Die Tochter von Musiklegende Frank Zappa (1940 – 1993) gibt in ihrer bestürzend ehrlichen Autobiografie Einblicke in den turbulenten Familienalltag der Zappas. Moon Unit Zappa (57) spricht von einer traumatisierenden Kindheit. Wie die heute selber im Rampenlicht stehende Schauspielerin und Sängerin unter der Berühmtheit ihres Vaters litt, beschreibt sie im Interview mit dem Tagesspiegel eindrücklich.
«Erst allmählich beginne ich das Ausmass der toxischen Bedingungen zu erkennen, unter denen ich aufgewachsen bin», so Moon Unit Zappa. Sie hätte schon gewusst, dass ihre Eltern nicht gut für sie und ihre drei Geschwister waren, «aber erst durch die entsetzten Reaktionen von Aussenstehenden begreife ich, dass es tatsächlich schlimmer gewesen sein muss, als ich dachte.»
Mutter sperrte Kinder als Tortur ins Badezimmer ein
Nach einem konkreten Beispiel gefragt, beschreibt Zappa die Überforderung ihrer Mutter Gail Zappa (1945 – 2015): «Meine Mutter nahm das Geschrei ihrer kleinen Kinder mit einem Tonband auf, sperrte mich und meinen Bruder im Bad mit der Aufnahme ein, damit wir uns anhören mussten, welchen Lärm wir machten, und verstanden, wie sehr sie darunter litt.»
Was von aussen als schrullige Hippie-Familie wahrgenommen wurde, war für die Kinder schwieriger Alltag. «Als Kind ist es nicht einfach, sich morgens um die Lunchpakete der Geschwister zu kümmern, dafür zu sorgen, dass alle pünktlich zur Schule kommen, die Wäsche zu machen, Fremden aus dem Weg zu gehen, Sexgeräusche aus Nebenzimmern zu überhören, während das Haus wie eine rasende Turbine um eine Galaxie aus Ideen, Beobachtungen, Musik und neuen kreativen Methoden kreist.»
Künstlerisches Schaffen war wichtiger als Kindererziehung
Moon Unit Zappa habe sich als Kind einer Künstlerfamilie oft vernachlässigt gefühlt. «Ich wurde von klein auf abgewiesen und demoralisiert, was meine Eltern sicher nicht beabsichtigten, sondern einfach die Folge davon war, dass mein Vater sich seinem künstlerischen Schaffen verschrieben hatte und meine Mutter meinem Vater treu ergeben war.»
Gefühle zuzulassen, hatten im Hause Zappa laut Moon Unit auch selten Platz: «Eine ernsthafte Unterhaltung mit Frank zu führen, war unmöglich. Aufrichtigkeit war ein Tabu zu Hause. Man konnte so viel fluchen, wie man wollte, aber wenn es um ein Gefühl ging, war allen klar, dass man ihm nur Ausdruck verleihen konnte, wenn man es witzig und übertrieben wirken liess.»
Die im August 2024 erschienene Autobiografie von Moon Unit heisst «Earth to Moon» – so nannte Mutter Gail ihre Tochter. Das Schreiben des Buches war für Moon Unit auch ein schwieriger Trauerprozess. «Zu meiner eigenen Überraschung stellt es erst den Anfang wirklichen Trauerns dar. Ich muss mich sehr anstrengen, um Gails fiese Stimme aus meinem Kopf zu bekommen, die mir immerzu eingetrichtert hat, dass ich keinen Wert besässe.»