Die Amazon–Doku «I Am: Céline Dion» ist im Vorfeld ihrer Veröffentlichung am 25. Juni mit den Worten angekündigt worden, es handele sich um einen «unverfälschten und ehrlichen Blick hinter die Kulissen des Kampfes des legendären Superstars mit einer lebensverändernden Krankheit». Das ist an manchen Stellen der Dokumentation regelrecht untertrieben: Es sind quälende, kaum auszuhaltende Einblicke, die der Film hinsichtlich des Stiff–Person–Syndroms gibt, an dem der Star seit Jahren leidet.
Der bedrückendste Moment findet gegen Ende von «I Am: Céline Dion» statt – in voller Länge wird ein schwerer Krampfanfall der 56–Jährigen gezeigt, der sie mit voller Wucht heimsucht. Gerade sitzt sie noch lachend auf einer Massageliege, als sich erste Vorboten des drohenden Anfalls in ihren Füssen zeigen. Schon wenige Sekunden später kann sich der Star nicht mehr rühren.
Als Zuschauer hält man die Pein der Sängerin kaum aus. Lediglich zu einem schmerzverzerrten Wimmern ist sie während des Anfalls in der Lage, während ihr Tränen aus den blutunterlaufenen Augen rinnen; ihr zunächst regungsloses Gesicht ist zu einer Grimasse verzerrt. Dann beginnt ihre Oberlippe unkontrolliert zu zucken, ihr Wimmern schwillt zu Schmerzensschreien an.
Darum gewährt sie diese intimen Einblicke
Fast zehn Minuten hält das Martyrium des Stars an, ehe sich ihre Muskeln entspannen und sie sich langsam wieder aufsetzen kann. Was folgt, ist für sie jedoch mindestens genauso schlimm: «Jedes Mal, wenn so was passiert, fühlt man sich so beschämt und so ... ich weiss nicht, wie ich es ausdrücken soll. Man gibt ungern die Kontrolle über sich ab, wissen Sie?»
Warum also gewährt sie überhaupt einen so detaillierten, schonungslosen Blick auf ihren Leidensweg? Das hatte sie im Vorfeld der Doku erklärt: «Während dieser Abwesenheit [von der Bühne] beschloss ich, diesen Teil meines Lebens zu dokumentieren und zu versuchen, das Bewusstsein für diese wenig bekannte Krankheit zu schärfen, um anderen, die diese Diagnose teilen, zu helfen.»
Mit «I Am: Céline Dion» holt sich die Sängerin also die gestohlene Kontrolle über ihr Leben zurück – indem sie sich nicht von der Krankheit unterkriegen lässt, sondern diese noch für etwas Positives zu nutzen vermag.