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Hommage zum Rücktritt

Rafael Nadal ist der coolste Champion

Mit Rafael Nadal sagt einer der grössten Tennisspieler «Adios». Er war auch für Roger Federer ein Segen. «Danke für alle unglaublichen Erfolge», ehrt der Schweizer seinen liebsten Gegner. Der Spanier spielt am Davis Cup diese Woche zum letzten Mal.

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Wucht, Leidenschaft, Kraft! Ein Bild wie ein Kunstwerk: Rafael Nadal 2019 auf dem Center-Court in Monte Carlo.

Wucht, Leidenschaft, Kraft! Ein Bild wie ein Kunstwerk: Rafael Nadal 2019 auf dem Center-Court in Monte Carlo.

Getty Images

Helden werden nicht geboren – sie müssen wachsen. Und dies in epischen Duellen mit gleichwertigen Gegnern: Bei Formel-1-Legende Ayrton Senna hiess dieser Gegner Alain Prost, bei Box-Ikone Muhammad Ali Joe Frazier. Bei Fussballstar Lionel Messi ist es Cristiano Ronaldo. Und bei Roger Federer war es Rafael Nadal. Ohne Wenn und Aber.

Der Schweizer Tennisvirtuose mit der Eleganz eines Balletttänzers hätte nie diese Strahlkraft erlangt, wenn er sich nicht immer wieder an der Urgewalt von Rafael Nadal (38) aufgerieben hätte. Der frühere Spitzenspieler und Tennisexperte Heinz Günthardt sagt dazu: «Roger wäre ohne Rafa an Grand Slams vermutlich noch erfolgreicher gewesen, er hätte aber kaum das gleiche Niveau erreicht. Gegen ihn musste er immer neue Lösungen suchen.»

Für viele Fans ist es das beste Tennisspiel ever: der Wimbledon-Final 2008. Rafael Nadal gewinnt nach einem epischen Kampf das erste Mal auf Rasen gegen Roger Federer.

Für viele Fans ist es das beste Tennisspiel ever: der Wimbledon-Final 2008. Rafael Nadal gewinnt nach einem epischen Kampf das erste Mal auf Rasen gegen Roger Federer.

Getty

Wird nach dem spektakulärsten Tennisspiel der Geschichte gesucht, ist immer wieder vom Wimbledon-Final 2008 die Rede – als Nadal gegen Federer im fünften Satz 9:7 triumphierte. Beim Matchball legte sich bereits die Dämmerung über London. Der Spanier betonte später mehrmals, dass dies sein schönster Sieg überhaupt gewesen sei.

Kampfgeist, Physis, Siegeswille

Das Königreich von Nadal war aber Roland Garros. 14 seiner 22 Grand-Slam-Triumphe errang er auf der roten Erde von Paris. Kein Spieler hat ein einzelnes Major-Turnier öfter gewonnen. Es sind aber weniger die Zahlen, die Nadal zum vielleicht grössten Spieler der Geschichte machen. Es ist sein unbändiger Kampfgeist, die perfekte Physis und sein unnachgiebiger Siegeswille. Wenn alle anderen Spieler kapitulierten und sich in die Niederlage schickten, begann der Kampf für Nadal erst richtig. Sein Feuer und seine Leidenschaft waren kaum zu überbieten. Und gleichzeitig blieb er stets ein beispielhaft fairer Sportler. Es kam vor, dass er selbst in Grand-Slam-Turnieren den Schiedsrichter überstimmte – zu seinen Ungunsten.

Der Dominator am French Open: Keiner fühlte sich auf der «roten Erde» von Paris wohler: 2005 gewinnt Nadal das Turnier im Alter von 19 Jahren zum ersten Mal.

Der Dominator am French Open: Keiner fühlte sich auf der «roten Erde» von Paris wohler: 2005 gewinnt Nadal das Turnier im Alter von 19 Jahren zum ersten Mal.

AFP

Doch ausgerechnet in Paris kündigte sich vor zweieinhalb Jahren der schleichende Abgang des Sandkönigs an. Als Nadal sein Lieblingsturnier 2022 zum 14. Mal gewann, war der Triumph von einem Hauch Melancholie umweht. Denn sein chronisches Fussleiden machte schon damals jeden Schritt zur Qual – und die Fans fragten sich: Wie lange hält der grosse Kämpfer noch durch?

Nadal zögerte das Ende hinaus. Er kämpfte um die Rückkehr – und liess die Fans immer wieder hoffen. Doch vor einigen Wochen musste der nun 38-Jährige sich geschlagen geben – diesmal war der eigene Körper der Gegner. Als er Mitte Oktober seinen Rücktritt ankündigte, tat er dies in einer vierminütigen Videobotschaft. Darin sagte er unter anderem: «Im Leben hat alles einen Anfang und ein Ende. Aber meine Karriere war viel länger und erfolgreicher, als ich es je zu träumen gewagt hatte.»

Bereits mit 15 Jahren und damit noch im Juniorenalter wird Rafael Nadal Profi. In seiner Heimat Mallorca gewinnt er am 29. April 2002 gegen Ramon Delgado sein erstes Spiel auf der Profitour.

Bereits mit 15 Jahren und damit noch im Juniorenalter wird Rafael Nadal Profi. In seiner Heimat Mallorca gewinnt er am 29. April 2002 gegen Ramon Delgado sein erstes Spiel auf der Profitour.

Imago

Eine der ersten Reaktionen auf seine Nachricht kam von Roger Federer. Auf Instagram schrieb der Schweizer: «Was für eine Karriere, Rafa! Ich hatte gehofft, dass dieser Tag nie kommen würde. Danke für all die unvergesslichen Erinnerungen und die Errungenschaften in dem Sport, den wir so lieben. Es war mir eine absolute Ehre!

Der grosse Respekt von Federer

Die Worte von Federer sind mehr als schöne Floskeln. Obwohl Roger seinem ewigen Herausforderer auf dem Court keinen Punkt schenkte, begegneten sich die beiden stets mit grösstem Respekt. Dies beeindruckte auch Heinz Günthardt: «Nie hat einer über den anderen ein böses Wort verloren. Beide waren sich bewusst, dass ihre Matches vom Niveau her Tennisgeschichte schrieben.»

Die Tränen der Freunde: In der Londoner O2-Arena bleibt im September 2022 kein Auge trocken. Nachdem Federer an der Seite Nadals sein letztes Match gespielt hat, übermannen die beiden die Emotionen.

Die Tränen der Freunde: In der Londoner O2-Arena bleibt im September 2022 kein Auge trocken. Nachdem Federer an der Seite Nadals sein letztes Match gespielt hat, übermannen die beiden die Emotionen.

Shutterstock

Die Frage nach dem grössten Tennisspieler der Historie wird nie abschliessend zu beantworten sein. Geht es um die Eleganz, ist es Federer. Nimmt man bare Zahlen als Nennwert, ist es Novak Djokovic. Sucht man aber den leidenschaftlichsten und aufopferndsten Spieler, ist es Nadal. Seine linkshändige Vorhand gilt als der unkontrollierbarste Schlag der Tenniswelt. Sie traf die Gegner wie die Faust eines Schwergewichtsboxers. Stürzte sich Nadal in den Kampf, hatten die meisten Gegner die Hoffnung bereits aufgegeben – und die Tennisfans auf der Tribüne freuten sich ob des vielleicht ehrlichsten Spiels. Auch deshalb werden wir Rafael Nadal schmerzlich vermissen.

Von Thomas Renggli am 24. November 2024 - 06:00 Uhr