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Startup Anavia

Ihre Helis fliegen im Erfolgshimmel

Hoch hinaus: Jon Andri Jörg und Ishan Sahgal entwickeln mit ihrem Start-up Anavia in Näfels GL unbemannte Helikopter. Grosse Deals mit Kunden rund um die Welt lassen das junge Unternehmen rasant durchstarten.

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CEO Jon Andri Jörg von Anavia

Die Chefs: Jon Andri Jörg (r.) und Ishan Sahgal neben ihrem HT-100. Beladen mit 20 Kilo Fracht, legt er in sechs Stunden 600 Kilometer zurück.

Samuel Trümpy

Für eine Drohne nach klassischem Vorbild ist das blau-weisse Fluggerät, das neben Jon Andri Jörg (55) und Ishan Sahgal (30) steht, zu gross und zu schwer. Und es schaut auch völlig anders aus: eher wie ein Helikopter im XXS-Format ohne Pilotenkanzel.

Anavia HT-100 heisst das in Fliegerkreisen als UAV- oder VTOL-System bekannte Objekt offiziell: UAV steht für «Unmanned Aircraft Vehicle» («unbemanntes Luftfahrzeug»), VTOL für «Vertical Take-off and Landing». Dies beschreibt, wie das Flugobjekt startet und landet: senkrecht. Für Jon Andri Jörg, Gründer, und Ishan Sahgal, Co-CEO der im Glarnerland beheimateten Anavia AG, ist ihr Fluggerät kurz und bündig ein «unbemannter Helikopter»: 2,82 Meter lang, 72 Zentimeter breit, 1 Meter hoch und 55 Kilo schwer.

Grossauftrag aus Abu Dhabi

Anavia-Helikopter sind gefragt. Gerade erst erteilten die Vereinigten Arabischen Emirate einen Grossauftrag: 200 Fluggeräte vom Typ HT-100 und dem grösseren HT-750 liefert das Unternehmen in den nächsten drei Jahren von Näfels in den Wüstenstaat. Für Jon Andri Jörg «ein bahnbrechender Deal, der wichtigste Meilenstein in unserer Geschichte, der die rasante Entwicklung von Anavia unterstreicht».

CEO Jon Andri Jörg von Anavia

Das Fluggerät: Auf einem Modellflugplatz bei Weesen SG besprechen Ishan Sahgal und Daniel Krättli (r.) vor einem Testflug letzte Details.

Samuel Trümpy

Eine Tochter als Namensgeberin

Der Firmenname setzt sich zusammen aus dem Vornamen von Jon Andri Jörgs Tochter Ana (er hat noch zwei Söhne) und aus der lateinischen Bezeichnung Via für Weg. Vor drei Jahren gegründet, macht das Unternehmen bereits 10 Millionen Franken Umsatz. «Ende Jahr werden es sogar 20 Millionen sein», blickt Jörg voraus. Im Einsatz sind die Helis aus dem Zigerschlitz rund um den Globus: In Australien, Kanada, Indonesien oder Kolumbien etwa werden Anavia-Helikopter genutzt, um Lasten zu Bohrtürmen auf hoher See zu transportieren, Hochspannungsleitungen zu kontrollieren oder abschmelzende Gletscher zu vermessen.

Vor der Gründung von Anavia hatte Jörg mit dem Thema Luftfahrt nichts am Hut. Im Gegensatz zu seinem Kompagnon Ishan Sahgal. Der gebürtige Inder verfügt nicht nur über eine Pilotenlizenz und liebt das Fallschirmspringen; in seiner Heimat fördert er auch die Ausbildung von Militärpiloten. Ehe er in die Firma mit einstieg, arbeitete Sahgal für Grob Aircraft in Bayern. Die Firma gilt als weltweit grösster und erfahrenster Hersteller von Flugzeugen aus Verbundwerkstoffen

Der in Holland geborene Schweizer Jon Andri Jörg startet nach dem Studium in Lausanne (Politologie und Internationales Recht) sowie dem Besuch der London School of Economics seine berufliche Laufbahn als Finanzanalyst. Später heuert er bei der auf Präzisionsinstrumente spezialisierten Firma Mettler-Toledo in Greifensee ZH an. 14 Jahre arbeitet er für diese in Europa und Kalifornien, ehe er sich 2010 den Traum von der eigenen Firma erfüllt: In Villmergen AG übernimmt Jörg eine Modellbaufirma, erweitert sie von 15 auf 140 Mitarbeitende – und liefert Carbonkomponenten für den Bau von Satelliten und Formel-1-Boliden.

2019 macht Daniel Krättli (54) ein Visionär und Urvater des HT-100, der heute bei Anavia für die Erschliessung neuer Geschäftsfelder verantwortlich ist, Jon Andri Jörg erstmals mit der Helikopteridee vertraut. Jörg springt darauf an, baut mit Krättli ein Team aus Materialwissenschaftlern, Elektronikexperten, Softwareentwicklern und Mechanikern auf. Und nur 15 Monate später steigt der erste Heli-Prototyp in den Himmel.

CEO Jon Andri JÃög von Anavia (c) Samuel Trümpy

Vielfältige Aufgaben: Ob Personensuche, Vermessungs- und Überwachungsflüge oder Transport von Ersatzteilen zu Bohrinseln – zwischen den Helikufen ist Platz für Gerät- und Frachtboxen. Daniel Krättli in der Montagehalle in Näfels.

Samuel Trümpy

Leiser als herkömmliche Helikopter

Ungewöhnlich ist die Antriebstechnik: Der Flettner-Doppelrotor wurde vor rund 90 Jahren vom deutschen Ingenieur Anton Flettner erfunden. Weil durch zwei gegenläufige Hauptrotoren anders als bei konventionellen Helis kein Drehmomentausgleich beim Gasgeben oder -wegnehmen nötig ist, entfällt der sonst übliche Heckrotor. Ohne diesen steht mehr Kraft für die Auftriebserzeugung zur Verfügung, und er ist zudem viel leiser als vergleichbare Helikopter.

Vor allem in lärmempfindlichen Gegenden könnte das Fluggerät durch die Decke gehen – und den Himmel weiter erobern.

Von René Haenig am 6. April 2024 - 15:00 Uhr