Die zwei Jüngeren sind pünktlich, vom Ältesten fehlt noch jede Spur. «Immer müemer uf de alt Sack warta», sagt Stefan Flury, 43, zu seinem Bruder Gaudenz Flury, 40. Hier in Davos, wo noch bis tief in den Frühling Schnee liegt, sind die Brüder aufgewachsen. Als Christian Flury, 44, dann angefahren kommt, mit dem Cargovelo, gibt er den beiden als Begrüssung einen Klaps auf den Hinterkopf.
Dass sie Brüder sind, sieht jedes Kind, auch wenn es kleine Unterschiede gibt: Jeder hat eine andere Augenfarbe und je nach Alter etwas mehr Falten oder weniger Haare. Was ihnen jedoch gemeinsam ist: Alle sind national bekannt. Gaudenz, von seinen Brüdern liebevoll «Gagi» genannt, steht als Meteorologe auf dem SRF-«Meteo»-Dach.
Eigenes Comedy-Format
Christian «Hitsch» ist seit letztem Jahr Chef Langlauf bei Swiss-Ski. Und Stefan – den alle «Mümmel» rufen, wegen eines Stofftiers, das er als Bub hatte – arbeitet bei Radio SRF 3, wo er ein eigenes Comedy-Format produziert. Wer von den dreien ist der schlauste, netteste oder tollpatschigste Bruder? Wir haben sie unter die Lupe genommen.
Der stärkste Flury. Der Älteste sei wohl auch der mit der beeindruckendsten Muskelkraft, sind sich Gaudenz und Stefan einig. Herausgefunden haben das die Brüder in jungen Jahren zu Besuch bei ihren Grosseltern. «Weil wir ohne Fernseher aufgewachsen sind, haben wir ab und zu bei ihnen TV geschaut. Eines Tages kam Wrestling.» Die Brüder waren inspiriert, sie stopften sich Kissen und Decken in ihre Einteiler-Pyjamas und gingen aufeinander los. Gewonnen hat der Älteste. «Ich habe ihm aber alles zurückgegeben», sagt Stefan und lacht.
«Wer hatte die beste Maturanote?»
Der schlauste Flury. Diesen Titel will niemand der bescheidenen Bündner für sich beanspruchen. «Hitsch ist uns handwerklich überlegen. Er kann alles mit seinen Händen bauen», sagt Gaudenz. Als Einziger absolvierte Christian eine Lehre – als Zimmermann.
Die anderen gingen ins Gymnasium, machten Matura und studierten. Gaudenz Geografie und Meteorologie. Stefan Turn- und Sportlehrer und Betriebswirtschaft. «Wer von euch hatte die beste Maturanote?», fragt Christian. Das weiss keiner mehr so genau. Stefan erinnert sich, dass er ziemlich locker durch die Maturaprüfungen kam, «sicher auch dank dem einen oder anderen Spick».
Der tollpatschigste Flury: Obwohl alle waghalsig sind, verunfallten die Söhne eines Davoser Hausarztes erstaunlich selten. Der einzige der Flury-Brüder, der in jungen Jahren einen Bruch erlitt, ist Stefan. «Ich wollte nicht, dass Hitsch in mein Zimmer kommt, trotzdem hat er immer provokativ seinen Fuss in den Türspalt gestellt. Einmal wurde ich so hässig, dass ich ihm einen Box an die Schulter gab und mir dabei den kleinen Finger brach.» Christian wiederum brach sich in späteren Jahren, als er bereits verheiratet und Vater war, die Nase. «Ich bin beim Campieren in der Nacht über eine Zeltschnur gestolpert.»
«Da verrecksch»
Der lustigste Flury. «Der müsste ich sein, ich arbeite auf einer Comedy-Redaktion», sagt Stefan. Aber wenn sein älterer Bruder Christian anderthalb Gläser Wein getrunken habe, sei er beim Spässe-Erzählen kaum zu überbieten. «Der Typ kann Sachen machen, da verrecksch. Wenn er anfängt, den ehemaligen deutschen Kabarettisten Gerhard Polt zu imitieren, ist das sehr grosses Kino», sagt Gaudenz. Und was sagt Hitsch dazu? Er lacht nur verschmitzt.
Der netteste Flury. Den Titel des Traumschwiegersohns bekommt Christian von seinen Brüdern verliehen. Nett sind sie aber alle, Stefan findet, er habe massgeblich dazu beigetragen: «Mein Lieblingshobby als Kind war es, Gagi zu ärgern. Wenn man ihn plagte, begann er immer so lustig zu schreien. Das war wie Musik in meinen Ohren. Darum ist er auch so gut rausgekommen. Ich habe ihn fürs Leben abgehärtet.»
Der Fluch ist gebrochen
Der familienfreundlichste Flury. Die Brüder sind alle drei liiert. Christian ist seit 13 Jahren verheiratet und lebt mit seiner Frau und den zwei Söhnen im Davoser Grosselternhaus – wo die anderen beiden noch immer ihr Kinderzimmer für die Wochenenden haben.
«Wir sind so oft wie möglich in Davos, aber immer noch zu wenig», sagt Gaudenz. Er wohnt mit seiner Frau und ihrem Sohn in Fällanden ZH. Stefan und seine Freundin leben in Zürich und erwarten im August ihr erstes Kind. «Es wird ein Mädchen! Zum Glück – dann geht der Fluch der Flury-Brüder anders weiter.»