Als Michael «Smudo» Schmidt, Andreas Rieke, Michael Beck und Thomas «Thomas D» Dürr vor bald 35 Jahren mit Deutschrap anfingen, wurden sie belächelt. Heute gelten Die Fantastischen Vier als Väter eines Musikgenres, das Milliarden umsetzt – und als Kulturträger. Neben etlichen anderen Ehrungen erhielten sie vor fünf Jahren den Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache, einen der wichtigsten deutschen Sprachpreise. Dennoch nehmen sie sich nicht zu ernst.
1989 hattet ihr euren ersten Auftritt auf einer Bühne aus Europaletten in einem Kindergarten bei Stuttgart. Die Baloise Session empfing euch in Klubtischatmosphäre bei Kerzenlicht. Was hat sich in 34 Jahren am meisten verändert: der Hip-Hop, das Publikum oder ihr euch?
Smudo: Alles. Es kommt mir vor, als wäre die Welt von damals eine verlorene. Es ging um fossile Tonträger, die wir verkaufen wollten, sechstürige CO2-Limousinen und so weiter.
Thomas D: Aber es gibt auch etwas, das gleich geblieben ist: vier Jungs, die Spass haben bei dem, was sie machen.
Ihr seid Mitte 50. Wie fühlt ihr euch als «Berufsjugendliche»?
Thomas D: Manchmal jung und manchmal alt.
Smudo: Ein ambivalentes Gefühl. Aber bisweilen staune ich doch, wie jugendlich, jung und mit Elan wir immer noch rüberkommen. Manchmal merke ich aber auch, wie fern mir diese Welt hin und wieder geworden ist.
Thomas D: Aber wir fühlen uns gar nicht als Berufsjugendliche, glaube ich. Wir sind halt, was wir sind.
Rockstars euren Alters werden von jüngeren Künstlern mit Coverversionen ihrer Songs geehrt. Diese gibts kaum von Liedern der Fantastischen Vier. Warum?
Smudo: Ja, das habe ich mich auch schon gefragt. Ich glaube, dass das noch passieren wird.
Thomas D: Ich weiss es: Weil es eben Rap ist! Rap hängt sehr stark mit der Person zusammen, die rappt. Du machst dich lächerlich, wenn du so tust, als seist du mal Run-DMC oder so.
Smudo: Meine mittlere Tochter hat mir aber erzählt, dass Hip-Hop-Musik aus Deutschland heute ein Teil im Musikunterricht ist. Es ist also tatsächlich bereits kulturell verankert und hat das Zeug dazu, irgendwann mal zu einem Cover-Klassiker zu werden.
Hättet ihr je gedacht, pädagogisch wertvoll zu sein?
Smudo: Niemals!
Thomas D: Was uns aber ganz stolz macht: In England steht mittlerweile ein Lied von uns im Lehrbuch für den Deutschunterricht.
Smudo: Und in Frankreich ist «Die da!?!» eine Deutsch-Lektion.
Thomas D: Da merkt man aber auch, dass diese musikalische Erziehung funktioniert. Wenn du mit Musik lernst, prägt es sich auch besser ein. Das macht wahrscheinlich mehr Spass als trockene Grammatik.
Könnt ihr eure Texte alle noch auswendig?
Thomas D: Nee.
Smudo: Nur die, die gerade eben gebraucht werden.
Thomas D: Und selbst da hakt es inzwischen manchmal.
Eure Musik ist in erster Linie Spass-Musik. Dennoch sind eure Texte durchaus tiefsinnig. Habt ihr als Pop-Idole eine gesellschaftliche Verantwortung?
Smudo: Nicht unbedingt. Aber wer ein politischer Mensch ist, kann manchmal auch mal was Politisches sagen. Wir engagieren uns zum Beispiel für den Verein Laut gegen Nazis in Hamburg. Und Thomas hat ein Engagement bei Peta gegen Tiermisshandlungen.
Thomas D: Ich finde, der Künstler muss Kunst machen, und Kunst ist wichtig für die Gesellschaft.
Smudo: Das gilt wohl für alle Menschen: nicht zu viel Scheisse bauen. Aus dem Showgeschäft kennen wir die Regel: Sei nett zu den Leuten auf dem Weg nach oben, denn du wirst sie wiedertreffen auf dem Weg nach unten.