Caroline Scheufele ist die Königin von Cannes: Sie entwarf die Goldene Palme

«Wenn ich zurückdenke, muss ich lachen über meine Spontaneität, mit der ich Pierre Viot, dem damaligen Direktor des Filmfestivals, in seinem Büro begegnete. Es war der Anfang einer wunderbaren Geschichte. Fast eine Film-Geschichte.» Damals, 1997, war Caroline Scheufele an die Côte dʼAzur gereist, um in Cannes ihre neue Boutique zu eröffnen. Die Kreativdirektorin und Co-Präsidentin des Schweizer Edel-Schmuckhauses Chopard wollte sich beim Filmfestival-Direktor nur vorstellen. Doch dann entdeckte sie in einer Ecke die Goldene Palme, den weltberühmten Preis, der seit 1955 für ausserordentliches Filmschaffen vergeben wird. Die Palme wirkte auf sie etwas verstaubt. Sie bat Viot, sie in die Hand nehmen zu dürfen, und sagte: «Wissen Sie, eigentlich ist mein Beruf Designerin. Könnte ich Ihnen die Palme etwas verschönern, dʼaccord?» Sie reiste mit dem Preis im Handgepäck nach Genf zurück. Heute, 25 Jahre später, feiert Caroline Scheufele ihr Jubiläum mit dem Filmfestival in Cannes – das heuer 75 Jahre alt wird. Caroline Scheufele gilt als heimliche Königin von Cannes.

Caroline Scheufele, welches Ritual pflegen Sie in Cannes jeweils?
Nach dem Aufwachen trinke ich ein grosses Glas Wasser mit viel frisch gepresstem Zitronensaft. Bevor der tägliche Terminmarathon beginnt, nehme ich mir bewusst einige Minuten Zeit, blicke vom Balkon meines Hotelzimmers auf das Meer und geniesse das Farbenspiel des Lichts. Das gibt mir Ruhe und Kraft.

Was macht Cannes für Sie besonders?
Das kreative und hoch inspirierende Zusammenkommen von Film, Mode und Design – und natürlich der Schmuck.

In den letzten 25 Jahren haben Sie weltberühmte Schauspielerinnen mit edlem Schmuck ausstaffiert. Etwa Liz Taylor.
Ja, sie hatte einen sehr ausgewählten Geschmack. Einmal konnte sie sich nicht entscheiden zwischen zwei Ohrringen. «Oh, sie sind beide so schön», sagte sie. «Gibt es keine Kombination davon?» Am selben Tag noch reiste ein Designer aus dem Genfer Chopard-Atelier nach Cannes und fertigte für sie die gewünschten Ohrringe.

Und war sie danach glücklich?
Oh ja. Abends nach ihrem Red-Carpet-Auftritt wollte sie den Schmuck gar nicht mehr ablegen. «Kann ich ihn zum Schlafen anbehalten?», fragte sie. Am nächsten Tag hat sie den Schmuck gekauft, zu einem sehr guten Preis. Sie war eine gewiefte Verhandlerin.

Erlebten Sie auch Schreckensmomente?
Ja, die Schauspielerin Audrey Tautou schritt mit Ohrschmuck von uns über den roten Teppich. Das Team, das die Szene backstage auf dem Bildschirm beobachtete, stellte mit Schrecken fest, dass sie nur noch einen Ohrring trug. Wir alarmierten sofort die Sicherheitsleute. Doch es stellte sich heraus, dass Audrey Tautou nur in einem Ohr ein Loch für Schmuck hat.

Caroline Scheufele, Botschafterin für wunderschönen Schmuck, vergibt in Cannes seit 2001 auch einen eigenen Preis: die Trophée Chopard. Sie wird an herausragende Jungschauspielerinnen und -schauspieler verliehen. In den vergangenen Jahren ging der Preis etwa an Marion Cotillard, Diane Kruger oder Léa Seydoux. In der Trophée-Chopard-Jury sitzen auch jedes Jahr Patinnen und Paten mit grossen Namen: etwa Julianne Moore, Sharon Stone, Sean Penn und Quentin Tarantino – in diesem Jahr Julia Roberts.

Es war nicht das erste Mal, dass Sie Julia Roberts nach Cannes geholt haben.
Nein. Schon 2016 reiste sie auf unsere Einladung hin nach Cannes und trug für den roten Teppich ein atemberaubendes Smaragd-Collier von uns um den Hals.

Der Auftritt war legendär: Julia Roberts ging barfuss, sagte …
… sie sagte: «Dieses wunderschöne Schmuckstück muss leuchten. Nichts soll davon ablenken.»

Was schätzen Sie an Julia Roberts?
Als grosse Kinoliebhaberin war ich schon immer ein Riesenfan von ihr. Sie ist für Generationen eine Ikone. Ihr strahlendes Lachen, ihr Humor, ihre Lebensfreude sind ansteckend. Und ihre diesjährige Laudatio für die beiden Gewinner, Sheila Atim und Jack Lowden, war berührend.

Wenn Caroline Scheufele am Festival unterwegs ist, sprechen sie die Leute an. Sie nehme sich immer Zeit für ein kurzes Gespräch, egal wie eng der Terminkalender sei, sagen ihre Mitarbeitenden. Auf Reden bereite sie sich nie mit einem Skript vor, sondern spreche frei vom Herzen weg. An einem der diesjährigen Chopard- Abende gab Seal ein Privatkonzert. Caroline Scheufele tanzte barfuss – und überreichte dem Sänger zum Schluss eigenhändig eine Rose.

70 Stunden Arbeit von sechs Spezialisten im Atelier in Genf – wenn die Palme vergeben wird, sitzt Caroline Scheufele gerührt im Publikum. «Ich könnte jedes Mal vor Freude und Stolz weinen.» Die heimliche Königin von Cannes denkt dann an den Moment vor 25 Jahren zurück, als sie im Büro des Festivaldirektors nach der verstaubten Palme griff.

Am glamourösen Filmfestival Cannes brillieren der Preis – die Goldene Palme – und die Bijous, welche die Stars tragen. Entworfen vom Genfer Juwelierhaus.