Die 95. Oscar-Verleihung war geschichtsträchtig was die Diversität der Gewinner betrifft. Zum ersten Mal wurden zwei Mimen asiatischer Herkunft mit dem Academy Award ausgezeichnet. Michelle Yeoh (60) gewann den Oscar als beste Hauptdarstellerin für «Everything Everywhere All at Once», Ke Huy Quan (51) den Nebendarsteller-Goldjungen für denselben Film. Wir stellen die Stars des Multiversumspektakels einmal näher vor.
Michelle Yeoh: Miss Malaysia und Grand Dame der Martial Arts
Michelle Yeoh war schon früh multikulturell geprägt. Geboren als Tochter chinesischer Eltern in Malaysia, kam sie mit 15 Jahren ins Internat nach England. Dort besuchte die sportlich sehr aktive junge Frau die London Royal Academy of Dance. Wegen einer Verletzung musste sie ihre Ballettkarriere aber aufgegeben. Stattdessen studierte sie Bildende Kunst und Schauspiel.
Yeoh wollte eigentlich in England bleiben, doch ihre Mutter meldete sie ohne ihr Wissen bei der Wahl zur Miss Malaysia 1983 an. Die Frau, die später vom Magazin «People» zu einer der schönsten Filmschauspielerin aller Zeiten gekürt wurde, gewann die Wahl.
Als Miss Malaysia reiste Michelle Yeoh um die Welt. In Australien drehte sie einen Werbespot mit Jackie Chan (68), der Produzenten aus dessen Heimat Hongkong auffiel. Dort startete sie im Filmgeschäft durch. Unter dem Namen Michelle Khan drehte sie diverse Actionfilme, die meisten Stunts führte sie selbst aus. In «Police Story 3» kämpfte sie an der Seite von Jackie Chan - für den ursprünglich das Drehbuch für ihren Oscarfilm «Everything Everywhere All at Once» geschrieben wurde.
1997 ging es für Michelle Yeoh nach Hollywood. Unter ihrem richtigen Namen trat sie in «James Bond 007 - Der Morgen stirbt nie» auf. Filmisch pendelte sie anschliessend zwischen Asien («Tiger and Dragon», 2000) und USA («Die Geisha», 2002). Nach einer kleinen Karrieredelle kehrte sie 2018 mit «Crazy Rich» zurück ins Rampenlicht, dem US-Überraschungshit mit rein asiatischem Hauptcast- ein späterer Höhepunkt für die Frau, die seit 2004 mit dem früheren Formel 1-Teamchef Jean Todt (77) liiert ist.
Nun gewann sie also als erste südostasiatische Darstellerin den Oscar für die beste Hauptrolle. In der Nebenrollenkategorie hatte die Japanerin Miyoshi Umeki (1929-2007) bereits 1957 mit «Sayonara» den Bann gebrochen.
Ke Huy Quan: Shorty ist zurück
Neben seiner Leistung vor der Kamera ist seine aussergewöhnliche Geschichte sicher ein Grund für Ke Huy Quans Oscargewinn.
Geboren wurde er 1971 in Saigon, der damaligen Hauptstadt Vietnams. Seine Eltern flohen mit ihm Mitte der 70er-Jahre gegen Ende des Vietnamkriegs in die USA. In den 80er-Jahren wurde Quan zu einem der beliebtesten Kinderdarsteller in Hollywood. Nach Werbespots ergatterte er 1984 die Rolle des Sidekicks Shorty in «Indiana Jones und der Tempel des Todes». Ein Jahr später folgte mit «Die Goonies» ein weiterer Kultfilm.
Mit dem Älterwerden blieben die Rollen für Ke Huy Quan aus. Er zog sich hinter die Kamera zurück. Bei «X-Men» (2002) arbeitete er an den Stunts mit, bei «2046» (2004) war er Regieassistent von Wong Kar-Wai (64). Doch dann kam «Crazy Rich» mit Michelle Yeoh. Ermutigt von dem Erfolg eines Films mit rein asiatischem Cast wagte er sich wieder vor die Kamera. Neben «Everything Everywhere All at Once» drehte er 2022 den Netflix-Film «Abenteuer 'Ohana». Dieses Jahr geht es für ihn weiter in den neuen Folgen der Marvel-Serie «Loki».
Die Academy liebt solche Comeback-Geschichten. Nur folgerichtig, dass er nun den Oscar einsackte - als zweiter asiatischer Nebendarsteller nach Haing S. Ngor (1940-1996). Der Kambodschaner gewann 1984 für «The Killing Fields».