1. Home
  2. People
  3. Swiss Stars
  4. Belinda Bencic über die Trophäe als Sportlerin des Jahren und Heimatgefühle

Sportlerin des Jahres Belinda Bencic

«Das Schweizerin-Sein beflügelt mich»

Nach Olympiagold die Trophäe der Herzen: Tennisstar Belinda Bencic ist definitiv beim Schweizer Publikum angekommen. Und hat nicht nur mit Freund Martin Hromkovic den Wert des Begriffs «Heimat» entdeckt.

Artikel teilen

Belinda Bencic mit Freund Martin Hromkovic, Swiss Sports Awards, SRF Studios, Zürich, 12.12.2021, Foto Lucia Hunziker

Vielseitige Symbiose: Belinda Bencic mit Martin Hromkovic, Fitnesstrainer, Ex-Fussballprofi – und ihr Liebster.

Lucia Hunziker

Erst ein Kuss von Freund Martin, 39, dann die Ovationen der Sportgemeinschaft im TV-Studio: Die Sportlerin des Jahres 2021, Belinda Bencic, 24, erklärt im Interview, was ihr die Schweiz bedeutet und weshalb sie Heimweh nach vielen Orten haben wird, wenn sie Weihnachten in Dubai feiert.

Belinda Bencic, Sie haben bei der Ehrung im Gegensatz zu anderen keine Tränen vergossen. So cool?
Ich war schon sehr bewegt und überwältigt, aber das sieht man bei mir nicht so gut. So richtig emotional bis hin zum Tränenausbruch bin ich eher, wenn ich mich ärgere auf dem Platz. Aber das hat auch gebessert.

Haben Sie mal Ihre Tage gezählt, die Sie 2021 in der Schweiz verbrachten?
Nein, aber ich habe kürzlich jene im Ausland zusammengerechnet. Das waren zehneinhalb Monate, die ich heuer in aller Welt unterwegs war.

Nie Heimweh?
Doch, sehr sogar! Ich könnte oft heulen, wenn ich länger wegmuss. 

Und nach welchem Ort haben Sie eigentlich so richtig Heimweh?
Ein bisschen nach überall. Nach Bratislava, wo Martin mit unserem Hund wohnt und ich Wurzeln habe, nach Zürich, wo meine beste Freundin lebt, nach Oberuzwil, wo ich geboren bin und meine Eltern wohnen, nach Wollerau, wo ich aufgewachsen bin, nach Monaco, wo ich eine Wohnung besitze. Am meisten mit dem Begriff «Zuhause», mit «Heimat», verbinde ich aber eindeutig die Schweiz. Kaum bin ich weg, fehlen mir schon das Schweizer Brot und die Schoggi. 

Dann reichts wohl auch kaum für Weihnachten «zu Hause»?
Das ist leider so, ja. Mir bedeutet Weihnachten im Familienkreis extrem viel. Mama und Papa zu sehen und meinen jüngeren Bruder Brian. Er hat seit einiger Zeit eine kanadische Freundin, aber wenigstens kommt er ab und zu an meine Turniere. Ich feiere dieses Jahr in Dubai, weil ich wegen der Coronarestriktionen frühzeitig zu den Australian Open anreisen muss. Umso schöner, dass Martin bei mir sein wird.

Marco Odermatt Belinda Bencic

Ein so junges Siegerduo gab es seit 1999 nicht mehr: Marco Odermatt und Belinda Bencic mit ihren Trophäen.

David Biedert

Er ist ja eine «Doppelbesetzung» für Sie, Fitnesstrainer und Lebenspartner. Wird das nie zu viel?
Es ist tatsächlich nicht immer einfach, sich ständig im gleichen Umfeld zu bewegen. Und jetzt hat er eine fünfjährige Schulung im Fitnessbereich abgeschlossen, wird eher noch mehr bei den Turnieren dabei sein. Aber das ist bestimmt besser, als wenn wir uns wegen meiner Reisen fast nie sehen würden.

Welchen Anteil an Ihren Erfolgen hat seine Arbeit mit Ihnen letztlich?
Einen entscheidenden. Da habe ich die meisten Fortschritte gemacht auf dem Weg zum Olympiasieg. Dank Martin habe ich bei Spritzigkeit und Verletzungsvorsorge Riesenschritte gemacht.

Und die Rolle von Papa Ivan?
Ich habe ja seit April einen neuen Trainer aus Deutschland. Und Papi ist jetzt wieder vor allem Papi. Aber er wird mit seinem Rat, seiner Unterstützung immer ein extrem wichtiger Faktor sein.

Olympiagold in Rot-Weiss, für die Schweiz im Final des Billie Jean King Cup, jetzt Schweizer Sportlerin des Jahres – spüren Sie ein neues Standing in Ihrer Heimat?
Das ist für mich schwer zu sagen, aber ich bin definitiv überzeugt, dass mich das Schweizerin-Sein mehr denn je beflügelt. Meine grössten Erfolge habe ich im Schweizer Dress erreicht. Mit meiner Herkunft ist das nicht selbstverständlich, aber umso schöner.

Tennis und Olympia war lange keine Liebesstory. Träumten Sie nicht auch zuerst von Grand-Slam-Siegen?
Nein, gar nicht! Bei mir war Olympia immer zuoberst. Ich habe schon als Mädchen die Eröffnungsfeiern geschaut und davon geträumt, selbst einmal im Schweizer Dress ins Stadion einlaufen zu können. Klar, für eine Tennisspielerin ist ein Grand-Slam-Turnier am wertvollsten. Aber als Athletin, als Sportlerin geht nichts über Olympische Spiele. Menschen, die keine Tennisfans sind, zu erklären, man sei Grand-Slam-Siegerin, hat kaum Bedeutung. Aber was eine Olympiasiegerin ist, das können alle einschätzen.

Von Iso Niedermann am 18. Dezember 2021 - 13:23 Uhr