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Die Krux mit Stereotypen

Meghan und Kate müssen wohl für immer streiten

Die Beziehung zwischen Herzogin Catherine und Herzogin Meghan kommt selbst nach der Kündigung der Sussexes von ihren royalen Pflichten am englischen Hof nicht zur Ruhe. Dabei können eigentlich beide nur verlieren.

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Kate und Meghan in Wimbledon

Herzoginnen Catherine und Meghan verfolgen gemeinsam ein Tennisspiel in Wimbledon.

Getty Images

«Insider-Quellen» sprudeln allerhand ominöses Halbwissen in die Welt. Aktuell trifft es (mal wieder) die Herzoginnen Catherine und Meghan. Die sollen sich irgendwann im Jahr 2018 ganz furchtbar gestritten haben – Meghan soll sich gegenüber Kates Lieblings-Mitarbeiter unhöflich, gar «fordernd» verhalten haben. Was genau sie verlangt haben soll, ist leider nicht überliefert. Autor Tom Quinn, einer von vielen, die ein Buch über die Herzoginnen verfasst haben, hält sich bedeckt. Quellenschutz, heisst das dann.

Was bleibt? Beweisstück XY (es gibt deren viele) für die These, dass Meghan und Kate sich offiziell für immer streiten müssen. Eine kleine Vorbemerkung sei erlaubt: Möglicherweise haben die doch sehr unterschiedlichen Damen das Heu nicht ganz auf der gleichen Bühne. Das ist – wie zahlreiche Mütter und Väter es ihren Kindern landauf und landab vermitteln – ziemlich ok. Wir müssen nicht alle Menschen um uns herum mögen. Manchmal sind wir einander sympathisch, manchmal eben nicht. Man stelle sich vor, restlos alle, die wir im Verlauf unseres Lebens kennenlernen, würden zu besten Freunden werden. Ein Szenario, das punkto Sozialstress nur von Geburtstagsfesten schulpflichtiger Kindern übertroffen werden könnte.

Vielleicht ist das eben auch bei Kate und Meghan passiert. Vielleicht sind sie einfach das, was man in der Schweiz als «Kolleginnen» bezeichnen würde: Sie kommen miteinander aus, verstehen und arrangieren sich. Aber vielmehr halt nicht. Eine Beziehung, die vielleicht ein wenig trivial und flüchtig bleibt. Denn – welch freche Kapriole menschlicher Beziehungen – sie sind doch allenfalls tatsächlich ganz verschieden.

Und damit zurück zu Beweisstück XY. Möglicherweise war Meghan aus Kates Perspektive etwas zu, sagen wir, unhöflich zum Palast-Mitarbeiter. Unhöflich zu sein, ist natürlich keine Option – insbesondere auch dann nicht, wenn die Machtverhältnisse sonnenklar definiert sind. Eine Herzogin hat gegenüber ihren Mitarbeiter*innen immer die Oberhand – umso respektvoller ist der Umgang, der erwartet wird. Hat Meghan gegen diese Grundregel im britischen Königshaus verstossen? Das kann sein. Wissen tun wir es aber nicht.

Kate Meghan William Harry

Die beiden Herzoginnen mit ihren Männern, Prinz William und Prinz Harry.

Samir Hussein/WireImage

Viel spannender aber sind die Attribute, mit denen die «eingeheiratete US-Schauspielerin» versehen wird. Sie sei «fordernd» und «arrogant», eine «Duchess Difficult», die nicht damit klarkomme, hinter Kate die zweite Geige zu spielen. Kate hingegen fliegt vordergründig als Retterin der Menschheit auf die Bühne. Sie, die sich so gut in ihre Rolle als Frau an Williams Seite schickt, die so gut alle Regeln auswendig gelernt hat, um die Königsfamilie würdig zu vertreten.

Die Antithese zwischen diesen zwei Frauen ist also schnell konstruiert – gut schneidet eigentlich keine ab. Vordergründig hat natürlich Meghan das kürzere Stöckchen gezogen. Sie ist ja die Schwierige, die die Frechheit besitzt, ihrem Personal schon morgens um 5 Uhr Mails zu schreiben, sie hält sich nicht ans Hofprotokoll und findet sich nicht einfach mit ihrer neuen Rolle ab. Doch Kate gewinnt nur vordergründig. Denn: Ist es wirklich besser, die zu sein, von der alle glauben, dass sie sich einfach brav und pflichtbewusst allem anpasst, bei der Selbstaufgabe das königliche Mantra scheint?

Diese Antithese ist ziemlich spannend. Sie zitiert zwei weibliche Stereotypen, die wir uns alle (hoffentlich) hinfort wünschen: So legen zahlreiche Studien nahe, dass Frauen, die sich im Berufsleben behaupten, gerne als zu fordernd oder «bitchy» gelten. Während Männer mit ähnlichem Verhalten als «er vertritt seinen Standpunkt» beschrieben werden. Keimt ein Konflikt zwischen zwei Frauen, dann verlieren wir uns gerne in Stereotypen wie «och, bisschen stutenbissig heute, nä». Gleichzeitig beklagen Recruiter, dass Frauen bei Assessments zu wenig für sich einstehen und ihre Anstellungsbedingungen schlecht verhandeln. Eine ähnliche Situation wie zwischen Meghan und Kate. Beide verlieren. Weil die Geschichte in der Vereinfachung nur diese beiden Pole kennt.

Und eine Geschichte bleibt es allemal. Denn das, was die ominösen «Insider-Quellen» so daher sprudeln, ist immer schon gefiltert. Die Sozialwissenschaft nennt diesen Prozess «Framing». Das heisst, dass jede Information, die wiedergegeben wird, immer schon einmal ein bestimmtes (durchaus individuelles) Deutungsraster durchlaufen hat. Es ist nicht die sachlich verifizierbare Wahrheit.

Sich aus stereotypen Denkmustern zu befreien, ist anstrengend und braucht viel Gedankenarbeit. Denkmuster entstehen ja nicht einfach aus Freude an Stereotypen. Sie haben ihre Basis im kulturellen Gedächtnis, in der Art und Weise, wie wir aufgewachsen sind und vielem mehr. Und deshalb müssen sich Kate und Meghan in der öffentlichen Wahrnehmung noch lange Zeit streiten. Beide hat man in eine Schublade gesteckt. Das ist ein bisschen wie bei «Gute Zeiten, schlechte Zeiten». Das Drehbuch braucht die Gute und die Böse – sonst könnte es ja langweilig werden.

Von Bettina Bendiner am 8. Juli 2020 - 16:50 Uhr