Natürlich war «Out of Africa» über Jahre auch mein Lieblingsfilm. Seitdem liebe ich Robert Redford. Gott, war das romantisch, die Szene als er Meryl Streep die Haare gewaschen hat. Das war jenseits von sinnlich. Das war Liebe.
Irgendwann war ich sogar selber an dem See in Kenia, über den sie damals im Film geflogen sind, als sie die rosa Flamingos sahen. Und ich besuchte die Farm von Tanja Blixen, ausserhalb von Nairobi, der dänischen Autorin, deren Geschichte Regisseur Sydney Pollack 1985 zu einem Kultfilm machte – mit dem sich Robert Redford als Denys Finch Hatton in die Herzen von so vielen Kinofans brannte.
«Jenseits von Afrika» (1985): oscarprämiert und unvergessen, das Epos mit Meryl Streep über eine Liebe mit Hindernissen.
UNIVERSAL PICTURES / Courtesy Album
Der Schauspieler wird am 18. August 1936 im kalifornischen Santa Monica geboren, wächst mit einem Halbbruder in einfachen Verhältnissen auf. Er besucht die Highschool in Los Angeles und bekommt – als begabter Baseballspieler – ein Stipendium an der University of Colorado Boulder. Im selben Jahr stirbt seine Mutter, seine schulischen Leistungen nehmen rapide ab. Weil der Teenager zu oft zu tief ins Glas schaut, verliert er sein Stipendium. Er hält sich mit Jobs auf Ölfeldern um Los Angeles über Wasser. Später sagt er: «Ich war nicht traurig, dass ich mit achtzehn vom College geflogen bin. Ich ahnte immer, dass ich das Wesentliche durch das Reisen lernen würde.»
Redford geht erst nach Paris – «ich wollte Maler werden» – dann nach Florenz. Die Reisen nach Europa politisiert den jungen Redford. «Ich kam 1957 nach Paris, zur Zeit des Algerienkriegs. Die Studenten in meiner WG fragten mich nach meiner Meinung zu politischen Themen. Und ich hatte von nichts eine Ahnung! Ich habe mich so geschämt, dass ich anfing, mich mit meinem Land auseinanderzusetzen. Durch die ausländischen Zeitungen habe ich die USA aus einer besseren Perspektive kennengelernt.»
Zurück von seinen Reisen in Europa, studiert Redford in New York Theaterwissenschaften. Einige Hungerjahre muss er hinter sich lassen, bis ihm von der Bühne dann der Sprung auf die grosse Leinwand gelingt: 1969 wird er in «Butch Cassidy and the Sundance Kid» neben Paul Newman zum Weltstar.
Er trauerte der Kindheit hinterher
Über seine Kindheitsträume sagt er: «Als ich ein Kind war, träumte ich davon, älter zu werden. Jetzt, wo ich erwachsen bin, tut es mir leid, dass ich die Kindheit hinter mir gelassen habe.» Ob in Komödien wie «Barfuss im Park», 1967 mit Jane Fonda, in Gesellschaftsdramen wie «So wie wir waren», 1973 an der Seite von Barbra Streisand oder in Politthrillern wie «Die Unbestechlichen», 1976 mit Dustin Hoffman, Redford überzeugt.
Als ich den Hollywood-Star erstmals interviewte, war ich bereits eine gestandene Filmjournalistin. Und doch haben meine Knie gezittert, als ich ihn traf, den Schauspieler, den ich schon so lange so toll fand. Er war gut aussehend, substanziell, eindringlich. Seine frische Ausstrahlung behielt er bis ins hohe Alter.
Dennoch die Ernüchterung bei der ersten Begegnung: Er war so alt war wie mein Vater, im Gesicht gealtert, nicht so wie ich ihn aus «Jenseits von Afrika» im Kopf hatte. Meine Schwärmerei verflog. Aber meine Bewunderung blieb: Robert Redford spürte, dass ich nervös war. Er machte Witzchen, war charmant, ein Gentleman. Auf die Frage, was die ältere Generation von der jüngeren lernen könne, antwortete er: «Man muss jungen Menschen die Möglichkeit geben, die Welt mit ihren Augen zu sehen. Wir, die Älteren, sind womöglich müde. Junge Leute kommen mit frischen Ideen.»
Sein Privatleben hat Robert Redford unter Verschluss gehalten. 1958 heiratet er die Schauspielerin Lola Van Wagenen. Vier Kinder hat er mit ihr, Shauna, James, Amy. Sein ältester Sohn Scott, stirbt 1959 am plötzlichen Kindstod. Die Ehe zerbricht 1985. Der Mann mit den strahlend blauen Augen bleibt single, bis er 1996 die deutsche Künstlerin Sibylle Szaggars kennenlernt. Sie treffen sich am Sundance Filmfestival, der Plattform, die Redford 1981 für unabhängige Produktionen gegründet hat. Dreizehn Jahre später, 2009, sagt er vor dem Altar ja zu Sybille. Der Filmproduzent und Regisseur ist damals 72.
In Trauer: Robert Redford mit seiner zweiten Frau Sibylle Szaggars 2012 anden Filmfestspielen in Venedig.
Getty ImagesSie heiraten im Stillen, ohne Reporter, ohne Pomp, im kleinen Gotteshaus St. Severini in Kirchwerder bei Hamburg. Ob er schon ein wenig Deutsch spreche, frage ich ihn später bei einer Begegnung: «Ein bisschen. Aber ich bringe meine Frau leider nur selten dazu, mit mir Deutsch zu sprechen. Am meisten lerne ich, wenn sie mit anderen spricht. Sobald ich etwas aufschnappe, schreibe ich mir das auf. Aber von Grammatik habe ich keine Ahnung.»
Redford, der unabhängige Geist
Die beiden leben auf einer Farm in Utah, zurückgezogen vom Filmbusiness. «Die sogenannte Traumfabrik ist unbarmherzig und mächtig», erklärt er. «Ich konnte nicht innerhalb des Systems leben und habe mich daher davon ferngehalten.»
Robert Redford war zeitlebens ein prominenter Aktivist. Er kämpfte etwa gegen einen Baulöwen in Texas, der eine Naturlandschaft in ein Baugelände verwandeln wollte. Nachhaltigkeit und Umweltschutz waren ihm genauso wichtig, wie der Schutz von indigenen Völkern.
In der Literaturverfilmung «Der Pferdeflüsterer» spielt er 1998 neben Scarlett Johansson und Kristin Scott Thomas den Cowboy und Naturburschen Tom Booker. Was die Natur ihm privat bedeutete, umschrieb er so: «Unser Planet spricht gerade sehr laut und deutlich zu uns. Tornados, Dauerregen, Tsunamis, Erdbeben, Überschwemmungen – wie sollen wir dieses Chaos der Natur sonst deuten.»
«Der Pferdeflüsterer» (1998): In der Verfilmung des Romans von Nicholas Evans verkörpert er den einfühlsamen Tom Booker.
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Robert Redford war stets ein unabhängiger Geist. Als er in Cannes 2013 seinen Film «All is Lost» vorstellt, in dem er einen einsamen Segler spielt, gibt er keinem der anwesenden 4500 Medienschaffenden ein Interview. Dass er mich wenig später im Hotel George V in Paris zum Gespräch trifft, ist eine Ehre. «Ich erinnere mich an Sie», sagt er mit einem Lächeln. «Erinnern Sie sich auch an mich?»
Robert Redford wusste mit Witz manchmal auch zu vermeiden, dass man zu tief in seine Gedanken blickt. Aber er war ein grandioser Zeitgenosse. Er war das politische Gewissen Hollywoods, als George Clooney noch die Schulbank drückte. Und er brachte seine liberale Meinung auf die Leinwand, etwa in seinem Film «Von Löwen und Lämmern» aus dem Jahr 2007, in dem er den Afghanistankrieg der USA kritisch hinterfragt.
Er recherchierte stets akribisch. «Ich möchte zum Denken anregen. Ich möchte, dass wir uns die Frage stellen, wie wir hierher gekommen sind, haben wir etwas zugelassen, was wir nicht hätten zulassen dürfen», erklärte er im Interview zum Film.
«Was bedauern Sie, Mister Redford?» fragte ich ihn. «Einiges Persönliches. Was genau, werde ich nicht verraten.» Er lachte. «Ich kann aber behaupten, dass ich beruflich fast alles gemacht habe, was ich wollte und wie ich es wollte. Das macht mich sehr glücklich. Ich fühle mich reich beschenkt, dass ich diese Freiheit und Unabhängigkeit gehabt habe.»
Er wird uns fehlen
Vor einigen Jahren erlebte ich die Hollywood-Legende noch einmal in Marrakesch, wo er einen Vortrag hielt. Redford war da schon weit über achtzig und immer noch messerscharf in seinen Gedanken. Er trug Sneakers und faszinierte noch immer mit durchdringendem Blick. Es sei ihm nie besonders lieb gewesen, gleichzeitig Regisseur und Schauspieler zu sein, sagte er. Warum? «Ich kann mich selbst nicht gut inszenieren. Spielen allein ist okay. Regie führen allein ist okay. Aber mich selbst auf dem Monitor anzugucken, hasse ich!»
Mit 89 Jahren hat Robert Redford nun seine Augen für immer geschlossen. «Ich mochte mich noch nie gern in Filmen sehen.» Mit dieser Ansicht wird Robert Redford, der Grosse, Unnachahmliche, Gradlinige weit über seinen Tod hinaus, allein auf weiter Flur stehen. Uns wird er fehlen!