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St. Moritz gedenkt der Queen

Trauer in der grössten britischen Enklave der Schweiz

Im Winter geht es im halsbrecherischen Tempo talwärts. Nun herrscht leise Trauer. Über dem Cresta Run in St. Moritz wehrt die britische Fahne auf Halbmast.

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Britische Fahne auf Halbmast am Cresta Run in St. Moritz

Bis hoch nach St. Moritz zeigt man sich über den Tod von Queen Elizabeth II. erschüttert. 

ZVG

Der Tobogganing Club in St. Moritz, die Vereinigung der Skeleton-Fahrer, ist die grösste britische Enklave der Schweiz. Im Klubhaus ist alles «very british», getrunken wird feiner Single Malt, gesprochen im noblen Oxford-English. Rund die Hälfte der 1240 Mitglieder stammt aus dem Vereinigten Königreich – darunter Präsident James Sunley und CEO Martin Greenland. Als Schirmherrin des Vereins waltet Duchess Sophie, Countess of Wessex, Ehefrau von Prinz Edward.

Entsprechend hat der Tod von Queen Elizabeth II. auch im Engadin tiefe Bestürzung ausgelöst. Martin Greenland sagt: «Die Queen hat unser Land geführt und geeint, ohne dass sie politische Macht besass. Sie hinterlässt eine grosse Lücke.» Persönlich traf Greenland die Queen zweimal – als er in seiner Jugend im schottischen Morayshire dieselbe Schule besuchte wie Prinz Andrew. Auf die Frage, ob er bei dieser Gelegenheit mit der Monarchin gesprochen habe, antwortet er lächelnd: «Mit einer Königin spricht man nicht – man wartet, bis man von ihr angesprochen wird.»

Schneller als die Eisenbahn

Ansonsten sind die Mitglieder des Tobogganing Clubs weniger zurückhaltend. Ihr Hobby ist die rasante Schussfahrt durch den Cresta Run. Dabei handelt es sich um die schnellste Verbindung zwischen St. Moritz und Celerina. Rekord: 49,92 Sekunden – aufgestellt 2015 vom irischen Baron Clifton Hugh Lancelot de Verdon Wrottesley und mit Dutzenden Flaschen Whisky begossen. Die Rhätische Bahn braucht weniger Sprit, aber vier Minuten und 50 Sekunden länger. Die spektakulärste Kurve des Cresta Run heisst «Shuttlecock Corner» (Federballecke). Dort fliegt laut Statistik jeder 14. Fahrer ins vorsorglich aufgeschichtete Stroh und darf deshalb Member des «Honorable Shuttlecock Club» werden und die Shuttlecock-Krawatte tragen.

Sturz beim Cresta Run in St. Moritz

Der Cresta Run ist nichts für schwache Nerven: Jeder 14. Fahrer fliegt ab ins Stroh. 

ullstein bild via Getty Images
Halbmast trotz Sommerpause

Sogar die Londoner «Times» berichtete schon über die Events, obwohl nicht immer ein Brite siegt. Zwischen 1948 und 1986 gewann der St. Moritzer Gemüsehändler Nino Bibbia 232 Mal. Sein schärfster Rivale kam auf 36 Erfolge. Er war Engländer wie, of course, alle Tobogganing-Chairmen. So weht über dem Cresta Run der britische Geist. Dies ist in diesen Tagen trotz Sommerpause am Klubhaus besonders deutlich sichtbar: Nach dem Tod der Queen wurde der Union Jack umgehend auf Halbmast gesetzt

Von Thomas Renggli am 10. September 2022 - 07:09 Uhr