen könnte.

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Fahri Yardim (re.) und Rocko Schamoni in «Der Upir».
Fahri Yardim (re.) und Rocko Schamoni in «Der Upir». Seven.One/Christoph Köstlin

Fahri Yardim (44) und Rocko Schamoni (58) sind ab 18. September (immer mittwochs auf Joyn) in der neuen Vampir–Comedy–Serie «Der Upir» zu sehen. Darin wird der Berliner Burgerbuden–Besitzer Eddie (Yardim) bei einer Hausbesichtigung von Vampir Igor (Schamoni) gebissen. Die Verwandlung vom Menschen zum Blutsauger kann Eddie nur aufhalten, wenn er Igor als Upir stets zu Diensten steht.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählen die Hauptdarsteller, welche Gemeinsamkeiten sie beim Drehen haben, in welchen Szenen es «sehr intim» wurde und welches Geheimnis der Serie sie nicht verraten werden. Yardim erzählt zudem, warum er Tabubereiche als Schauspieler schätzt und was die Erfolgsserie «jerks.» (2017–2023) mit «Der Upir» gemeinsam hat.

Wussten Sie vorher über den Begriff Upir Bescheid und/oder haben Sie sich mit dem Begriff vor dem Dreh beschäftigt?

Rocko Schamoni: Ich kannte ihn nicht, muss aber sagen, dass ich den Begriff von Anfang an gut fand, und es hätte ein viel, viel schlimmerer Serientitel werden können als «Der Upir». Der Begriff hat direkt mein Interesse geweckt, denn er ist merkwürdig und funky.

Fahri Yardim: Ich fand den Begriff von Anfang an scheisse. Aber Rocko hat schon Recht: Das Niveau für Serientitel ist so niedrig, dass man bei «Der Upir» schon fast jubeln müsste.

Was haben Sie durch die Serie voneinander kennengelernt?

Schamoni: Ich spreche jetzt mal für Fahri mit. Er wird mich dann gleich korrigieren. Uns ist vorher schon aufgefallen, dass der jeweils andere etwas hat, was viele andere im deutschen Unterhaltungssektor nicht haben, nämlich eine gewisse Art von unberechenbarer Spontanität, vor allem in der Improvisation, die neugierig macht. Da geht Fahri mit am weitesten in diesem Land. Man merkt wirklich, man kann nie genau vorausberechnen, was als Nächstes an Ideen kommt – und das kann ich bei vielen deutschen Film– und Serienprojekten häufig. Das langweilt mich dann ein bisschen.

Yardim: Ja und gelernt habe ich das eben, und das hat Rocko gar nicht mitbekommen, unter anderem von ihm. Studio Braun war damals schon genau mein humoristisches Vorbild. Rocko war wie ein grosser Bruder für mich, nur wusste er nie davon, dass er einen kleinen Bruder hat. Und jetzt ist «Der Upir» wie eine Familienzusammenführung. Als würde mein ältester Bruder endlich, nachdem er jahrelang in den Humor–Krieg gezogen ist, jetzt zu mir nach Hause kommen und mich streicheln.

Was hat Sie am meisten über den jeweils anderen beim Dreh überrascht?

Schamoni: Mich hat gar nicht so viel überrascht. Mir war klar, dass Fahri das Spiel, das wir spielen, auf sehr hohem Niveau spielt. Was mich überrascht hat, war die Ernsthaftigkeit und Tiefe, mit der er sich offen auf Beziehungen mit anderen Menschen einlassen kann, und auch dass er sich wirklich ernsthaft Fehler und Schwächen eingestehen kann. Das finde ich gut, wenn jemand zeigt, dass er fehlbar ist – und das kann Fahri.

Yardim: Ja, ich habe richtig gemerkt, wie ich Rocko und Peter [Meister, Drehbuchautor und Regisseur, Anm. d. Red.] damit überrascht habe, dass ich so wohlwollend und ein Teamplayer bin. Die sind einfach völlig von «jerks.» verseucht, davon ausgegangen, dass ich eine Riesenarschgeige und ein Ego–Shooter bin. Jede kleine Geste der Freundlichkeit war für beide immer schon eine Riesenüberraschung. Absurd, was für ein Aussenbild ich habe. Mich hat nichts wirklich an Rocko überrascht, weil ich es geahnt habe: Was für ein toller Mann Rocko ist.

Die Serie hält durchaus drastische Szenen bereit, Stichwort Tampon. Haben Sie sich vor bestimmten Szenen geekelt und wie sind Sie damit umgegangen?

Yardim: Ich finde, Ekel ist nicht angebracht, weil wir SchauspielerInnen die Aufgabe haben, uns stellvertretend ins Trauma zu stossen, um tief sitzende Knotenpunkte zu lösen. Trotzdem ekel ich mich, aber es gibt eben noch eine andere Kraft, und zwar eine, die sagt: Ich stosse vor in den Tabubereich, um darüber hinaus vielleicht kollektives Wachstum zu ermöglichen. Das ist wie ein transpersonaler Auftritt. Doch wenn ich mir zuhöre, klingt das wahnsinnig selbst überhöht und eigentlich mache ich das überhaupt nicht mit viel Bewusstsein, sondern ich stürze mich einfach gerne rein. Ich habe irgendwann festgestellt, dass der Tabubereich der Bereich ist, in dem ich wachsen kann. Die Grenze ist eben eine Zone, keine klare Linie, und leichte Überforderung im Leben erweitert mich. Und ich habe eine unbändige Lust, zu wachsen, nicht nur nach oben, sondern in alle Richtungen wie ein Busch. Ich bin ein Busch!

Was war das Verrückteste, was Sie am Set erlebt haben?

Schamoni: Die Flugszenen waren sehr anstrengend, sehr intim und sehr nah. Wir hingen permanent mit starkem Körperkontakt zusammen. Es hat gerochen – da war sehr viel Schweiss im Spiel – und es hat im Gemächt sehr weh getan. Wir mussten Fluggeschirre tragen und die schneiden enorm zwischen den Beinen ein. Das geht richtig auf die Eier. Es waren peinliche Momente dabei, wenn wir fliegen mussten und die Kamera aus war. Man musste Gesicht sehr nah an Gesicht miteinander reden.

Yardim: Man wird bei diesen Szenen sehr hart mit seinem Eigengewicht konfrontiert. Wenn man aufrecht steht, fällt es nicht auf. Wenn man an ein paar Punkten festgebunden hängt, merkt man, was man für ein riesiger, wässriger Klumpen ist. Was ich so schön fand: Dass dieser alte Punkrocker Rocko und ich, dieser Lila–Laune–Bär, sonst auf locker tun, aber in dem Moment völlig heruntergebrochen waren, auf einen jammerigen Selbstzustand, indem wir die ganze Zeit nach Hilfe geschrien haben. Aufgedunsene Jammerlappen. Das war ein schönes, selbst relativierendes Bild. Danach kannst du nicht mehr behaupten, dass du ein geiler Hero bist.

In der Serie kommt allerlei Blut zum Einsatz. Woraus bestand das und wie war es für Sie, damit zu arbeiten?

Yardim: Zauberer verraten nie ihre Geheimnisse. Das ist alles echtes Blut, wir haben echt gebissen und echt gesaugt. Wir brauchten auch keine Hilfe beim Fliegen.

Die Serie wird als Deutschlands erste Vampir–Comedy angekündigt. Welche Komik bringen Vampire mit sich?

Schamoni: Gar keine. Vampire sind wahnsinnig langweilige, öde Figuren. Wenn man aber Vampire in einen Supermarkt hineinstellt oder in eine Tankstelle, dann können Dinge passieren, die zumindest an der Tankstelle halbwegs komisch sind.

Yardim: Wir haben Vampiren gegenüber eine falsche Erwartungshaltung. In «Der Upir» zeigen wir, dass sie nichts weiter sind, als blass, dumm dreinblickende Blutsauger, die getrieben sind von irgendwelchen niederen Bedürfnissen.

Früher wurden Vampire als vornehm und adelig dargestellt, heute dürfen sie auch jung und cool sein. Welche Vampirdarstellungen in Büchern und Filmen gefallen Ihnen am besten?

Schamoni: Also es gibt ein paar Vampir–Klassiker. Natürlich ist der grosse «Bram Stoker's Dracula» von Francis Ford Coppola der letzte wirklich grosse Vampirfilm gewesen, aber so richtig beeinflusst hat mich das alles nicht. Ich war auch eher skeptisch gegenüber der Idee, mit der Peter Meister um die Ecke kam, aber das Argument, dass Fahri dabei ist, das hat mich vom Vampirismus letztendlich überzeugt.

Yardim: Ich fand «Der kleine Vampir» damals richtig krassen Scheiss. Das war «The Adams Family» für biedere Kinder.

Igor hat mit langen Haaren und einem Pelzmantel einen ganz eigenen Look. Was war Ihnen bei seinem Aussehen wichtig?

Schamoni: Wir haben lange überlegt, wie kann Igor aussehen. Er sollte über 100 Jahre alt sein, dann kamen wir irgendwann auf Oscar Wilde. Oscar Wilde fanden wir als dandyhafte Figur vorbildhaft genug. In diese Richtung wollten wir dann mit der Figur gehen. Peter Meister kannte meine Rolle Dickie Schubert aus dem Spielfilm «Fraktus», den tölpelhaften Elektro–Pionier. Dann meinte Peter, dass er gerne Dickie Schubert mit Oscar Wilde verschmelzen würde.

Autofahren ist nicht so Igors Ding, dafür spielen etwa fliegen oder unsichtbar sein eine Rolle. Welche Eigenschaft von ihm hätten Sie selbst gerne?

Schamoni: Igor hat ein derartiges, geballtes Unvermögen, davon kann man sich nichts abgucken. Er implodiert ja fast vor Unfähigkeit. Deswegen finde ich ihn gut, doch ich möchte keine Eigenschaft von ihm haben.

Yardim: Bemerkenswert ist, wie er diese Unfähigkeit nicht mitbekommt. Eine schöne Qualität, so ein sorgenfreies Arschloch zu sein.

Herr Yardim, wie war es für Sie, in Diensten von Igor zu stehen, hätten Sie gerne die Seite gewechselt?

Yardim: Ich habe einen antiautoritären Geist in mir: Weder mag ich es, der Bückling noch der Peitschenheini zu sein. Ich mag Beziehungen auf Augenhöhe. Das war ein leidendes Ertragen. Die beste Komödie speist sich aus dem Tragischen. Wenn wir die ganze Zeit auf Augenhöhe wären, müsste man es nicht erzählen. Für die Kunst lasse ich mich immer gerne unterdrücken.

Was würden Sie «jerks.»–Fans sagen, wie sich «Der Upir» davon unterscheidet? Und wie hat sich die Arbeit an den beiden Serien für Sie unterschieden?

Yardim: Die zwei Serien sind zwei Eigengewächse, die aus einer Familie stammen. Beide haben Blätter, aber unterschiedliche Blüten, und wir haben unterschiedliche Düngemittel verwendet. Es gibt Verwandtschaften zwischen den beiden: ein sehr drastischer Humor, eine Lust am Tragisch–Komischen, am Banalen und an der gesunden Idiotie. Das verbindet die beiden und gleichzeitig sind es doch sehr unterschiedliche Dinge. Aber ich kann mir vorstellen, dass jemand, der Freude an «jerks.» hat, auch Freude an «Der Upir» finden kann.

Von SpotOn am 18. September 2024 - 17:18 Uhr