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Biografie von Virginia Giuffre

Britische Königsfamilie startet Operation «Saubere Krone»

Erschütternd, ernüchternd, abrechnend. Auch nach dem Ableben von Prinz Andrews Anklägerin bringt Virginia Giuffre (†41) das britische Königshaus in Bedrängnis.

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Andrew, der ehemalige Lieblingssohn von Queen Elizabeth II., gibt seine Adelstitel zurück. Bis auf seinen Geburtstitel Prinz.

Andrew, der ehemalige Lieblingssohn von Queen Elizabeth II., gibt seine Adelstitel zurück. Bis auf seinen Geburtstitel Prinz.

Getty Images

Sie ist tot, doch ihre Stimme hat überlebt und wird zum Mahnmal. Für Opfer von sexuellem Missbrauch. Virginia Giuffres (†41) Worte, die am 21. Oktober in ihrer posthum erschienen Autobiografie «Nobody's Girl» auf 400 Seiten in Englisch erscheinen, hat bereits im Vorfeld den tiefen Fall des britischen Prinzen Andrew (65) vorangetrieben. Auf Druck der britischen Königsfamilie, der Öffentlichkeit und aus Angst vor neuen Enthüllungen im Buch, gibt er seine royalen Titel und Ehren auf. Virginia Giuffre legt in ihren Worten ein letztes unumstössliches Zeugnis ab. Es ist ihre persönliche, emotionale Erzählung.

Als Teenager gefangen im Netz des verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein (1953–2019) und seiner Gehilfin Ghislaine Maxwell (63), die vor vier Jahren wegen Menschenhandels sowie sexueller Ausbeutung Minderjähriger verurteilt wurde. Und dem einstigen Lieblingssohn von Queen Elizabeth II. (1926–2022) zum Verhängnis wurde. Virginia Giuffre warf Prinz Andrew erstmals vor sechs Jahren öffentlich vor, sie mit 17 Jahren vergewaltigt und dreimal zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben. Er bestritt, sie überhaupt gekannt zu haben. Ein gemeinsames Foto jedoch beweist, dass dies nicht stimmte. Auch bei der Abgabe seiner Titel blieb er in seiner Behauptung standhaft, die von Giuffre gegen ihn erhobenen Vorwürfe würden nicht stimmen.

Im Kampf um Gerechtigkeit

Blick hat die Autobiografie schon gelesen. Im Untertitel schreibt Virginia Giuffre auf Deutsch: «Meine Geschichte von Missbrauch und dem Kampf um Gerechtigkeit». Gewidmet hat es die US-Amerikanerin: «meinen überlebenden Schwestern und allen, die sexuellen Missbrauch erlitten haben». Schon zu Lebzeiten wollte sie ihren Ruf nach Gerechtigkeit laut verkünden, Prinz Andrew wegen sexueller Übergriffe an ihr vor Gericht ziehen. Sie erhob vor Zivilgericht Anklage gegen ihn in New York. Dieser Paukenschlag, der ihrem Ruf nach Gerechtigkeit die Resonanz verliehen hätte, verstummte im März 2022 mit einem aussergerichtlichen Vergleich zwischen ihr und Prinz Andrew über eine unbestimmte Summe. Insider sprachen von einer Zahlung von 12 Millionen Pfund (damals rund 15 Millionen Franken). Geld, das von der Queen bezahlt worden sei, damit die eingereichte Zivilklage in einer Amtsschublade ad acta gelegt wurde. Prinz Andrew entkam so auch einer Verurteilung, daher gilt er als unschuldig.

Über all die Jahre, die Prinz Andrew und seine Ex-Frau Sarah Ferguson (66) verbinden – und die ihren Titel Herzogin von York jetzt ebenfalls verlieren wird – bleibt vor allem eines haften: Lügen! Andrew behauptete immer, Virginia Giuffre nie begegnet zu sein und von Epsteins Übergriffen nichts gewusst zu haben. Auch er und Fergie versicherten stets, den Kontakt zu Epstein abgebrochen zu haben. Doch nun schlägt die britische Presse Alarm: Selbst die sonst so charmante Ex-Herzogin hat demnach die Wahrheit verdreht. Auch nachdem Epsteins abscheuliche Taten bekannt wurden, nannte sie ihn einen Freund, liess sich von ihm mit Luxus verwöhnen und bettelte angeblich regelrecht um sein Geld – das er ihr schliesslich gewährte.

Die Regeln der künftigen Monarchie

Die Moral der britischen Königsfamilie ist hoch, der Anspruch des Volkes nach Transparenz und Ehrlichkeit ebenfalls. Dokumente, Anwaltsschreiben, E-Mails zeigen: Es braucht Konsequenzen. Und Antworten auf die Frage, wie stark steht die britische Monarchie am Abgrund? Der deutsche Monarchie-Historiker und Adelsexperte Leonhard Horowski (53) analysiert für die Schweizer Illustrierte die Auswirkungen von Virginia Giuffres Autobiografie. «Prinz Andrew aus den royalen Rängen zu verbannen ist keine panische Reaktion der Königsfamilie, sondern ein strategischer Schachzug.» Als treibende Kraft und Vollstrecker einer neuen, unnachgiebigen Doktrin habe Kronprinz William (43) seinen Vater König Charles III. (76) zum Handeln gezwungen. William und seine Gattin Prinzessin Kate (43), die Ikone von Pflicht und Würde, würden damit die Regeln ihrer künftigen Monarchie definieren: «Null Toleranz!», so der Buchautor von «Das Europa der Könige.»

In Prinz Andrew sieht der Experte «das Resultat einer verheerenden Mischung aus grenzenlosem Privileg und dem Gefühl, unantastbar zu sein. Lange beschützte ihn die Nachsicht seiner Mutter. Jetzt wird er jedoch Opfer der Operation ‹Saubere Krone›, die von William und Kate angeführt wird.» König Charles und sein Erbsohn William würden «das kranke Glied amputieren, um den Körper zu retten». Allerdings sei die Wirkung begrenzt, weil «Andrews Prinzentitel und Erbrecht fast unzerstörbar sind – das Parlament müsste ein Spezialgesetz erlassen, wie das gegen einen Königsbruder zum letzten Mal 1478 geschah – er wurde dann in einem Fass Wein ertränkt». Dennoch sieht Horowski keine existenzielle Gefahr für die Monarchie. «Das Ansehen der britischen Königsfamilie ist gut genug, um diesen Skandal zu überstehen – aber nur, weil sie sich von Andrew distanziert.»

Flavia Schlittler Ringier Verlag
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Von Flavia Schlittler vor 11 Stunden