Der Bauch schwabbelt, die Brüste hängen. Celeste Barber ist das egal. Die 40-Jährige macht als Anti-It-Girl eine fantastische Figur. 2015 begann sie, auf Instagram absurde Schnappschüsse von Stars und Sternchen nachzustellen. Seither gehört sie zu den einflussreichsten Komikerin-nen der Welt. Ihr Blick ist dabei das eigentliche Highlight ihrer urkomischen Inszenierungen. Denn welche normale Frau macht morgens an einem balinesischen Strand gestylt wie ein Model den Sonnengruss und nippt dabei aus einer 100-Dollar-Wasserflasche? Oder küsst ihren Liebsten im Kopfstand wach und blickt dabei auch noch knitterfrei aus der Wäsche? Eben. «Die meisten von uns essen um diese Zeit Müesli in einem vergammelten T-Shirt», sagt die Australierin, die mit ihrem Mann Api Robin (sein Instagram-Account lautet @HotHusband_), den Söhnen Lou und Buddy und ih-ren Adoptivtöchtern Kyah und Sarah in Sydney und New York lebt.
Das Paar ist seit 20 Jahren verheiratet. Sie erinnert sich noch gut an den Blick ihres Mannes, als sie damals zum ersten Mal halb nackt im Trenchcoat und mit Netzstrümpfen das Haus verliess. «Er schaute mich total entgeistert an und fragte: ‹Wo gehst du hin?› Ich antwortete: ‹Zum Dreckhügel am Ende der Strasse ein Foto machen.›.» Der Beitrag war als Parodie auf ein Bild von Kim Kardashian gedacht. Er brachte den Stein ins Rollen. Der Instagram-Post schlug ein wie eine Bombe: Über Nacht hatte sie 50 000 Follower mehr. Nun sind es 9,5 Millionen. Die Fans lieben ihre ironische Kritik am Schönheitswahn und wie sie den Darstellungsdrang von Rihanna, Paris Hilton, Jennifer Lopez & Co. durch den Kakao zieht. Celeste Barber ist Kult. Auch für die Prominenz, von der sie mittlerweile bekniet wird, parodiert zu werden. Nur selten wird sie auf Social Media blockiert, wie von Emily Ratajkowski. Das Model war angeblich entsetzt, wie sich Barber über ein schlüpfriges Fotoshooting lustig machte.
Was viele nicht wissen: Der Erfolg war geplant. Barber: «Ich bin da nicht zufällig hineingerutscht, weil ich ein wenig herumgealbert habe. Mir war immer klar: Da ist was dran, das hat Potenzial.» Heute sorgt die «Queen of Comedy» mit zahlreichen Bühnenprogrammen für Lachorgien, gibt sich herrlich entspannt und selbstironisch. Vor allem aber ist sie extrem schmerzfrei, was Äusserlichkeiten betrifft. «Ich war nie sexy und cool. Aber jetzt, wo ich super sexy und super cool bin, bin ich zum Platzhalter für jene Frauen geworden, die lange Zeit unsichtbar waren. Ihr Körper entspricht nicht dem Erscheinungsbild, wie es uns Medien, Werbung und Gesellschaft ständig vorgaukeln. Es ist wichtig, die Botschaft zu verbreiten, dass Frauen keine Objekte sind und nicht perfekt sein müssen. Wenn wir ständig mit Dingen gefüttert werden, die unerreichbar sind, aber als Norm gelten, müssen wir den Mist durchbrechen und stopp rufen.»
Celeste Barber ist genau die Person, die man treffen möchte, wenn der Tag schlecht beginnt. Ihr Humor hat die Kraft eines Peitschenschlags. Dass sie gern die Grenzen des guten Geschmacks durchbricht, beweist sie auch in der brandneuen Kultserie «Wellmania» auf Netflix – ihr bisher erfolgreichster Coup. Barber spielt darin die durchgeknallte Food-Autorin Liv. Nach einer Gesundheitskrise ist das Partygirl gezwungen, den Lebensstil zu ändern. Statt Kaffee und Kokain gibts Darmspülungen und Schröpfkugeln.
Schon in der ersten von acht Folgen wird Barber zum menschlichen Tornado. Das Neonlicht blendet, der Bass dröhnt. Eine Gruppe Frauen strampelt sich auf dem Spinning Bike die Seele aus dem Leib. Der Trainer brüllt: «Die Einzigen, die ihr besiegen müsst, seid ihr selber!» Alle nicken ausser Liv. Die Haare sind zerzaust, ungerührt trägt sie noch den Glitzerfummel von letzter Nacht. Das Tempo zieht an, doch Liv ist bereits am Ende ihrer Kräfte. Vermutlich findet sie den ganzen Selbstoptimierungswahn eh zum Kotzen. Und so übergibt sie sich inmitten der verdutzten Menge. Die Szene ist so doof, dass sie wieder gut ist. Übelster Slapstick – wunderbar inszeniert.
«Wellmania» basiert auf einem Roman von Brigid Delaney. Es ist die Geschichte einer unvollkommenen Frau im besten Alter, die dem Wellnesswahnsinn irgendwann mit Skepsis begegnet, weil die Odyssee für sie töd-lich enden könnte. Barber macht privat ein wenig Yoga und trinkt gern Wein, um den Kopf freizukriegen. Ihren Figuren nähert sie sich immer mit Neugier an. Eigentlich spiele sie sich selber: «Ich bin mein liebstes Publikum.» Ihr nächstes Ziel: im US-TV eine Late-Night-Show moderieren. «Danach kandidiere ich fürs Präsidentenamt. Wie wir nun wissen: Jeder Trottel kann das. Warum also nicht auch ich?»