Am 9. Februar dieses Jahres spielte er vor seinem grössten Publikum: 83 000 Football-Fans im Caesars Superdome in New Orleans und 183 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern vor den TV-Geräten oder am Livestream. Nie zuvor erreichte der Super Bowl mehr Menschen – und Jon Batiste war der Superstar, weil er die amerikanische Nationalhymne live am Flügel mit einem jazzig-authentischen New- Orleans-Groove sang. Sogar Veteranen zollten ihm dafür Respekt.
Diverse Auszeichnungen, ein glorreicher Auftritt am Super Bowl und am 5. November live ander Baloise Session:US-Musikgenie Jon Batiste.
Beth Sacca.jpgDer 38-jährige Multi-Instrumentalist aus Louisiana beeindruckt mit noch mehr Zahlen: Sieben Grammys hat er bereits gewonnen – für 22 wurde er nominiert –, und für seine musikalische Mitarbeit am Animationsfilm «Soul» bekam er einen Oscar. Dabei produziert der Vollblutmusiker, der an der Juilliard School studierte, alles andere als kommerziellen Hitparaden-Sound. Seine Musik erinnert manchmal an die Swing- und Soul-Ära der 1950er und 1960er. Andererseits katapultiert er mit Hip-Hop-Grössen wie Lil Wayne die Soul-Jazz-Tradition seiner Heimat in eine vielversprechende Zukunft.
Sieben Grammys, ein Oscar: Amerika feiert Jon Batiste als einen der wichtigsten Musiker.
CBS via Getty ImagesSein bisheriges Meisterwerk ist die Netflix-Doku «American Symphony», die Jazz, Klassik, Gospel und Pop zu einem Musikporträt der USA vereint. Kritiker auf der ganzen Welt bescheinigen ihm dafür einen musikalischen Geniestreich – und nennen ihn einen der wichtigsten und einflussreichsten Musiker seiner Generation. Bei Live-Performances beeindruckt er mit einer charismatischen Bühnenpräsenz. Davon kann sich am 5. November das Publikum an der Baloise Session überzeugen, wo Jon Batiste ein exklusives Konzert geben wird. Im Gespräch mit der Schweizer Illustrierten verrät er, dass dieser Auftritt auch für ihn privat von grosser Bedeutung ist.
Sie gelten als einer der wichtigsten Musiker unserer Zeit. Setzt Sie das unter Druck, oder gibt Ihnen das mehr Freiheit?
Jon Batiste: Ich denke nicht über Druck nach, sondern freue mich über diejenigen, die meine Arbeit feiern. Ich glaube, sie findet Resonanz, weil sie authentisch ist. Darum möchte ich weitermachen, solange ich davon inspiriert bin.
Sie wechseln spielerisch zwischen Genres und Stilen. Erschwert das nicht, eine Zielgruppe für einen noch grösseren kommerziellen Erfolg zu definieren?
Wahrscheinlich schon. Aber das darf keinen Einfluss auf die Inspiration des Künstlers haben. Man sollte Kreativität nicht um der Kommerzialität willen einschränken. Ich persönlich denke nicht über kommerziellen Erfolg nach. Musik setzt ihre eigenen Massstäbe für Erfolg. Für mich liegen diese in der Kunst. Kommerzieller Erfolg macht Musik nicht weniger oder mehr grossartig. Er ist nur ein zusätzlicher Bonus.
Was fasziniert Sie daran, Beethoven mit Blues zu kombinieren?
Ich glaube, dass die ganze Musik verbunden ist. Das ist das Schöne daran, ein Künstler im 21. Jahrhundert zu sein. Wir haben die Möglichkeit, so viele reiche Traditionen in einen neuen Kontext zu stellen. Das gefällt mir sehr gut.
Ihre «American Symphony» ist ein Meisterwerk. Wie oft wurde sie bisher aufgeführt?
Nur einmal – in der Carnegie Hall in New York. Aber wir werden sie auf jeden Fall öfter aufführen.
Die gleichnamige Netflix-Dokuserie stellt die Geschichte Ihres künstlerischen Durchbruchs der Krebsdiagnose Ihrer Ehefrau, der preisgekrönten Journalistin und Autorin Suleika Jaouad, gegenüber. Wie geht es Ihrer Frau heute?
Es geht ihr wieder gut. Danke.
Was möchten Sie mit Ihrer Musik erreichen?
Was meinen Sie mit «erreichen»? Abgesehen davon, dass sie grossartig werden soll, habe ich keine bestimmte Vorstellung davon.
Wollen Sie mit Ihrer Musik die Welt verändern – oder soll sie nur unterhalten?
Für mich ist Musik mehr als Unterhaltung. Ich betrachte sie als spirituelle Praxis. Trotzdem möchte ich, dass die Leute das Gefühl haben, unterhalten zu werden, und dabei aber auch ihre Seele nähren.
Ihr neues Album heisst «Big Money». Eine versteckte politische Botschaft?
Meine Botschaften mögen sich mit politischen Themen überschneiden, aber letztendlich gehen sie über die Politik hinaus. «Big Money» ist ein offensichtliches Problem in unserem politischen System. Aber es ist ein Thema, das noch weit grösser ist als Politik.
«Big Money» ist ein beliebtes Klischee für die Schweiz. Haben Sie eine Beziehung zur Schweiz?
O ja! Ich war schon oft in der Schweiz – zum Beispiel am Montreux Jazz Festival. Suleikas Familie stammt aus der Westschweiz, deshalb haben wir viele Jahre unsere Ferien dort verbracht. Die Schweiz liegt uns sehr am Herzen.
Also bedeutet Ihr Auftritt an der Baloise Session auch ein Wiedersehen mit Ihrer Familie?
Ja, darauf freue ich mich sehr. Aber auch die Begegnung mit den Fans, die zur Show nach Basel kommen.
Im Frühjahr spielten Sie am Super Bowl, nun bei der Baloise Session. Welche Kulisse mögen Sie lieber?
Ich habe keine Vorlieben. Alles hängt vom Publikum und der Energie des Augenblicks ab. Es geht darum, dass alle Beteiligten sie steigern. Dazu gehören das Publikum und die Künstler, aber auch die Crew und das Festivalteam. Wenn all diese Menschen sich auf den Moment einlassen, entsteht Magie.
Das Publikum prägt Ihre Konzerte mit?
Ja. Es ist wunderschön, wenn die Menschen sich einbringen und bereit sind, offen zu sein. Denn wir kommen, um als Künstler zu dienen. Wir dienen dem Publikum, wir dienen der Menschheit. Das ist unsere Berufung.
Künstliche Intelligenz hält mit grossen Schritten Einzug in der Musik. Was halten Sie davon?
Ich denke, das ist unvermeidlich. Der Geist ist aus der Flasche.
Wie beeinflusst das Ihre Musik und die Art, Musik zu machen?
Als Künstler müssen wir weiter tun, was wir für wichtig halten, und herausfinden, wie KI dazu passt oder nicht. Wir haben viele technische Revolutionen erlebt. Das Wichtigste aber bleibt, dass Musikerinnen und Musiker zuerst kommen.
Jon Batiste live an der Baloise Session: Mittwoch, 5. November 2025, 21.45 Uhr