Beat Jans fängt mit zehn Jahren an, Schlagzeug zu spielen. Das Instrument steht im Zimmer, das er mit seinem jüngeren Bruder teilt. «Meine Mutter nähte aus Bettlaken Überzüge für die Trommeln. Damit ich beim Üben die Nachbarn nicht störte», erzählt der 59-Jährige beim Treffen in der Musikwerkstatt Basel, die für den Regierungspräsidenten extra den Proberaum öffnet.
Aufgewachsen ist Jans in einem Wohnblock im stadtnahen Riehen. Der Vater arbeitete als Metallschlosser, die Mutter als Verkäuferin. «In den USA, wo meine Frau herkommt, wäre eine Bundesratskandidatur mit meinem Background unmöglich.» Er packt seine Drumsticks, trommelt einen Beat, während er mit dem Fuss den Rhythmus vorgibt.
Das perfekte Timing
Als Schlagzeuger dreht sich alles ums Timing – in der Politik ist das nicht anders. Nur zwei Jahre nach seinem Beitritt zu den Genossen bietet sich für den damals 35-Jährigen Abteilungsleiter bei Pro Natura die Chance, das Parteipräsidium der SP Basel zu übernehmen.
Jans packt diese: Unter dem Umweltnaturwissenschaftler erobern die Linken die Mehrheit in der Regierung. Auch weil er es schafft, die eingebürgerten Kurdinnen und Kurden zu integrieren und als Wählende zu gewinnen.
Privat hätte das Timing ebenfalls nicht besser sein können. Ende 30 verbringt er den Sommer auf Hawaii, wo er Surfen lernen will. «Dann ist mir ein Brett auf den Kopf geknallt, und ich musste pausieren. Zum Glück!»
Beim Wandern trifft er auf Tracy aus Miami. Sie verlieben sich – die Expertin für Biostatistik zieht nach zwei Jahren E-Mail-Freundschaft nach Basel.
«We can do it»
Beim Spaziergang am Rheinufer, unweit ihrer Wohnung in Kleinbasel, halten Tracy und Beat Jans Händchen, später beim Gespräch in der Bar tauschen sie bei Pommes und lokalem Bier immer wieder kurze Berührungen aus. Für die Forscherin, die 70 Prozent am Tropeninstitut Swiss TPH tätig ist, bestand nie ein Zweifel daran, dass sie ihren Mann bei der Bundesratskandidatur unterstützt.
«Es ist doch fantastisch, wenn jemand, der so authentisch und kompetent ist, für dieses Amt kandidieren will. Und da spreche ich als Bürgerin», sagt Tracy Jans. Angst, dass ihre Beziehung unter der Arbeitsbelastung leidet, habe sie nicht. «We can do it. Dann komme ich öfters nach Bern», sagt sie. «Zum Glück begleitet mich Tracy gern an offizielle Anlässe, sie ist offen und unkompliziert», sagt Jans, der sich mit seiner Frau meist auf Englisch unterhält.
Mehr Gedanken mache er sich um die Beziehung zu den gemeinsamen Teenager-Töchtern Zoe (18) und Mia (16). Beide gehen ins Gymnasium, die jüngere besucht zudem die Jazzschule.
«Die beiden sind zwar sehr selbstständig, aber einfach den Papi im Büro besuchen wie bisher – das ginge dann nicht mehr.»
Zum Erzeugen eines Rhythmus ist entscheidend, dass der Schlagzeuger sein Tempo hält. 2010 in den Nationalrat gewählt, macht sich Jans schnell einen Namen. Mit kernigen Aussagen am Rednerpult und sympathischen Auftritten als Schlagzeuger der Band Fraktionszwang und als linker Aussenverteidiger im FC Nationalrat.
«Beat Jans war als Mitspieler sehr angenehm, einer, mit dem man neben dem Platz nicht nur über Politik, sondern über viele interessante Themen diskutieren kann», sagt FDP-Politiker Christian Wasserfallen.
GLP-Präsident Jürg Grossen kennt Jans ebenfalls auf und neben dem Platz: «Er ist ein wohlüberlegter und versierter Politiker, der für seine Positionen hart kämpfen kann.» Trotzdem unterliegt Jans 2015 bei der Wahl zum Fraktionspräsidenten seinem Kontrahenten Roger Nordmann klar. «Das hat ihn kurz mitgenommen – doch nach einem Tag wars wieder gut», erinnert sich Tracy Jans. «Ich bin ein Stehaufmännchen, Niederlagen nehme ich nicht persönlich. Siege auch nicht», sagt er.
Musikalisch mag es Jans querbeet – wobei sein Herz bei Alternative und Rock am höchsten schlägt. «Das neue Album der Stones? Wahnsinn!»
Wenn er von etwas begeistert ist, spürt man das. Politiker, die ständig schimpfen – dafür hat Jans kein Verständnis. «Ich möchte etwas verändern und habe Freude an der Herausforderung.»
Das Klima war ihm stets ein Anliegen – im Basler Präsidialdepartement, das er seit seinem Rücktritt aus dem Nationalrat 2021 führt, schuf er eine Fachstelle Klima. «Wenn es im Land klimapolitisch vorwärtsgeht, hat das Vorteile für den Wirtschaftsstandort», ist Jans überzeugt. Einkaufen tut er am liebsten im Quartierladen Lokal. Seit sich Tochter Zoe vegetarisch ernährt, gibt es im Hause Jans kaum mehr Fleisch.
Beim Posten mit Hund Jua (Suaheli für Sonne) sucht er Mehl vom Riederenhof in Buus. «Dort habe ich meine Lehre als Bauer gemacht.»
Die Kunst der Unabhängigkeit
Beim Schlagzeug erledigen Hände und Füsse unabhängig voneinander unterschiedliche Aufgaben. Obwohl Jans melken und misten kann, hat er mit dem Bauernverband das Heu nicht immer auf derselben Bühne. «In der Kommission fiel er mir als Gegner der Landwirtschaft auf. Er wollte weniger Geld, aber noch mehr Ökologisierung», kritisiert SVP-Nationalrat Marcel Dettling.
Jans entgegnet, er sei sicher nicht gegen die Landwirtschaft. Er sehe ihre Zukunft schlicht anders. «Unsere Bauern können nicht mit Masse punkten, sondern mit Innovationen.»
Dass er sich als Nachfolger von Innenminister Alain Berset vielmehr mit Themen der Gesundheit und der Renten auseinandersetzen müsste, sieht Jans nicht als Nachteil. «In Basel musste ich mich quasi über Nacht ins Thema Kultur einarbeiten. Heute fühle ich mich da zu Hause.» Zudem profitiere er als Regierungsrat von der Erfahrung in einem Siebnergremium.
Apropos: Wen kennt er von den Bundesräten am besten? «Albert Rösti! Der spielt übrigens auch gut Schlagzeug», sagt Jans – gewohnt taktvoll.