Sie kannten sich vorher nur vom Hörensagen – die scharfzüngige Kabarettistin Hazel Brugger (31) und die charmante TV-Ikone Sandra Studer (56). Zwei Frauen, zwei Welten. Und doch standen sie plötzlich Seite an Seite im grellen Scheinwerferlicht des grössten Musikspektakels Europas: des Eurovision Song Contest. Was als berufliches Blind Date begann, wurde zu einer echten Freundschaft auf Augenhöhe.
Der Anfang ihrer gemeinsamen Reise war dabei alles andere als glamourös oder gar spektakulär: Weil ihr Moderationsjob bis zur offiziellen Verkündung geheim bleiben musste, lud Sandra Studer Hazel Brugger und Michelle Hunziker (48) kurzerhand zu sich nach Hause ein. Ein ungezwungener Abend am langen Holztisch, ehe sie sich aufs Sofa fläzen. «Wir haben viel geredet, gelacht, Thai-Curry gegessen und gemeinsam abgewaschen», erinnert sich Sandra. «Schon nach dem ersten Treffen wussten wir, dass wir harmonieren.» Hazel, sonst bekannt für ihren messerscharfen Humor, fügt trocken hinzu: «Alles war überschattet von Sandras unglaublich schöner Küche! Es ist natürlich total kontraproduktiv in Sachen Emanzipation und feministischer Message, wenn sich drei Frauen treffen und nur darüber reden, wie geil eine Küche ist.» – «Hazel kam gerade von ihrem Hausbau und hatte diesen Bau-Blick. Irgendwann sagte ich, okay, ich bin im Fall auch noch da, vielleicht magst du neben meiner Küche auch mich kennenlernen?», kontert Sandra mit einem Augenzwinkern.
Unter Druck zur Höchstform
Diese Vertrautheit, dieses Lachen, die sie von Anfang an verbanden – es hat getragen. Durch lange Probentage, durch schlaflose Nächte, durch den Wahnsinn einer Liveproduktion, die weltweit übertragen und von über 170 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern am TV verfolgt wird. Und in all dem Trubel: kleine Inseln der Zweisamkeit und Freundschaft. Eine gemeinsame Velotour durch Basel zwischen den Proben – «damit wir überhaupt ein bisschen Tageslicht sehen», wie Hazel erzählt. Schäkern hinter der Bühne. Blödeln im Backstage. Und vor allem: ein ehrliches, warmes Miteinander, auch dann, wenn der Druck steigt. «Zusammen hatten wir eine extreme Leichtigkeit, die vieles vereinfacht hat. Wir sind einfach ein perfekter Match. Wir haben uns sogar die Garderobe geteilt, obwohl jede eine eigene hatte», verrät Sandra.
Auch auf der Bühne ist sofort klar: Diese beiden funktionieren. Nicht nur professionell, sondern in erster Linie als Freundinnen. Sandra mit ihrer unaufgeregten Herzlichkeit, mit ihrer Eleganz und Bühnenroutine. Hazel mit ihrem flinken Geist und ihren provokativen Pointen. Ihre Stärken kennen und schätzen sie. «Sandra bringt eine wahnsinnige Ruhe mit, ist musikalisch und empathisch», sagt Hazel. «Ich hingegen bin eher schnell und bringe Humor mit – den sie übrigens auch hat, einfach anders. Wir sind total unterschiedlich und trotzdem irgendwie gleich.»
Die beiden trennen 15 Zentimeter Grösse und 25 Jahre Altersunterschied. Bei aller Gegensätzlichkeit war für Sandra Studer von Anfang an klar: «Auch wenn alles schiefgelaufen wäre, wäre es doch grossartig gewesen, weil ich Hazel als Freundin gewonnen habe. Sie könnte vom Alter her meine Tochter sein, ist aber in vielem weiter als ich. Sie ist unglaublich intelligent, originell und ein Herzensmensch. Es ist ein Geschenk, sie zu kennen.»
Lobende Worte aus der Welt
Schiefgelaufen ist nichts – ganz im Gegenteil, das Duo begeistert Europa und die Welt! So schreibt die «Süddeutsche Zeitung» über die Frauen: «Moderatorin Sandra Studer gibt mit ihrer Bodenständigkeit der ganzen Veranstaltung die dringend nötige Ankerwürde. Ihre ebenfalls grundsympathische Bühnenpartnerin Hazel Brugger war dann als doppeltes Sicherheitsnetz für die ironische Distanz zuständig.» Auch der britische «Telegraph» findet für die beiden ausschliesslich lobende Worte: «Hazel hat bewiesen, dass sie mehr als nur eine Komikerin ist – sie ist ein aufsteigender Stern in der internationalen Unterhaltungsbranche.» Und weiter: «Der Finalabend in Basel bot ein wahres musikalisches Fest – und für Sandra Studer eine würdige Rückkehr auf eine der legendärsten Bühnen ihrer Karriere.» Sogar der kritische BBC-Moderator Graham Norton zeigt sich für einmal wohlwollend und meint, Hazel sei «wunderbar – eine Art Anti-Host».
Diese Einigkeit und Harmonie ist in jeder gemeinsamen Moderation, in jeder kleinen Geste zu spüren. Wenn Hazel Sandra auf die Bühne holt, dann strahlt sie. «Es ist wie wenn man einem Kind Süssigkeiten bringt», sagt sie lachend. Das Chriesi auf dem Schlagrahm liefert das Duo mit dem viralen Mini-Musical «Made in Switzerland», das in pointierter Selbstironie mit Schweizer Klischees und Innovationen spielt. Dass es gut ankommen wird, wusste Hazel Brugger schon früh: «Es war vom ersten Moment an ein Ohrwurm! Meine vierjährige Tochter liebt den Song auch und singt ihn seit Monaten. Sie hat ihn fast geleakt. Ich habe ihr gesagt, sie dürfe ihn im Kindergarten nicht singen, weil er geheim bleiben muss.» Unsere neue Nationalhymne? Forderungen gibt es bereits. «Dafür müsste wohl noch etwas daran gearbeitet werden», witzelt Studer. «Es freut mich aber sehr für die Macher, Lukas Hobi und Christian Knecht, dass er so gefeiert wird.»
Dann, am Finalabend – nun ist auch Showgirl Michelle Hunziker mit dabei – zwischen all dem Glitzerregen, Pyro und Pathos, fliessen plötzlich Tränen. Hazel, sonst so cool und fast schon abgebrüht, bedankt sich mit zitternder Stimme bei ihren Kolleginnen: «Ich habe nichts mehr zu sagen. Deshalb: Danke, dass ich das mit euch erleben durfte.» Es ist geschafft. Alles vorbei. Pure Erleichterung und Freude. Ein Moment, der unter die Haut geht. «Diese Reaktion hat mich überrascht und zugleich das Bild, das ich von Hazel habe, total rund gemacht. Sie ist ein feinfühliger Mensch. Dass auch diese Seite von ihr durchgebrochen ist, finde ich wahnsinnig schön. Ich selbst hingegen war wegen der null Punkte, die ich für die Schweiz verkünden musste, in einer regelrechten Schockstarre.»
«Wir teilen dieselben Werte, wenn es um Arbeit, Freude, Disziplin und Pünktlichkeit geht – wir sind alle Schweizerinnen», so Hunziker (m.) über das Trio.
imago/TTDie intensive ESC-Zeit hallt bei beiden nach. Trotzdem: Stillstehen kommt nicht infrage. Schon Mitte Juni steht Studer wieder auf der Bühne und moderiert das Open Air auf dem Zürcher Münsterhof, spielt weiterhin im Stück über Mani Matter im Theater Rigiblick mit und hat zahlreiche weitere Engagements im Kalender. Auch Hazel hat sich nach ihrem grossen Entertainment-Debüt viel vorgenommen. Besonders ein Ziel hat sie im Blick: Comedy-Auftritte in den USA. An Energie mangelt es beiden nicht. Und doch, in den kommenden Tagen werden beide durchatmen und alles sacken lassen müssen.
Was bleibt, sind die Eindrücke und Erinnerungen, die ihnen keiner mehr nehmen kann – wie auch ihre Verbindung. So ist ein Zusammenkommen im Juli bereits sicher. Douze Points für ihre Freundschaft!