Es ist ein schwieriges Jahr für Bundesrat Alain Berset, 48. Die Corona-Pandemie fegt übers Land und der Innenminister muss viele, auch unbeliebte Massnahmen verantworten. Und jetzt kommt noch etwas Pikantes dazu: Im November 2019 versuchte jemand, ihn zu erpressen. Bundesrat Berset erstattete Anzeige, die Bundesanwaltschaft schloss das Strafverfahren im September dieses Jahres ab, die Täterin wurde verurteilt. Das wirft Fragen auf: Hat die Öffentlichkeit hier überhaupt ein Recht auf Information oder ist das eine Privatangelegenheit des Bundesrats? Haben die Untersuchungsbehörden richtig gehandelt.
Anlässlich einer Medienkonferenz am 25. September 2020 stellte sich Bundesrat Berset der Öffentlichkeit. Er sagt zum Fall: «Auch wenn es sich um eine private Angelegenheit handelt, habe ich entschieden, heute Morgen den Bundesrat zu informieren.» Er hält fest: Der Erpressungsversuch habe keinen Einfluss auf seine Tätigkeit gehabt. Dass er eine Strafanzeige eingereicht habe, zeige, dass er nicht erpressbar sei. «Privatsphäre ist etwas Wichtiges für uns alle. Das gilt auch für einen Bundesrat.» Deshalb werde er sich nicht weiter dazu äussern.
Worum ging es in der Erpressung eigentlich?
«Eine Person hat ehrverletzende und unwahre Behauptungen über das Privatleben von Alain Berset vor acht Jahren gemacht», fasste sein Sprecher die Ereignisse am 20. November 2019 gegenüber SRF zusammen. Am 12. Dezember 2019 erstattete der Bundesrat Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft. Einen Tag später wurde die Person für mehrere Stunden in Haft genommen. Die «Weltwoche» hat den Fall vor einigen Tagen öffentlich gemacht. Es soll sich um eine Frau, deren Identität unbekannt ist, handeln.
Womit soll Berset erpresst worden sein?
Das ist nicht bekannt. Klärende Stellen im Strafbefehl sind geschwärzt. Die Bundesanwaltschaft begründete dieses Vorgehen mit dem Schutz der Privatsphäre von Opfer und Täter. Beim sichergestellten Material soll es sich laut Bersets Anwalt Patrick Eisenhut um E-Mails, private Korrespondenz und ein Foto, welches «das Gesicht - und nur das Gesicht - von Herrn Berset abbildet», handeln. Gegenüber SRF erklärte der Anwalt, dass es ich dabei um ein Bild handle, das man «problemlos auf Instagram» stellen könne. Bersets Sprecher doppelt nach, dass der Bundesrat nicht erpressbar sei. Die Polizei hat verschiedene Datenträger der Frau gelöscht, das fragliche Material ist aber noch bei den Behörden, wie es die Strafprozessordnung vorsieht, vorhanden.
Was ist mit der Frau passiert?
Die Frau erhielt eine Strafe von 150 Tagessätzen zu 30 Franken bedingt auf zwei Jahre. Zusätzlich zu einer unbedingten Busse von 900 Franken muss sie die Verfahrenskosten (2500 Franken) tragen. Die Frau nahm noch am 12. Dezember 2019 von ihrer Forderung Abstand und nahm ihre eigenen Behauptungen als nicht zutreffend zurück. Die Dokumente händigte sie aus.
Welche politischen Konsequenzen hat die versuchte Erpressung?
Die zuständige Aufsichtsbehörde untersucht die Rolle der Bundesanwaltschaft im Fall Berset. Bis die Resultate da sind, dauert es aber noch eine Weile. Auch die Geschäftsprüfungskommission des Eidgenössischen Parlaments wird ein Auge auf die Erkenntnisse werfen.