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Schweizer Botschafter in London

«Ich spüre eine stille, aber tiefe Trauer»

Er ist unser Schweizer in London! Markus Leitner erlebt als ­Botschafter die schweren Stunden im englischen Königreich.

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Suisse Ambassador Markus Leitner at his embassy residence in London, ahead of the service of rememberance at St Pauls Cathedral.

Der Schweizer Botschafter im Vereinigten Königreich. Zuvor war Markus Leitner, 56, Botschafter in Ägypten und im Iran. Der Zürcher ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Mark Chilvers

Ein Land trauert um seine Königin! Die Fahnen vor der Schweizer Botschaft in London stehen auf halbmast. Markus Leitner, 56, sorgte selber dafür: «Das ist einer dieser Momente, die ich nie vergessen werde.»

Herr Botschafter, was ging in Ihnen vor, als Sie vom Tod der Queen erfahren haben?
Ich war bei einer Ansprache im britischen Aussenministerium, in der sogenannten Locarno-Suite, benannt nach dem Locarno-Abkommen von 1925. Als wir die Nachricht vernahmen, wurde es ganz still. Jeder ging für sich aus dem Ministerium. Ich dachte mir noch, wie viel Glück wir im April hatten.

Damals empfing die Königin unseren Bundespräsidenten Ignazio Cassis. Sie waren dabei.
Die Queen freute sich auf den Besuch, ging ohne Stock und strahlte richtig. Ich habe den Bundespräsidenten und seine Frau Paola zum Schloss Windsor begleitet, bis zum privaten Flügel der Königin. Dort musste ich warten. Das Treffen dauerte 40 statt wie geplant 20 Minuten. Das war ein gutes Zeichen. Dann machte die Königin die Tür auf und stand da. Das war das letzte Mal, dass ich sie persönlich gesehen habe.

Wie erleben Sie jetzt die Stimmung in London?
Am Morgen nach dem Tod der Queen fuhr ich zum Buckingham-Palast. Da standen Männer und Frauen im Businessanzug, die auf dem Weg zur Arbeit Blumen für die Königin niederlegten. Das hat mich an das Motto der Queen erinnert: «Keep calm and carry on». Ruhig bleiben und weitermachen. Und genau das tun die Britinnen und Briten jetzt.

Wie gehts den lokalen Angestellten der Schweizer Botschaft?
In den Gesprächen mit meinen Mitarbeitenden habe ich eine stille, aber tiefe Trauer gespürt. Alle sagen, welche Erinnerungen sie mit der Queen verbinden. Jemand erzählte, wie er die Königin an einer Veranstaltung sah und sie ihn anlächelte – nur eine kleine Geste, aber ihm bedeutete sie viel. Das hat mich berührt.

Gibt es für Sie nun ein protokollarisches Vorgehen?
Ja, wir haben einen genauen Plan. Das Vorgehen ist abgestützt auf das britische Protokoll, angepasst auf unsere Verhältnisse. Im Moment befinden wir uns noch immer mitten im Ablauf – bis zur Abdankungsfeier.

Was müssen Sie beachten?
Die auf halbmast gesetzten Fahnen mussten bei der Ausrufung des neuen Königs für einen Tag rauf – und nach 24 Stunden wieder runter. Anlässe auf der Botschaft sagten wir ab, jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Feierlichkeiten. Und wir tragen dunkle Farben.

Die Schweiz als zutiefst demokratisches Land hat es ja nicht so mit den Adligen. Warum schwärmen trotzdem viele für die Queen?
Von Churchill über Eisenhower bis zu Thatcher – sie hat Politik seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf höchstem Niveau miterlebt. Das macht sie zu einer historischen Figur. Ihre Lebensleistung, ihre Disziplin, ihre Beständigkeit beeindrucken. Für viele Schweizerinnen und Schweizer, auch für mich, war sie ein Symbol für das, was wir an den Briten mögen. Ihren Humor inbegriffen.

Als Sie letztes Jahr Botschafter wurden, führten Sie und Ihre Frau Doris einen 15-minütigen Videoanruf mit der Königin. Wie lief dieser ab?
Wir wurden in einer offenen Kutsche in den Buckingham-Palast gefahren. Dort wurde die Königin aus Windsor zugeschaltet. Also war ich quasi in zwei Palästen gleichzeitig. Was wusste die Queen über die Schweiz? Sie hat erzählt, dass ihre Familie, die Kinder und die Enkelkinder, regelmässig für Skiferien da waren und ihr davon erzählten. Und dass sie bedauert, dass sie nicht öfter in der Schweiz sein konnte. Sie hatte starke Sympathien für unser Land.

An welchen Veranstaltungen rund um die Beerdigung werden Sie teilnehmen?
Ich werde im Kondolenzbuch unterschreiben und der Queen in der Westminster Abbey die letzte Ehre erweisen, wo sie aufgebahrt ist. Für die Abdankung wird Bundespräsident Ignazio Cassis anreisen. Ich begleite ihn, soweit es geht, werde allerdings nicht in der Kirche dabei sein.

SD
Silvana DegondaMehr erfahren
Von Silvana Degonda am 17. September 2022 - 12:02 Uhr