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Ein Mann mit Gewissen

Schauspieler Hardy Krüger verstirbt mit 93 Jahren

Hardy Krüger hat zahlreiche Leben geführt, vom Elite-Schüler für Hitler zum Deserteur, vom deutschen Filmliebling zum Hollywood-Star, vom Weltenbummler zum Schriftsteller. Und immer dabei: ein starkes Gewissen.

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Hardy Krüger verstarb mit 93 Jahren.
Hardy Krüger verstarb mit 93 Jahren. Imago/APress

Bei Hardy Krüger von einem «bewegten Leben» zu sprechen wäre eine Untertreibung. Nur durch unverschämtes Glück und mehrere Wunder ist es zu erklären, dass Krüger den Krieg überlebt hat und eine gelungene Schauspielkarriere starten konnte.

Seine Eltern hatten ihn auf das Elite-Internat der Adolf-Hitler-Schulen geschickt, das erste Mal vor der Kamera stand er für den NS-Propagandafilm «Junge Adler». Noch während der Dreharbeiten wandelte sich seine Einstellung. Er lernte seinen langjährigen Freund Hans Söhnker (1903-1981) kennen, der Juden zur Flucht verhalf und Krüger die Augen öffnete. «Ich musste mich entscheiden: Glaube ich meinem Vater oder Söhnker?», erzählt Krüger vor wenigen Jahren in einem Interview mit «einesTages» über den «schmerzhaften Prozess» der Umerziehung, der sich über mehrere Monate hinzog.

Zeitweise wurde Krüger von Söhnker sogar als Kurier eingesetzt. Es folgte ein Doppelleben in der Schule in Sonthofen. In den letzten Tagen des Krieges wurde der 16-Jährige an der Front mit der Waffen-SS-Division «Nibelungen» eingezogen, aber weigerte sich, auf Schwarze US-Soldaten zu schiessen. Man verurteilte ihn zum Tode, er schaffte es, zu desertieren.

Der Filmstar

Nach einer weiteren gelungenen Flucht, diesmal aus der US-Kriegsgefangenschaft, ging Krüger - wortwörtlich - von Tirol nach Berlin zurück. In Hamburg wurde er schliesslich im Schauspielhaus als Statist angenommen, seine Eintrittskarte in die Welt des Schauspiels. In Deutschland wurde er schnell ein Star, doch er wollte mehr. Obwohl er wusste, dass es als Deutscher nicht leicht werden würde, ging er ins Ausland. Erst nach Paris, wo sie ihn aufgrund seiner Heimat abblitzen liessen, dann nach London, wo ihn Regisseur Roy Baker (93) entdeckte und als deutschen Jagdflieger in «Einer kam durch» besetzte. Sein internationaler Durchbruch.

Fortan spielte er an der Seite von Grössen wie John Wayne (1907-1979), Roger Moore (1927-2017) oder Sean Connery (1930-2020) und unter der Regie von Stanley Kubrick (1928-1999) oder Howard Hawks (1896-1977) und in Produktionen wie «Hatari!», «Der Flug des Phoenix» oder «Das rote Zelt». Auch mit Frankreich sollte es nun klappen: für den französischen Film «Sonntage mit Sybill» organisierte er die Finanzierung und spielte die männliche Hauptrolle. Der Film wurde 1963 mit dem Oscar als bester ausländischer Film ausgezeichnet. Krüger erhielt Preise wie das Grosse Verdienstkreuz, den Bayerischen Filmpreis, die Goldene Kamera, den Bundesfilmpreis, etc - und begann wieder ein neues Leben.

Der Reisende

Ab den Achtziger Jahren zog er sich zunehmend vom Schauspielen zurück. Vom Reisen berichtete er in seinen filmischen und preisgekrönten Reiseerzählungen «Weltenbummler». Mit seinem Buch «Eine Farm in Afrika» erzählte er von seiner zweiten Heimat, einer Farm am Fusse des Kilimandscharo, und startete eine Schriftstellerkarriere.

Privat führte er drei Ehen, bekam drei Kinder und lebte mit seiner dritten Frau, der amerikanischen Fotografin und Autorin Anita Park, über 40 Jahre abwechselnd in Kalifornien und Deutschland. Über Liebeleien und Skandale ist nicht viel bekannt, nur die Beziehung zu seinem Sohn Hardy Krüger junior (53), ebenfalls Schauspieler, sorgte zeitweise für Schlagzeilen - Vater und Sohn sollen jahrelang keinen Kontakt gehabt haben.

Zu seinen Freunden zählte Hardy Krüger laut seiner Website neben seiner grossen Inspiration Hans Söhnker auch Namen wie Helmut Schmidt (1918-2015), James Stewart (1908-1997) oder Richard Attenborough (1923-2014).

Der Aktivist

Doch noch wichtiger war ihm vermutlich der Unterpunkt «Feinde» auf seiner Website. Dort macht er seinem Zorn über Hakenkreuz-Schmierereien und Nazis im Landtag Luft. «Ich bin als Nazi auf einer Adolf-Hitler-Schule erzogen worden und ich sage es mit aller Wucht. Nazis sind meine Todfeinde», zitiert ihn die «Bild am Sonntag».

Er gründete und unterstützte bis ins hohe Alter Organisationen, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzen. Er besuchte Schulen, hielt Vorträge, gab viele Interviews, in denen er über Themen wie Schuld und Verantwortung sprach, immer auch an seinem eigenen Beispiel. Dem «Spiegel» erklärte er 2019: «Die Politikverdrossenheit hat in den Dreissigerjahren mit dazu geführt, dass Hitler überhaupt möglich wurde. Wir müssen unseren Politikern auf die Finger schauen, dürfen uns aber nicht von ihnen abwenden.»

Am 19. Januar 2022 ist Hardy Krüger im Alter von 93 gestorben. Der Welt hat er mehr als nur einige Filmklassiker hinterlassen.

Von spot on news AG am 20. Januar 2022 - 16:52 Uhr