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«Kanye ist ein komplizierter Mensch»

Kim Kardashian bittet Öffentlichkeit um Verständnis

Kanye Wests Verhalten war in den letzten Wochen mehr als befremdlich. Der Rapper kandidiert als US-Präsident, wirft seiner Frau Kim Kardashian vor, sie habe Tochter North abtreiben und ihn gegen seinen Willen einweisen lassen wollen. Den Grund für dieses Verhalten sieht Kim in der psychischen Erkrankung ihres Mannes.

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BEVERLY HILLS, CALIFORNIA - FEBRUARY 09: Kim Kardashian West and Kanye West attend the 2020 Vanity Fair Oscar Party hosted by Radhika Jones at Wallis Annenberg Center for the Performing Arts on February 09, 2020 in Beverly Hills, California. (Photo by Rich Fury/VF20/Getty Images for Vanity Fair)

Kim und Kanye sind seit 2014 verheiratet.

Getty Images for Vanity Fair

Worte, die Kim Kardashian, 39, nicht leicht gefallen sein werden: «Wie viele von euch wissen, ist Kanye bipolar. Jeder, der unter dieser Krankheit leidet oder der einen geliebten Menschen hat, der bipolar ist, weiss, wie unglaublich kompliziert und schmerzhaft es ist, diese Menschen zu verstehen.»

Die Unternehmerin wendet sich in ihrer Instagram-Story erstmals bezüglich des befremdlichen Verhaltens ihres Mannes an die Öffentlichkeit. Kanye West, 43, gab vor rund zwei Wochen bekannt, dass er sich für die US-Wahlen als Präsidentschaftskandidat zur Wahl stellen will. Kurz darauf zog er die Ankündigung wieder zurück, nur, um einige Tage später in Indiana auf Wahlkampftour zu gehen. 

Kanye bezeichnet Kim Kardashian als weisse Rassistin

Und sein Verhalten wird immer bizarrer: Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt, in schusssicherer Weste, erzählte er unter Tränen, dass seine Frau Kim die erste gemeinsame Tochter North West, 7, habe abtreiben wollen. Auslöser sei er selber gewesen. Er habe Kim, als sie beide von der Schwangerschaft erfuhren, drängen wollen, das Kind nicht zu bekommen. Dann aber, so der Rapper und Designer, habe er «ein Zeichen von Gott bekommen», seine Frau angerufen und sie von dem Vorhaben abgebracht. «Sie hatte die Pillen schon in der Hand», schrie Kanye auf der Bühne und brach dann in Tränen aus: «Ich habe fast meine Tochter umgebracht. Ich habe fast meine Tochter umgebracht.»

Weiter ging das Drama dann auf Twitter. Dort setzte Kanye innerhalb weniger Stunden zahllose Tweets ab, in denen er behauptete, Kim Kardashian und ihre Mutter Kris Jenner, 64, wollten ihn gegen seinen Willen in eine psychiatrische Klinik einliefern: «Sie haben zwei Ärzte einfliegen lassen und wollten mich einweisen lassen. Sie sind weisse Rassistinnen.» Ausserdem twitterte er: «Ich habe versucht, mich von Frau Kardashian scheiden zu lassen» und implizierte, dass Kim eine Affäre mit dem Rapper Meek Mill, 33, hatte. Später löschte er all seine Tweets wieder.

«Es kommt zu Grössenwahn»

Nach diesen Geschehnissen stand die Öffentlichkeit ratlos da. Kim Kardashian gab ihr aber postwendend eine Antwort. Sie veröffentlichte ein Statement, in dem sie die Verzweiflung ausdrückt, unter der viele Angehörige von bipolaren Menschen leiden. «Ich habe mich nie öffentlich zu Kanyes Krankheit geäussert, denn ich möchte meine Kinder und Kanyes Privatsphäre schützen. Aber nun habe ich das Gefühl, ich sollte sein Verhalten kommentieren und somit das Stigma und die Missverständnisse rund um die psychische Gesundheit verringern.»

Schweizer-illustrierte.ch sprach mit Gregor Hasler, Professor Psychiatrie und Psychotherapie, über Kanye Wests Erkrankung. «Bei einer bipolaren Störung wechseln sich manische und depressive Phasen ab. Letztere unterscheidet sich eigentlich nicht gross von «normalen» Depressionen. Die Menschen sind antriebslos, freudlos und haben einen gestörten Schlaf. In der Manie braucht der Betroffene sehr wenig Schlaf, oft nur ein paar Stunden pro Nacht. Ausserdem ist er aussergewöhnlich guter Stimmung, sehr gesprächig und lustorientiert. Es kommt zu Grössenwahn, unvernünftigen Ausgaben und sexuellen Eskapaden. Auch werden oft Drogen und Alkohol konsumiert.»

«Kanye ist ein brillianter aber komplizierter Mensch»

Kim erklärt das Verhalten ihres Mannes so: «Kanye ist ein brillianter aber komplizierter Mensch. Der Druck, eine öffentliche Person und ein schwarzer Mann zu sein, der Verlust seiner Mutter und die Isolation durch seine Bipolarität, befeuern seine Krankheit nur. Die, die Kanye kennen und ihm nah sind, kennen sein Herz und wissen, dass seine Worte oft nicht mit seiner Intention übereinstimmen.»

Stress, das erklärt auch Professor Gregor Hasler, sei womöglich einer der grössten Treiber der beiden Phasen. «So genau weiss man nicht, was eine Phase auslöst. Die Auslöser sind aber für den Betroffenen fast immer negativ behaftet. Meist folgt auf eine Manie eine depressive Phase. Die Episoden können unterschiedlich lang und intensiv sein. Es ist für Therapeuten und Angehörige schwierig, den Menschen in der Manie zu erreichen. Denn für ihn oder sie ist dann alles wunderbar.»

«Die Familien sind machtlos»

So sei es auch, anders als von Kanye West behauptet, schier unmöglich, einen psychisch Kranken gegen seinen Willen einweisen zu lassen. Denn auch wenn dieser einen Beistand hat, so sind seine Grundrechte, wie das Recht auf Freiheit, nicht eingeschränkt. «Man kann ihn oder sie zwar bei akuter Gefahr und im Notfall in die Psychiatrie einweisen. Aber wenn die Person will, wird sie am nächsten Tag meistens wieder entlassen», sagt Gregor Hasler.

Und auch Kim stellt richtig, dass sie keinerlei Möglichkeit hat, ihrem Mann gegen seinen Willen zu helfen, geschweige denn, ihn einweisen zu lassen. «Die, die sich mit psychischen Erkrankungen auskennen, wissen, dass die Familien machtlos sind, ausser, wenn der Betroffene ein Kind ist.»

«Alles und jeder ist verdächtig»

Allerdings ist Kanye West schon einmal gegen seinen Willen in eine Institution eingeliefert worden. 2016, so erzählte er 2019 in einem Interview mit Talkmaster David Letterman, 73, habe man ihn in Handschellen gelegt und mit Medikamenten ruhiggestellt. «Sie stecken dich in ein Bett und trennen dich von allen Menschen, die du kennst», erzählt der Musiker weiter. 

«Ich bin so glücklich, dass ich das erlebt habe, denn nur so kann ich erkennen, wann ich etwas ändern muss», ein Satz, der aus heutiger Sicht betroffen macht. Weiter lieferte West damals selber die absolut treffendste Erklärung für seinen aktuellen Zustand: «Du bist extrem paranoid. Alles und jeder ist für dich verdächtig. Jeder kann ein Schauspieler sein. Alles ist eine Verschwörung. Du glaubst, die Regierung implantiert dir Microchips ins Gehirn. Du glaubst du wirst überwacht. Du fühlst all diese Dinge.» 

«Der Manische merkt gar nicht, wie zerstörerisch es ist»

Eine bipolare Störung, so Experte Professor Hasler, liesse sich nur durch passende Medikamente behandeln. «Es ist wichtig, die Stimmungen zu stabilisieren, sodass es nicht mehr zu ausgeprägten Manien und Depressionen kommt. Lithium ist das bekannteste Medikament. Daneben werden die Symptome der Phasen behandelt. Wenn jemand in der Depression ist, gibt es Medikamente, die die Stimmung aufhellen. Ist er oder sie manisch, dann reguliert man das. Das Wichtigste ist aber die Prophylaxe. Sprich, dass es gar nicht erst zu den verschiedenen Phasen kommt.» Kanye West erklärte im Interview mit Letterman, dass er seine Psychopharmka nur unregelmässig nehme.

Wie es dazu kommen konnte, dass der Musiker nun so öffentlich einen Zusammenbruch erleidet, ist dem Psychologen auch klar. «Diese Menschen sind in der Manie so spontan, da kommen die Angehörigen oft gar nicht mit. Plötzlich ist etwas auf Instagram gepostet, viel Geld ausgegeben oder eine Beziehung zerstört. Der Manische aber ist von seinem Handeln so überzeugt, dass er gar nicht merkt, wie zerstörerisch es ist.»

Gregor Hasler
ZVG

Prof. Dr. med. Gregor Hasler ist Psychiater, Psychotherapeut und Neurowissenschaftler, Chefarzt an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bern, ausserordentlicher Professor an der Universität Bern und Leiter der Abteilung für molekulare Psychiatrie der Universität Bern. Haslers Arbeitsgebiete sind unter anderem bipolare Störungen und Depressionen sowie die Entwicklung neuer Therapien für affektive Störungen. Er ist ausserdem Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für bipolare Störungen.

Von Berit-Silja Gründlers am 23. Juli 2020 - 18:00 Uhr