Sie war jahrelang der Star der Fitness-Szene, machte sich als Bodybuilderin und Influencerin einen Namen. Dann tauchte Sophia Thiel, 26, ab. Fast zwei Jahre verschwand sie komplett von der Bildfläche.
Im Februar dann das erste Lebenszeichen: Thiel postete Bilder eines Akkus, der sich langsam lädt. Schliesslich folgte ein Video mit dem Titel «Die Wahrheit hinter meiner Auszeit». Darin erklärte die Influencerin, ihr sei alles zu viel geworden, sie habe die Kontrolle verloren. «Ich war einfach nur lost, ratlos. Da war nur noch Leere und Taubheit, es fühlte sich an, als hätte ich mich aufgelöst», erklärte sie.
Sophia Thiel flüchtete nach Los Angeles, doch besser ging es ihr dort auch nicht. «Für mich persönlich war es die dunkelste Zeit», sagte sie in ihrem Video. Sie kehrte zurück nach Deutschland und wollte möglichst rasch wieder in ihre alte Form finden. Sie habe sich strenge Regeln auferlegt und sogar Tomaten und Salat abgewogen. «Ich wollte die Kontrolle über meinen Körper wieder übernehmen», erklärte sie. Trotzdem war sie nie zufrieden mit sich selbst, habe sich gedacht: «Wie schaust du denn aus?»
Im Sommer 2020 sei dann endlich wieder Normalität eingekehrt. Damals habe sie erstmals das Gefühl gehabt, sie könne wieder sich selbst sein und «es steht nicht immer mein Körperfettanteil und mein Gewicht im Vordergrund.»
Wie sehr das jahrelang der Fall war, wird im neusten Youtube-Video von Sophia Thiel deutlich, das sie einleitend als das «wahrscheinlich privateste, intimste, emotionalste und mir persönlich wichtigste» Video bezeichnet.
Darin gesteht sie ihren Fans nämlich: «Ich habe eine Essstörung.» Sie habe so lange einen Kampf mit sich selbst geführt und sei nicht in der Lage gewesen, darüber zu sprechen. Nun sei sie aber an einem Punkt angekommen, an dem sie ihre Krankheit thematisieren wolle. Auch, weil sie wisse, dass da draussen ganz viele Menschen sind, die ebenfalls daran leiden, noch keinen Weg hinaus gefunden haben oder vielleicht gar auf dem Weg sind, in eine Essstörung hinein zu schlittern.
Bei ihr sei das Ganze ein schleichender Prozess gewesen. «Ich hatte schon in meiner Kindheit ein sehr instabiles Essverhalten», erzählt Sophia. In der Schulzeit sei sie dann in Richtung Magersucht gerutscht. Später habe sie mit dem Bodybuilding begonnen und gedacht, damit könne sie ihren Körper so formen, wie sie es will. Doch sie habe immer solch hohen Ansprüche an sich selbst gehabt, dass es nie genug war.
Auch ihre Präsenz auf Social Media sei ein Faktor gewesen, der sie in die Essstörung trieb. Sie habe sich gedacht: «Ah, ok, wenn ich in Topform bin, wenn ich Leistungen erbringe, habe ich Erfolg, bin ich liebenswert.»
2019 beschloss Sophia schliesslich, den Kampf gegen ihre Krankheit nicht mehr in der Öffentlichkeit auszutragen. Und ein Jahr später begann sie eine Psychotherapie, was sie rückblickend als «das Beste, was ich hätte tun können» bezeichnet. Sie empfehle allen anderen Betroffenen, diese Hilfe ebenfalls in Anspruch zu nehmen. Sie selbst habe sich geärgert, dass sie nicht schon viel früher damit begann.
Möchtest du gerne mit jemandem deine Gedanken teilen? Hier gibt es Anlaufstellen, die dir weiterhelfen können:
Arbeitsgemeinschaft für Essstörungen: https://www.aes.ch/
Schweizerische Gesellschaft für Essstörungen: https://sges-ssta-ssda.ch/
Prävention Essstörung Praxisnah: https://pepinfo.ch/