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  4. Nico Hischier vor der NHL-Saison über das Wallis und seine Seuchensaison

NHL-Star Nico Hischier

Dank Mamas Cholera ganz hoch hinaus

Die Saison 20/21 brachte Nico Hischier wenig Glück: Verletzungen, Corona, WM-Pech. Doch nun greift der Eishockeystar aus dem Wallis in den USA wieder an. Mit Kraft aus der Walliser Heimat. Und einer neuen Partnerschaft.

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Nico Hischier, NHL Eishockey, Carl F. Bucherer 2021, Wallis, SI 40/2021

Cooler Werbeträger: Nico soll für Carl F. Bucherer in den USA das Bild des naturnahen Schweizers zeigen.

Thomas Buchwalder

Des Eishockeystürmers beste Therapie gegen sportliche Entzugserscheinungen? Tore! Nico Hischier, 22, lässt sich nicht lange Zeit mit der Selbstheilung: Vor knapp drei Wochen ist der Walliser aus seiner Schweizer Herzens- in die US-Wahlheimat zurückgeflogen. Und schon wenige Tage darauf schiesst der Profi seine New Jersey Devils mit dem Tor zum 5:4 im ersten Spiel zum Sieg gegen die Washington Capitals. Eine Testpartie zwar nur, ein Muster ohne Wert quasi, aber für Nico enorm befreiend: In der Spielzeit zuvor ist für das grösste Schweizer Eishockeytalent so ziemlich alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann. 

Zum jüngsten Captain der Liga ernannt

Doch der Reihe nach. Die Spielzeit 2020/21 fängt schon schlecht an. Weil der Saisonstart in Übersee wegen der Pandemie ständig verschoben wird, trainiert Hischier in der Schweiz mit dem SC Bern. Und bricht sich dort im Dezember prompt das Wadenbein. «Ich wurde auf Geheiss meines Klubs in den USA behandelt. Das war keine lustige Zeit, denn Corona erlaubte kaum Sozialkontakte.» Im Februar 2020 scheint sich alles zum Guten zu wenden. Hischier ist rasch genesen und bereit für den ersehnten Saisonstart. Vor dem ersten Match wird der Schweizer erst noch zum Captain der Devils ernannt. Als Jüngster der Liga! In der NHL eine unglaubliche Ehrerweisung. Und quasi der Bonus zum Vertrag, den er im Jahr zuvor unterschrieben hat. Der gilt für sieben Jahre und bringt Nico 50 Millionen Dollar ein.

Nico Hischier für Carl F. Bucherer 2021

In Wander- statt Schlittschuhen: Nico Hischier und Bruder Luca (l.) fühlen sich in den Wäldern ob Naters zu Hause.

Thomas Buchwalder

«Für die Natischer bin ich einfach einer von ihnen. Das ist cool!»

Nico Hischier

Doch dann schlägt das Pech erneut zu: Erst erkrankt Hischier an Corona und muss pausieren. Kaum spielt er wieder, trifft ihn Ende Februar ein Puck im Gesicht. Stirnhöhlenbruch, out für fast die ganze verbleibende Saison. Immerhin reicht es im Mai für die Teilnahme mit der Schweiz an der WM in Riga. Und dort ist man auf bestem Medaillen-Weg, ehe Deutschland im Penaltyschiessen im Viertelfinal alle Träume zerstört.

Das ist auch der ehrgeizige Nico Hischier für kurze Zeit: am Boden zerstört. «Ich hatte dran zu beissen. Auch weil ich so wenig Eishockey gespielt hatte. Umso glücklicher war ich, dass ich nach Hause reisen konnte, um dort abzuschalten. Das war meine beste Therapie.» Bei seiner Familie im Oberwallis verbringt Nico Hischier einen Sommer, der ihm guttut. «Ich hatte endlich Zeit für all die Menschen, die mir fehlen: Familie, Freunde.» 

«Es zieht mich in die Höhe, wenn ich zu Hause bin»

Mama Katja und Papa Rino sind im Familienhaus hoch über Naters die Gesellschaft, die Nico alles Ungemach vergessen lässt. «Fast am meisten habe ich mich auf Mamas Küche gefreut. Vor allem ihre Gommer Cholera ist unübertroffen!» Ähnliche Glücksgefühle wie der gedeckte Lauch-Kartoffel-Kuchen weckt bei Nico die Walliser Natur. Zusammen mit dem älteren Bruder Luca, 26, der bei Biel ebenfalls professionell Eishockey spielt, und den Kumpels von früher gehts oft in die Berge. «Früher war das Wandern nicht gerade meine Leidenschaft. Doch seit ich 2016 mit 17 Jahren in die USA gewechselt habe, zieht es mich richtiggehend in die Höhe, wenn ich zu Hause bin.»

Nico Hischier für Carl F. Bucherer 2021

«Nico ist jung, hochanständig, bodenständig und ein cooler Typ»: Sascha Moeri, CEO Carl F. Bucherer (l.), mit seinem neuen Zugpferd Nico Hischier in der Eishalle Visp.

Thomas Buchwalder

Hischier, der in New Jersey direkt vor den Toren New Yorks lebt, gefällt das Leben in der hektischen Grossstadt zwar durchaus. «Aber um es richtig zu geniessen, brauche ich als Kontrast dazu die regelmässige Rückkehr ins beschauliche Wallis. Auch weil ich mich hier völlig ungestört bewegen kann. Für die Natischer bin ich einfach einer von ihnen. Das ist cool.» 

So denkt Nico Hischier derzeit auch nicht an einen Verbleib über die Karriere hinaus an der US-Ostküste: «Ich bin momentan Single, und es ist mir schon bewusst, dass sich die Pläne ändern könnten, wenn ich mich beispielsweise in eine Amerikanerin verliebe. Doch momentan sehe ich meine Zukunft nach dem Sport eher in heimatlicher Umgebung.» 

Temporäre Sommer-WG in Bern

Vorderhand dient ihm während längerer Aufenthalte in der Schweiz die Wohnung von Schwester Nina, 24, als Basis. Diesen Sommer bildeten die beiden mit Bruder Luca sogar eine temporäre Familien-Wohngemeinschaft in Bern. 

Regelmässig zieht es das Trio aber aus der «Üsserschwiiz» über den Lötschberg ins Wallis zu den Eltern. «Ich habe mit Luca zusammen das Dartspielen entdeckt. Wir haben uns dabei schon ein paar heftige Duelle geliefert. Und einige Male haben wir auch in unserer Tiefgarage in Naters unser altes Hockeytor aus Kindheitstagen aufgestellt und mit den Inlineskates gegeneinander gespielt.»

NEWARK, NEW JERSEY - OCTOBER 04: Nico Hischier #13 of the New Jersey Devils skates against the Washington Capitals in a preseason game at the Prudential Center on October 04, 2021 in Newark, New Jersey. (Photo by Bruce Bennett/Getty Images)

Hoffen auf eine verletzungsfreie Saison: Nico Hischier im Dress der New Jersey Devils in einem Vorbereitungsspiel gegen die Washington Capitals Anfang Oktober.

Getty Images

Aufgrund seiner Heimatverbundenheit war es für Nico Hischier auch keine Frage, dass er Militärdienst leisten will. Im Sommer 2020 nutzt er die Coronapause, um in Magglingen die Sportler-RS zu absolvieren. Er ist der Armee dankbar dafür, dass man auf seine Situation Rücksicht nimmt. Die Absprache würde ihm ermöglichen, bei unerwarteter Wiederaufnahme des Trainings- und Spielbetriebs sofort in die USA zu fliegen. «Hüere kulant», nennt Nico dies und geniesst selbst die relative Bescheidenheit der Magglinger Unterkunft im Vergleich zu den Luxushotels auf seinen NHL-Reisen. «Das stört mich nicht im Geringsten», sagt er und erzählt schmunzelnd, wie seine Devils-Teamkollegen auf die Mitteilung reagierten, er leiste in der Heimat Militärdienst: «Die schrieben mir ungläubige Textnachrichten mit Fragen wie: Stimmt das? Läufst du jetzt dauernd mit dem Gewehr im Anschlag rum? Die glaubten, ich robbe wie ein Marine durch den Schlamm. Da musste ich klarstellen, dass ich auch viel trainieren kann beim Spitzensportler-Dienst.»

Nico Hischier für Carl F. Bucherer 2021

Früher war Wandern nicht gerade seine Leidenschaft, heute zieht es ihn im Sommer in die Berge.

Thomas Buchwalder

Diese Teamkollegen, die ihren Captain «Hish» rufen – «die korrekte Walliser Aussprache meines Namens schaffen sie eh nicht; sie sprechen ihn französisch aus wie ‹Hischiee› statt mit ‹ier› am Schluss» –, könnten ihrem Oberteufel nun bald als Werbe-Ikone begegnen. Seit diesem Herbst ist Nico neuer Brand-Ambassador der Luzerner Uhrenmarke Carl F. Bucherer. Und soll dieser unter anderem zu mehr Bekanntheit in den USA verhelfen.

«Noch ein gutes Stück» entfernt von der Erfüllung seines Traums

Verhelfen will der Heimweh-Walliser vorerst aber seinen New Jersey Devils endlich wieder einmal zum Vorstoss in die Playoffs. Und irgendwann zum vierten Stanley-Cup-Triumph nach dem letzten von 2003. Man setzt in Newark stark auf seinen jungen Star, den man 2017 als Nummer eins gedraftet hat. Was so viel bedeutet, wie als Erster ausgewählt zu werden bei der alljährlichen Ziehung der weltweit besten Nachwuchsspieler. «Ich darf sicher zufrieden sein mit meiner bisherigen Karriere und auch ein bisschen stolz. Aber noch bin ich ein gutes Stück entfernt von der Erfüllung meines Traums, des Stanley-Cup-Gewinns.»

Das Seuchenjahr ist vorbei, Hischier wieder fit. Am 12. Oktober geht die NHL-Saison für die Devils gegen die Blackhawks los. Für Nico hoffentlich der Start zum Höhenflug mit Cholera-Kräften. 

Von Iso Niedermann am 9. Oktober 2021 - 07:55 Uhr