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Manuela Frey als SRK-Botschafterin in Togo

«Diese Reise hat mein Denken verändert»

Als Botschafterin des Schweizerischen Roten Kreuzes reist Model Manuela Frey nach Togo. Mit berührenden Geschichten von Menschen, denen durch Spenden nicht nur das Augenlicht, sondern auch eine Perspektive geschenkt wurde, kehrt sie nach Hause zurück.

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Portrait de Yakoubou avec l'ambassadrice de la croix rouge suisse ©Enok Tsevi/SRK/Fairpicture

Wegen beidseitigem Katarakt war Komivi Yakoubou bis vor Kurzem blind. SRK-Botschafterin Manuela Frey erzählt er, wie eine Augenoperation sein Leben verändert hat.

enok Tsevi / Croix rouge suisse / Fairepicture

Komivi (14) rennt einem Bündel hinterher, das die Kinder des Dorfes als Fussballersatz aus Abfall geschnürt haben. Der Bub lacht fröhlich. Eine Szene, wie man sie in abgelegenen Dörfern des westafrikanischen Landes Togo häufig beobachten kann. Doch dem Aargauer Model Manuela Frey (27) geht sie nicht mehr aus dem Kopf. Denn an diesem Moment war nichts selbstverständlich: nicht, dass Komivi einem Ball nachrennt. Nicht, dass er mit anderen Kindern spielt. Nicht, dass er sorgenfrei lacht.

Der Teenager war nämlich fast sein ganzes Leben lang blind. Erst im vergangenen Dezember wurde ihm im Rahmen eines Projekts des Schweizerischen Roten Kreuzes SRK das Augenlicht geschenkt. Wie genau den Menschen vor Ort geholfen wird, davon hat sich die SRK-Botschafterin selbst ein Bild gemacht.

Manuela Frey, warum sind Sie nach Togo gereist?

Als Botschafterin trage ich die Arbeit der grössten humanitären Organisation der Schweiz nach aussen. Dank der Reise konnte ich mir einen Eindruck verschaffen, wo die SRK-Spendengelder ankommen.

Welchen Eindruck hatten Sie von Land und Leuten?

Togo ist eines der ärmsten Länder der Welt. Was das bedeutet, habe ich am ersten Tag beim Besuch einer Augenklinik in der Kleinstadt Notsé realisiert. Das medizinische Personal ist darum bemüht, einen Hygienestandard einzuhalten. Die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen, sind jedoch rudimentär. Aber die Menschen tragen einen grossen Reichtum im Herzen. Sie haben viel weniger als wir und strahlen dennoch Zufriedenheit und Herzlichkeit aus.

Warum hat die Begegnung mit dem Jungen Komivi Sie besonders berührt?

Weil er mir sein Schicksal erzählte – mithilfe von Händen, Füssen und einem Übersetzer. Komivi war wegen des grauen Stars schon als kleiner Junge blind und litt sehr darunter. In der Schweiz kann man die getrübte Augenlinse einfach operativ durch eine künstliche ersetzen. Das ist eine Sache von 20 Minuten. Aber für Komivi bedeutete die Blindheit: keine Schule, kaum Freunde. Und – das fand ich das Traurigste – er erfuhr keine Wertschätzung. In Togo werden blinde Menschen oft als «inutile» bezeichnet, als nutzlos.

Auch von seiner Familie?

Seine Eltern erzählten mir, dass sie wegen der Blindheit ihres Sohnes absolut verzweifelt waren. Die Familie ist sehr arm, sie besitzt nur ein Feld und ein paar Ziegen. Alle müssen mit anpacken. Ein blindes Kind bedeutet eine enorme Zusatzbelastung. Es kann weder mithelfen noch in Zukunft für sich selbst aufkommen. Die Eltern wussten auch bis vor einem Jahr nicht, dass die Blindheit ihres Sohnes heilbar ist und dass es in ihrem Land ein Programm gibt, das Menschen hilft, die sich diese Operation nicht leisten können.

L'ambassadrice de la croix rouge Emmanuela et la famlle de Yakoubou aux champs ©Enok Tsevi/SRK/Fairpicture

Manuela Frey lässt sich von Komivi Yakoubou zeigen, wie die Arbeit auf dem Feld geht. Dessen Familie besitzt auch noch ein paar Ziegen.

enok Tsevi / Croix rouge suisse / Fairepicture

Wie haben sie davon erfahren?

Durch eine Informationsveranstaltung des Togolesischen Roten Kreuzes im Nachbardorf.

Wurde dem Jungen die Operation durch das SRK bezahlt?

Grösstenteils. Eine Augenoperation kostet in Togo umgerechnet ungefähr 50 Franken. Rund sechs Franken musste die Familie selber aufbringen, den Rest übernahm das Rote Kreuz. Für die Wertschätzung der Leistung ist es wichtig, dass Betroffene nach ihren finanziellen Möglichkeiten einen Beitrag leisten.

Das Projekt

Weltweit leben 43 Millionen blinde Menschen. 90 Prozent von ihnen sind an Krankheiten erblindet, für die es Heilung gäbe. Weitverbreitet sind Erblindungen aufgrund von Katarakt, dem grauen Star. Mit einer einfachen Operation kann die trübe Linse durch eine Kunstlinse ersetzt werden, die eine klare Sicht ermöglicht. Doch in ärmeren Regionen haben viele Menschen dazu keine Möglichkeit. Nebst dem Wissen fehlt oft die Infrastruktur. Denn Augengesundheit hat in der Gesundheitspolitik vieler Länder keine Priorität. Monika Christofori-Khadka, Gesundheitsexpertin beim Schweizerischen Roten Kreuz SRK, bedauert dies: «Es gibt keine vergleichbare Massnahme, bei der in so kurzer Zeit mit so wenig Geld eine so grosse und nachhaltige Verbesserung erzielt werden kann.» Das SRK setzt sich dafür ein, dass benachteiligte Menschen in Bangladesch, Kirgistan, Nepal, Südsudan und Togo Zugang zur Augenmedizin haben. Im vergangenen Jahr erhielten dank diesem Engagement 3839 Menschen das Augenlicht geschenkt. Eine Spende von 50 Franken finanziert eine Operation bei grauem Star.

Chantal Ayena 15 ans a des problèmes des yeux, elle vient consulter au Centre hospitalier préfectoral ( CHP) de Notsè chez le technicien supérieur d'ophtamologie Massede Komlan ©Enok Tsevi/SRK/Fairpicture

In der Stadt Notsé hat das SRK eine augenmedizinische Klinik eingerichtet. Auch Fehlsichtigkeit wie bei dieser Patientin wird hier behandelt.

enok Tsevi / Croix rouge suisse / Fairepicture

Wie hat sich Komivis Leben seit der Operation verändert?

Er ist sehr stolz, dass er sich nützlich machen kann. Und er hat grosse Pläne: Ab Herbst will er die Schule besuchen und alles nachholen, was er verpasst hat. Dass er sich zwischen Kinder im Alter seiner kleinen Schwester setzen muss, ist ihm egal.

Meist erkranken ältere Menschen am grauen Star. Wie trifft es sie?

In einer Gesellschaft, in der alle mit anpacken müssen, bedeutet die Erkrankung eine existenzielle Not für die ganze Familie. Ich habe eine 71-jährige Frau getroffen, Abra Mayaba, die ebenfalls wegen des grauen Stars erblindet war. Ihre Enkelin kam jeden Morgen vor der Schule zu ihr und half ihr beim Waschen, Anziehen und Haushalten.

Mayaba Abra 70 ans va cherché de l'herbe pour ces chevres ©Enok Tsevi/SRK/Fairpicture

Abra Mayaba war vier Jahre lang blind. Die Familie der 71-Jähringen bezahlte den Selbstbehalt für die Augenoperation mit einer Ziege.

enok Tsevi / Croix rouge suisse / Fairepicture

Wurde die 71-Jährige ebenfalls operiert?

Ja. Und davon profitiert auch die Enkelin, die wieder ausgeschlafen zur Schule gehen kann. Mir wurde auf dieser Reise klar: Wenn ein blinder Mensch durch eine Spende wieder sehen kann, schenkt man ihm mehr als das Augenlicht.

Was noch?

Eine Perspektive, um aus dem Armutskreislauf auszubrechen: die Möglichkeit, in die Schule zu gehen oder einen Beruf zu lernen, Geld zu verdienen oder die Familie beim Erwirtschaften des täglichen Bedarfs zu unterstützen.

Hat die Reise Sie verändert?

Einmal mehr habe ich festgestellt, was für ein Privileg wir in der Schweiz geniessen. Bei uns sind eine ordentliche Grundbildung und ein soziales Auffangnetz ganz selbstverständlich. Und den Betrag, den so eine Operation kostet, geben viele von uns für Unnötiges aus. Ich denke seither anders über den Wert einer 50er-Note nach.

Wofür haben Sie diesen Betrag zuletzt ausgegeben?

Für ein Geschenk. Ich habe Komivi versprochen, ihm einen Fussball senden zu lassen. Den wird er brauchen, jetzt, wo er endlich mitspielen kann!

So unterstützen Sie das SRK

Spenden: IBAN CH97 0900 0000 3000 9700 0
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Diese Reportage entstand in Zusammenarbeit mit dem SRK

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 7. September 2024 - 15:00 Uhr