Dass im dänischen Königshaus aktuell Feuer unterm Dach ist, hat weniger damit zu tun, dass sich Margrethe II. von Dänemark, 82, eine Karelia nach der anderen ansteckt. Rund 30 der als starker Tabak geltenden griechischen Zigaretten pafft die Königin noch täglich – und das seit Jahrzehnten.
Die Köpfe rauchen lässt dieser Tage innerhalb der royalen Familie vielmehr das als unorthodox angesehene Handeln Margrethes II., die seit 50 Jahren als Monarchin auf dem Thron sitzt. Als Verfechterin einer Monarchie, «die mit der Zeit geht», gab sie bekannt, auf Anfang 2023 ihren vier Enkelkindern Nikolai, 23, Felix, 20, Henrik, 13, und Athena, 10, deren Titel als Prinz und Prinzessin zu entziehen. Obwohl alle ihren Platz in der Erbfolge behalten, wie der Hof versichert, sorgt dieser Entscheid für dicke Luft bei Margrethes jüngstem Sohn Joachim, 53, dessen Kinder künftig «nur» noch als Grafen beziehungsweise Gräfin von Monpezat auftreten.
Keine Monarchin sonst ist wie Margrethe. Als sie 1972 Dänemarks Thron besteigt, tut sie es als erste Frau in 560 Jahren. Es ist ihr Verdienst, dass aktuell vier von fünf Dänen angeben, hinter dem Königshaus zu stehen. Anlässlich des 50-Jahr-Thronjubiläums im Januar preist Dänemarks älteste Tageszeitung «Berlingske» Margrethes «einigende Kraft in einer zunehmend fragmentierten Welt». Die liberale «Politiken» attestiert ihr «Stil, Würde und Persönlichkeit», erklärt gar, die Königin sei mit ihrer Kultivierung des Künstlerischen und des Intellektuellen «eine 68erin».
Königin und Künstlerin
Ihre künstlerische Ader lebt die Königin seit je aus – neben den offiziellen Pflichten. Sie malt und koloriert, stellt Landschaftsbilder in Galerien aus, illustrierte unter dem Pseudonym Ingahild Grathmer das Cover der dänischen «Herr der Ringe»-Ausgabe und übersetzte mit ihrem 2018 verstorbenen Ehemann Henri unter anderem Simonede Beauvoir ins Dänische. Die ehemalige Balletttänzerin entwirft bis heute Theater-und Ballettkostüme sowie Gewänder für kirchliche Würdenträger.
Margrethe, die streng darauf achtet, sich nicht in parteipolitischen Alltagskram einzumischen, scheut sich jedoch nicht, den Dänen auch mal ins Gewissen zu reden. In ihren Neujahrsansprachen spricht sie über Selbstsucht, Einsamkeit, Intoleranz und Antisemitismus. Schon vor 40 Jahren legt sie ihren Landsleuten nahe, Ausländern gegenüber «bitte auf dumme Kommentare zu verzichten».
Die Königin, die Humor beweist
Jahre später appelliert sie an Zuwanderer, sich doch besser in die dänische Gesellschaft einzufügen. Dass ihre Monarchin Humor hat, erleben die Dänen auch in der Pandemie. Aus der Zeit kursiert ein Video, das die Königin zeigt, wie sie sich in Heimisolation die Zeit vertreibt: Aus Buntpapier bastelt sich die 80-Jährige eine Dackelmaske, setzt sie sich auf den Kopf und wackelt damit, als wäre sie selbst ein Hund. Apropos Vierbeiner: Seit den 1970er-Jahren ist Margrethes Faible für Dackel bekannt. 1993 ruft sie das Volk gar auf, ihr bei der Suche nach dem verschwundenen Zenobie zu helfen. Tagelang durchstreifen Hunderte Dänen die Wälder. Dackel Zenobie aber bleibt verschwunden, wohl Opfer eines Fuchses.
Obschon sie als Dame gilt, sorgt Margrethe durchaus auch für Entsetzen: In einer Neujahrsansprache kramt sie aus einer Schublade ein zusammengeknülltes Nastüechli hervor und schnäuzt lauthals vor laufender Kamera. Sie ist Namensgeberin der Margrethe-Rührschüssel – ein Designklassiker. Ihr Onkel Sigvard Bernadotte verpasste dem von Jacob Jensen entworfenen Küchenutensil 1950 den Namen der Nichte.
Im Buch «Unterwegs» von 2021 gibt Margrethe Privates aus der Zeit vor ihrer Krönung preis. Sie hasste Pausenbrote und Mathe. «Heiliger Strohsack, war das langweilig», urteilt sie über ihr Jurastudium. Voller Zärtlichkeit dagegen erzählt sie, wie sie in einem Londoner Nachtklub ihren Mann, den französischen Diplomaten Henri de Monpezat, kennenlernte. «Sie spielten Sinatras ‹Strangers in the Night›, da machte es BANG!»
Margrethe wäre lieber Archäologin statt Königin
Sie wäre lieber Archäologin statt Königin geworden. In Cambridge studiert sie Anfang der 1960er-Jahre zeitweise Prähistorische Archäologie, hilft ihrem Grossvater mütterlicherseits, Schwedens König Gustaf VI. Adolf, in Etrurien sogar bei dessen Ausgrabungen. Obwohl sie also nicht ihren Traumjob ausübt, nimmt sie ihre Verantwortung als Königin sehr ernst. In einem Interview erklärte sie einmal, sie bleibe Königin, «bis ich vom Stock falle».
«Ich bin definitiv nicht die beste Grossmutter der Welt»
Dass sie die Reaktion ihrer Familie auf den Titelentzug vier ihrer acht Enkel unterschätzt habe, dafür entschuldigt sich die Königin. Sie machte schon früher keinen Hehl daraus, unvollkommen zu sein. Als Mutter sei sie ungeduldig und «definitiv nicht die beste Grossmutter der Welt». Mit ihrem Jüngsten, Prinz Joachim, hat sie sich über den Titelentzug von dessen Kindern ausgesprochen. Der Rauch auf Schloss Amalienborg sollte sich bald verziehen. Zumal Margrethe versichert, «dass meine Kinder, Schwiegertöchter und Enkelkinder meine grosse Freude und mein ganzer Stolz sind».