Am 6. Mai wird King Charles III. (74) offiziell zum König gekrönt. Es wird schon jetzt erwartet, dass die Zeremonie ein mediale Jahrhundertereignis wird, nicht zuletzt, weil Charles eine Premiere feiert: Zum ersten Mal werden Zuschauer und Zuschauerinnen vor dem Fernseher live die Salbung des Königs mitverfolgen können – das heiligste Ritual der Krönung. Dafür wird extra ein Baldachin mit transparentem Dach hergestellt, damit der Blick auf den König frei liegt.
Die Salbung ist ein uralter Ritus, der bis ins 7. Jahrhundert zurückgeht. Was aber ist eigentlich drin in der heiligen Flüssigkeit? Wonach wird Charles nach seiner Krönung riechen?
Dem pensionierte Apotheker und Pfarrer Mark Hutton wurde die grosse Ehre zuteil, das Salbungsöl herzustellen und er sagt gegenüber dem britischen «Mirror», dass das keine einfache Aufgabe gewesen sei. Er verwende ein geheimes Rezept, das auf Charles I. zurückgehe und eine «moderne Inkarnation» des Rezepts sei, das Moses gemäss der Bibel mit Myrrhe, Zimt und Olivenöl herstellte. Der Prozess habe rund acht Monate gedauert, denn Hutton musste die Zutaten aus Europa und der ganzen Welt herbeischaffen. Ausserdem achtete er penibel darauf, sämtliche tierischen Zutaten mit alternativen Produkten zu ersetzen.
Das fertige Öl wurde Berichten zufolge in Plastikflaschen mit den üblichen pharmazeutischen Etiketten versiegelt und steht nun unter Verschluss im Keller der Apotheke John Bell & Croyden in Marylebone im Zentrum Londons. Für Hutton sei es die grösste Ehre seines Lebens gewesen, das heilige Öl für den König herzustellen – als Apotheker, aber auch als Pfarrer. «Das zu tun, wenn man die biblische Geschichte und die Bedeutung des Öls bedenkt, das war es für mich wert, zu leben.»
Aber warum wird der König überhaupt gesalbt?
Worin liegt jedoch die biblische Bedeutung des Vorgangs der Salbung? Mit der heiligen Salbung wurde der König oder die Königin im 12. Jahrhundert zum Wundertäter, da dem Öl heilende Kräfte zugesagt wurden. Den Monarchen und Monarchinnen verlieh das Öl zu ihrer weltlichen Macht auch eine geistliche Bedeutung. Seit dem 18. Jahrhundert ist der Teil des Wundertäters jedoch nicht mehr relevant. Charles III. wird vom Erzbischof von Canterbury gesalbt werden, was symbolisch bedeutet, dass er die Salbung direkt von Gott erhält. Das britische Königshaus ist heute die einzige Monarchie, welche die Salbung als Sakramentale noch durchführt. Charles wird traditionell an drei Körperstellen gesalbt: an den Händen, der Brust und auf dem Kopf.
Wer wird sonst noch gesalbt?
Die Salbung eines Königs ist nicht die einzige Gelegenheit, bei der die Kirche Öl einsetzt. Die römisch-katholische Kirche führt Salbungen mit heiligem Öl bei Taufen, Firmungen, der Priester- und Bischofsweihe durch sowie Krankensalbungen, welche Kranken und Sterbenden Stärkung und Trost spenden sollen – bekannter ist der Begriff hier wohl als letzte Ölung.
Auch die orthodoxen Kirchen führen Krankensalbungen durch, doch hier mehr zur Stärkung von Kranken als zur Vorbereitung auf den Tod. Und auch bei Mitgliedern der orthodoxen Kirche wird die Salbung bei der Firmung durchgeführt, die hier gleich nach der Taufe erfolgt.
Die reformierte Kirche führt heute praktisch keine Salbungen mehr durch, da sich die Protestanten hauptsächlich auf die Verkündung des heiligen Wortes konzentrieren.