Sie gehörte zu den Sexsymbolen der 1980er Jahre: Kathleen Turner. Heute ist sie von den Spuren ihres jahrelangen Alkoholmissbrauchs und ihrer Krankheit gezeichnet. Die Schauspielerin leidet seit Jahrzehnten unter einer rheumatoiden Arthritis. «Ich sehe nicht mehr so aus wie früher. Kommt darüber hinweg!», erklärte die Hollywood–Diva vor einigen Jahren selbst in einem seltenen Interview über ihr Aussehen. Am 19. Juni feiert sie ihren 70. Geburtstag.
Die Diplomatentochter, die in Kanada, Kuba, Venezuela und England aufgewachsen ist und den Schauspielberuf gegen den Willen ihres Vaters ergriffen hat, spielte nach ihrem Universitätsabschluss als Bachelor of Fine Arts (der schönen Künste) zunächst Theater in New York. Nach Auftritten in der TV–Seifenoper «The Doctors» wurde sie 1981 in Hollywood für den Kinofilm «Body Heat» («Heissblütig – Kaltblütig») engagiert.
Ihr Debüt war gleich eine Hauptrolle: eine Femme fatale mit dämonischen, ja mörderischen Zügen, die vor keiner Bluttat zurückschreckt. Ihre unverwechselbare rauchige Stimme und ihre «freimütige Sexualität» («New York Times») machten die junge Kathleen Turner auf Anhieb zu einer der erfolgreichsten Schauspielerinnen der 1980er und frühen 1990er Jahre.
Sie wollte sich nie auf einen Typus festlegen
Für ihr Debüt in «Body Heat» wurde sie für einen Golden Globe als beste Nachwuchsdarstellerin nominiert. Danach beharrte sie auch bei hartgesottenen Studiobossen darauf, dass sich die Rollen ihrer extravaganten Persönlichkeit anpassen. Sie wollte sich nie auf einen Typus festlegen – mit grossem Erfolg, denn Turner setzte sich durch: «Ich war niemals eine Frau, die das süsse Mädchen, die schüchterne Liebhaberin oder die devote Ehefrau gespielt hat. Ich bin aus einem anderen Holz geschnitzt», erklärte sie vor einigen Jahren dem «stern».
Ihre nächsten Filmprojekte fand sie im Komödienfach als Partnerin von Steve Martin (78) in «Der Mann mit den zwei Gehirnen» (1982) und in «Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten» (1984) mit Michael Douglas (79), der so erfolgreich war, dass mit «Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil» 1985 eine Fortsetzung folgte.
Dann wiederum spielte sie in «China Blue bei Tag und Nacht» (1984) eine zwielichtige Frau, die tagsüber als erfolgreiche Modedesignerin arbeitet und nachts als Prostituierte. Wieder war die Kritik von Turners Spiel begeistert. Sie konnte sich jetzt die Rollen aussuchen – und wählte die einer Berufskillerin in «Die Ehre der Prizzis» (1985) an der Seite von Jack Nicholson (87).
«Der Rosenkrieg» wird zum Kultfilm
Dann kam wieder Michael Douglas, mit dem sie inzwischen eng befreundet war, und als Regisseur Comedy–Legende Danny DeVito (79). 1989 drehten sie die turbulente Tragikomödie «Der Rosenkrieg», in der Turner und Douglas die Eskalationsstufen einer zerrütteten Ehe brillant durchspielen – ein Film, der zum Klassiker wurde.
Eine Szene ist in die Filmgeschichte eingegangen. Das zerstrittene Ehepaar Barbara und Oliver sitzt sich beim Abendessen gegenüber. Ihm schmeckt die Pastete, die Barbara für ihn gemacht hat, besonders gut. «Niemand, der eine so gute Pastete machen kann, kann im Grunde schlecht sein», erklärt er. Barbara erwidert: «Es kommt darauf an, woraus die Pastete gemacht ist!» Da stutzt Oliver, denn er hat seinen Hund Benny, der sonst immer bei Tisch bettelt, nicht gesehen. Barbara schaut ihn an und sagt: «Wuff!» Oliver reagiert zu Tode erschrocken: «Benny?!?» Barbara antwortet: «Ein guter Hund bis zum letzten Bissen!» Die «New York Times» lobte Kathleen Turner: «Sie ist bezaubernd bösartig.»
Zu diesem Zeitpunkt gehört Kathleen Turner zur ersten Garde der Schauspielerinnen von Hollywood. Eigentlich fehlt ihr nur der Oscar zum Glück, doch sie wird diese Auszeichnung nicht erhalten, obwohl sie ihn mehrfach verdient hat. Für ihre Rolle in «Peggy Sue hat geheiratet» (1986) kommt sie über eine Nominierung für den Oscar als beste Darstellerin nicht hinaus. Dafür bekommt sie den Golden Globe zweimal (1984, «Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten», 1986, «Die Ehre der Prizzis»).
Bis Anfang der 90er–Jahre ist Kathleen Turner einer der grossen Stars. Sie spielt noch die Titelrolle in «V.I. Warshawski – Detektiv in Seidenstrümpfen», der jedoch an den Kinokassen floppt, ungewöhnlich für einen Film, in dem Kathleen Turner mitwirkt.
«Die Presse war gnadenlos»
Ihr Aussehen hat sich verändert, sie ist fülliger geworden. Sie schiebt das auf ihr Alter, die Rollenangebote nehmen ab, sie soll jetzt Mütter und Grossmütter spielen. Dann, 1992, beginnt sie während der Dreharbeiten zu «Serial Mom», die Geschichte einer Serienmörderin, unter unerklärlichen Schmerzen und Fieberschüben zu leiden. Ein Jahr später lautet die ärztliche Diagnose: rheumatoide Arthritis.
Man sagt ihr, dass sie im Rollstuhl landen werde. Sie selbst notiert: «Mein Körper reagierte nur mit furchtbaren Schmerzen, wenn ich versuchte, mich auch nur ein bisschen zu bewegen. Die Gelenke in meinen Händen waren so geschwollen, dass ich keinen Stift halten konnte. An manchen Tagen konnte ich kein Glas halten, um etwas zu trinken. Meine Füsse schwollen so stark an, dass ich sie in keine Schuhe stecken konnte, geschweige denn darauf laufen», schilderte sie einmal dem «Guardian».
Die Medien beschäftigen sich nun ausführlich mit ihrer Gewichtszunahme. «Die Presse war gnadenlos», schreibt sie in ihren Memoiren. «Sie witzelten, ich sei fett und unkenntlich geworden, weil ich eine wütende, abgehalfterte Diva war, während die Veränderungen meines Aussehens in Wahrheit durch Medikamente und Chemotherapie verursacht wurden... Trotzdem habe ich nicht verraten, was mit mir geschah.»
Es kursieren Gerüchte von Alkoholproblemen, und die treffen sogar zu, wie sie in ihren Memoiren verrät: «Zuerst trank ich bewusst, um die Schmerzen zu lindern ... Später, als ich die neuen Medikamente bekam und die Schmerzen nachliessen, trank ich weiterhin zu viel...» Sie habe kein Alkoholproblem, wenn sie arbeite, erklärte Turner. «Wenn ich allein zu Hause bin, kann ich mein Trinken nicht kontrollieren ... Ich neigte zum Exzess.»
Für ihre Filmkarriere in Hollywood hat es den Totalabsturz bedeutet, 2002 ging sie in eine Entzugsklinik, danach war sie etliche Jahre abstinent, heute trinkt sie ab und zu mal wieder ein Glas, doch könne sie sich nicht vorstellen, jemals wieder so viel zu konsumieren wie in der Vergangenheit: «Allerdings habe ich auch nicht mehr solche Schmerzen», erklärte sie dem «Guardian».
2007 wurde ihre Ehe mit dem New Yorker Immobilienunternehmer Jay Weiss, mit dem sie eine Tochter hat, die Sängerin Rachel Ann Weiss, nach 23 Jahren geschieden. Über ihren Ex sagt sie: «Jay ist immer noch mein bester Freund.»
Sie hat mit Hollywood abgeschlossen
2014 hatte sie mit der Filmkomödie «Dumm und Dümmehr» ein kleines Comeback, doch im Prinzip hat Kathleen mit Hollywood abgeschlossen. Sie spielte wieder Theater am Broadway. Und sie stand auch wieder mit ihrem Freund Michael Douglas vor der Kamera in dessen Comedy–Serie «The Kominsky Method» (2018–2021).
Sie sei «ganz zufrieden mit meinem Leben auf der Theaterbühne», erklärte sie vor einigen Jahren dem «stern». «Ausserdem bin ich ein bisschen zu taff für Hollywood. Es gibt kaum Rollen, die auf Frauen wie mich passen.»
Sie engagiert sich für Amnesty International und unterstützt die demokratische Partei. Über den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump (78) lästert sie in bester Kathleen–Turner–Manier in der «Bild»–Zeitung: «Er hat den ekligsten Handschlag. Er gibt dir die Hand und mit seinem Zeigefinger streicht er über deine Handinnenfläche. Das soll wohl irgendwie eine sinnliche Geste sein. Aber man zieht nur die Hand weg und denkt BÄH.»
Auch die «Friends»–Stars bekommen in dem Interview ihr Fett weg. Die Schauspielerin war in der Kultserie in einer Gastrolle als Chandler Bings (Matthew Perry, 1969– 2023) Vater zu sehen, der Dragqueen Helena Handbasket. «Die waren so eine richtige Clique, ich glaube nicht, dass ich die Einzige bin, die so ein Erlebnis hatte. Die waren eine eingeschworene, kleine Gruppe und für sie zählte niemand ausserhalb.» Nichtsdestotrotz trauerte auch sie um den viel zu frühen Tod ihres Seriensohnes.
«Matthew Perry kam zu einer meiner Broadway–Shows», erinnerte sie sich im Magazin «People». «Als er mich sah, schrie er: ‹Hey, Dad.›» Sie habe ihn zwar seit mindestens zehn Jahren nicht mehr gesehen, aber sie habe sich immer an seine Persönlichkeit erinnert. «Er hatte einen guten Sinn für Humor und ein gutes Herz. Er mochte andere Menschen, was – meiner Ansicht nach – sehr wichtig ist, insbesondere für einen Schauspieler», so Turner.