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Demokratie-Talk mit Aline Trede

«Mein Umfeld nennt mich AMOK»

175 Jahre Bundesverfassung! Die Nationalrätin der Grünen spricht im nicht allzu ernst gemeinten Talk über Demokratie – und ein bisschen drumherum.

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Aline Trede, Nationalraetin GP-BE, portraitiert am 9. Dezember 2019 in Bern. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Aline Trede, 39, ist Fraktionschefin der Grünen und lebt mit ihren beiden Kindern in Bern.

Keystone

Was entscheiden Sie daheim demokratisch?
Alles. Die Kinder legen sonst ihr Veto ein.

Bei welchem Thema sind Sie stets in der Minderheit?
Wenn es darum geht, zuhause aufzuräumen. Dann werde ich an meiner eigenen Schwäche gemessen und verliere immer. Politisch, müsste die Frage lauten: Sind Sie auch mal in der Mehrheit?

Wann haben Sie das letzte Mal etwas diktatorisch entschieden?
Eigentlich tue ich das nie. Vielleicht mal: Jetzt ziehst du einen neuen Pulli an, auf deinem ist noch das ganze Menü der Woche zu sehen.

In welcher Situation macht Demokratie in Ihrem Leben keinen Sinn?
Sinn macht sie immer, aber mein Herzensanliegen – das Klima unseres Planeten – braucht schnellere Entscheidungen. Und die fehlen mir sehr. Wir entscheiden immer zuerst Ziele und dann irgendwann noch die Massnahmen. 

Wie würde Ihre eigene Partei heissen?
Mein Umfeld nennt mich manchmal AMOK: Aline machts ohne Komitee. Wenn ich etwas wirklich wichtig finde und niemand mithelfen mag, dann setze ich eine Idee auch mal selber um. Meistens kommts gut. Aber der Name AMOK wäre marketing-technisch wohl nicht so geeignet und ich wäre das einzige Mitglied. Eine neue Partei würde ich FGC nennen: free, green and cool. Englisch, weil wir die Probleme sowieso nur global lösen. Green, weil damit die Klimagerechtigkeit verankert wird. Free für die Chancengerechtigkeit für alle auf der Welt. Cool, weil die Planetentemperatur sinken muss.

Welche Wahl lag Ihnen am Herzen?
Die Klimawahlen im 2019 sind für eine Grüne einfach unschlagbar. So etwas zu erleben ist einfach krass gut.

Was würden Sie per sofort in der Bundesverfassung verankern?
Dass eine gesunde Umwelt ein Menschenrecht ist.

Wo sind Sie Durchschnittsschweizerin?
Was ist denn eine Durchschnittsschweizerin? Wir leben in einem unglaublich freien und sicheren Land. Und ich setze mich täglich für die Freiheit ein und liebe sie. Frei sein im Geiste, offen sein für Vieles und dies auch anderen zugestehen – da bin ich durch und durch Schweizerin.

Hand aufs Herz: Wo liegen bei Ihnen die Grenzen von Demokratie und Diplomatie?
Wir müssen Fehler machen dürfen. Entscheiden und dann halt mal Scheitern. Aber immer dieses Nicht-Entscheiden, das mag ich überhaupt nicht und das ist in der Schweizer Politik, gerade in der Regierung, leider an der Tagesordnung.

Worin hätten Sie gerne mehr Macht?
Für die Geschwindigkeit. Ich hätte gerne schnellere Entscheidungsfindungsprozesse. Und dass wissenschaftliche Erkenntnisse in der Politik Entscheidungsgrundlagen sind. Nicht irgendwelche Studien, die ein Verband macht, sondern fundierte Grundlagenforschung. Die hilft die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen.

Was würden Sie per sofort demokratisieren?
Das Wahlrecht. Es kann nicht sein, dass ein Viertel der Schweizer Bevölkerung nicht mitbestimmen kann, nur weil es keinen Schweizer Pass hat. Menschen leben hier, gestalten unseren Alltag mit, also sollen sie auch mitbestimmen.

Von Lynn Scheurer am 28. April 2023 - 15:34 Uhr