Was war der Kerl im Feinrippunterleibchen für eine erfrischende Figur im Actionhelden-Olymp der 90er-Jahre! All die Rockys, Rambos und Terminators waren grösser, böser und breiter als Bruce Willis. Der hatte schon mit Anfang 30 hohe Geheimratsecken. Seine Muskeln waren für einen Helden recht bescheiden – sein Sixpack und sein Bizeps eher derart, was frau auch daheim in Bad und Bett zu sehen bekommt. Als Posterboy liefen ihm Richard Gere, Harrison Ford oder Mel Gibson meilenlang den Rang ab. Willis hatte aber was, das die andern nicht hatten: Coolness. Selbstzweifel. Witz.
Er punktete mit seinem Mundwerk. Keiner hatte so sarkastische Sprüche drauf wie er. Damit machte er das adrenalinsaure Actiongenre auch für ein weibliches Kinopublikum erträglich. Einnehmend auch, dass er bei seinem Leinwanddebüt in den «Die Hard»-Filmen nicht wie James Bond gleich die ganze Welt, sondern allein seine Liebste retten wollte. Die hatte sich von ihm getrennt und erst noch den besseren Job (Managerin) als er (Streifenpolizist), das gab den Krawallstreifen die nötige Spur Romantik und dimmte den genreüblichen Machismus ein paar Grade herunter. Als John McClane in «Die Hard» sprach er auch den Satz, der zu einem der berühmtesten Filmzitate wurde: «Yippie-Ya- Yay, Schweinebacke». Im Original hiess die Schweinebacke wenig originell Motherf***er. Willis soll sich über die Übersetzung amüsiert haben, er sprach ein wenig Deutsch.
Geboren wurde er am 19. März 1955 in Idar-Oberstein als Sohn eines dort stationierten US-Soldaten und einer deutschen Mutter. Sein Taufname lautete Walter Bruce Willis – Walter fiel nach dem Umzug der Familie drei Jahre später nach New Jersey weg. Dass Bruce Willis Schauspieler wurde, geht ironischerweise auf einen Sprachfehler zurück. Als Schüler stotterte er heftig. Als Therapie dagegen machte er im Schultheater mit – es half! Im College setzte er den Schauspielunterricht fort und jobbte als Mechaniker, Lastwagenfahrer, Wachmann – und als Model! 1984 tanzt er im allerersten Werbespot von Levi’s mit einer 501-Jeans und einer Föhnfrisur. Bei einem Job als Barkeeper entdeckt ihn ein Talentscout, Bruce bekommt eine winzige Rolle als Barman.
Ab 1985 ist Neuling Willis vier Jahre lang in der TV-Serie «Das Model und der Schnüffler» engagiert. Dass er mit «Die Hard» 1988 die grosse Chance bekommt, verdankt er den Absagen von Sylvester Stallone, Harrison Ford, Mel Gibson und Richard Gere – und der Schwangerschaft von Cybill Shepherd, seiner Partnerin in der Serie. Ohne die einjährige Drehpause hätte er die Rolle des sarkastischen Bullen John McClane nicht übernehmen können. Sie macht ihn über Nacht zum Weltstar und reich! Fünf Millionen Dollar Gage – Tom Cruise oder Michael J. Fox, die damaligen Top Shots, müssen sich noch mit drei Millionen zufriedengeben. «Fünf Millionen Dollar waren eine enorme Menge Geld – für einen Fernsehschauspieler», meint Willis später. Ein nettes Trostpflaster für die Tatsache, dass er sich beim Dreh einen Hörverlust zuzieht. Er hat eine Waffe zu nah an seinem Ohr abgefeuert. Fortan hört er linksseitig noch einen Drittel. Bei Interviews scherzt er gern, man dürfe ihn gern anschreien.
Schon im Jahr zuvor läufts für Bruce Willis rund: Er heiratet 1987 das Starlet Demi Moore, ein Jahr später kommt Tochter Rumer zur Welt, 1991 Scout LaRue und 1994 Tallulah Belle. Ein Projekt mit seiner Frau schlägt er aus: Er war als Geist in «Ghost» vorgesehen, will aber keinen Toten spielen. Patrick Swayze springt in die Lücke und wird weltberühmt. Das Totmann- Manöver holt Willis 1999 mit dem Mystery-Thriller «The Sixth Sense» nach, einer seiner seltenen Abstecher ins ernste Fach. In Dutzenden Filmen bleibt er der Rolle als einsamer Retter und Rächer bis zum krankheitsbedingten Karriere-Aus vor einem Jahr treu.
Der Name Bruce Willis liess die Kinokassen klingeln. Auch in Arthouse-Filmen brillierte er: in Luc Bessons «The Fifth Element», Quentin Tarantinos «Pulp Fiction» oder Terry Gilliams «12 Monkeys». Berufliche Seitensprünge machte er als Musiker – sehr erfolgreich übrigens – und als Moderator. Willis hostete 2003 anstelle des erkrankten David Letterman die berühmte US-Talkshow. 2006 überrascht er Letterman mit einem Striptease vor laufender Kamera – er wirbt für den gleichnamigen Film von Demi Moore.
Das Paar war seit 2000 geschieden, sein Werbeauftritt für die Ex legte nahe, wie einvernehmlich die Trennung war. Beide hatten sich wieder verheiratet und zeigten sich gern als glückliche Patchworkfamilie in den sozialen Medien. Für seine Töchter lernt Willis sogar kochen. Mit 60 sagt er, stolz mit den Töchtern Mabel und Evelyn und Ehefrau Emma Heming an der Seite: «Ich war noch nie so happy wie jetzt. Ich fühle mich wie ein Höhlenmensch, der seine Familie beschützt, liebt, für sie lebt.» Er sei viel lieber ein guter Vater als ein guter Schauspieler. Seine frühere Prophezeiung, er mache so lange mit Actionfilmen weiter, wie er «eine Knarre halten und sich auf das Dach eines Hochhauses schleppen» könne, wurde durch die Diagnose Aphasie letztes Jahr und die frontotemporale Demenz jetzt leider schon mit 67 Jahren wahr.